Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
haben ihn echt plattgemacht. Diese ganzen Beweise, dass er ’n Kinderschänder ist, waren gefälscht. Er hatte null Chance, das Gegenteil zu beweisen. Die haben sein ganzes Leben ruiniert, weil er denen gefährlich wurde.«
»Warum haben Sie damals nichts weiter unternommen?«, erkundigte sich Bodenstein. »Was war mit den Beweisen, die Ihre Frau hatte?«
»Wem konnten wir denn noch trauen?«, antwortete Prinzler mit einer Gegenfrage. »Die saßen ja überall, auch bei den Bullen. Und wer glaubt schon ’nem Rocker und einer, die ihr halbes Leben in der Klapse gesessen hat? Wir haben gar nix mehr gemacht, sind in Deckung gegangen. Zu was Leute, die viel zu verlieren haben, in der Lage sind, weiß ich wohl am besten. Kurz bevor ich mich von allen Geschäften zurückgezogen hab, war da die Sache, wo ein V-Mann von euch und zwei von unsern Jungs in einem unserer Läden erschossen worden sind. Da ging’s doch um dasselbe.«
»Worum ging es da?«, wollte Bodenstein wissen.
Prinzler musterte ihn aus schmalen Augen.
»Ihr wisst doch, wie das alles zusammenhängt. Ihre Kollegin hat mich gestern danach gefragt. Nach dem V-Mann und warum seine eigenen Leute ihn umgelegt haben.«
Bodenstein ging auf die Bemerkung nicht ein, denn dann hätte er vor Prinzler zugeben müssen, dass er keineswegs wusste, wovon er sprach und was seine Kollegin tat. Heftige Verärgerung stieg in ihm auf. Wie kam Pia dazu, ihm Ermittlungsergebnisse vorzuenthalten? Fieberhaft versuchte er, sich die Chronologie des gestrigen Tages in Erinnerung zu rufen. Wann hatte Pia mit Prinzler im Preungesheimer Knast gesprochen? Bevor oder nachdem sie in seinem Büro mit ihm geredet und ihn auf Erik Lessing angesprochen hatte? Was hatte sie herausgefunden? Und wie kam sie überhaupt darauf?
Um sich vor Prinzler keine Blöße zu geben, forderte er ihn auf, fortzufahren.
»Auf jeden Fall«, sagte Prinzler, »hat meine Frau zusammen mit Leonie angefangen, ihre Geschichte aufzuschreiben. Als Verarbeitung wär das gut, meinte Leonie. So war’s gedacht. Aber dann gab’s wieder ein totes Mädchen im Fluss. Ich hab immer Kontakt zu Kilian gehabt. Zusammen mit Leonie haben wir beschlossen, das Ding diesmal durchzuziehen. Aber nicht mehr mit den Bullen und der Staatsanwaltschaft. Wir wollten gleich an die Öffentlichkeit gehen. Beweise hatten wir ja genug, auch Aussagen von Insidern, die das, was meine Frau erlebt hat, bestätigt haben.«
Bodenstein konnte kaum glauben, was er da hörte. Pia hatte mit ihrem Verdacht recht behalten: Ihre drei Fälle hingen zusammen.
»Wir haben beraten, wie wir es am besten drehen konnten, damit uns keiner einen Strich durch die Rechnung macht. Leonie hatte uns irgendwann mal von Hanna Herzmann erzählt, und da hatte ich die Idee, sie mit ins Boot zu nehmen. Sie war auch gleich Feuer und Flamme, hat mit Kilian zusammen Michaelas Aufzeichnungen gecheckt. Aber dann …«
Es klopfte an der Tür des Vernehmungsraumes. Kai streckte den Kopf herein und signalisierte Bodenstein, dass er ihm etwas Wichtiges mitzuteilen hatte. Er entschuldigte sich, stand auf und ging hinaus auf den Flur.
»Chef, Kilian Rothemund hat sich gestellt«, verkündete Kai, kaum dass Bodenstein die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Die Kollegen bringen ihn hierher.«
»Sehr gut.« Bodenstein ging zum Wasserspender und ließ einen Becher mit Wasser volllaufen. Kai folgte ihm.
»Außerdem habe ich Informationen über Helmut Grasser. Er wohnt in Falkenstein, im Reichenbachweg 132 b.«
»Dann schicken Sie jemanden hin, der ihn zum Verhör hierherbringt.«
»Moment.« Kai hielt ihm sein Telefon unter die Nase. »Haben Sie die Fotos gesehen, die Pia eben geschickt hat?«
»Nein. Was ist das?« Bodenstein kniff die Augen zusammen. Ohne Lesebrille erkannte er nur bunte Flecken auf dem Display.
»Zwei kleine Mädchen in rosa T-Shirts mit der Aufschrift ›Sonnenkinder e. V.‹ «, erwiderte Kai aufgeregt. »Sie erinnern sich an die Stoffreste im Magen unserer Nixe? Rosa Baumwolle mit aufgedruckten weißen Buchstaben drauf? Das könnte ein solches T-Shirt gewesen sein!«
»Und wie hilft uns das jetzt?« Bodenstein war in Gedanken ganz woanders. Waren ihm bei den Ermittlungen in den Fällen der Nixe und Hanna Herzmann Fehler unterlaufen? Hatte er irgendetwas Wichtiges übersehen? Hätten sie früher darauf kommen müssen, dass hinter dem brutalen Anschlag und dem Mord an der Therapeutin ein Kinderschänderring steckte? Stimmte das überhaupt?
»Pia ist doch
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