Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
mit einem SEK , wie das sonst bei Razzien im Milieu üblich ist, vor allen Dingen wenn es um die Road Kings geht. Nein, man suchte sich einen perfekten Befehlsempfänger, der darüber hinaus ein ausgezeichneter Schütze war, und dazu eine ehrgeizige Hauptkommissarin, von der man wusste, dass sie keine moralischen Skrupel hatte. Nämlich Sie, Frau Dr. Engel.«
Dr. Nicola Engels Miene versteinerte.
»Pass auf, was du jetzt sagst, Oliver«, sagte sie warnend, vergaß ihn zu siezen, wie sie es sonst tat, wenn andere dabei waren. Auch Bodenstein wechselte zum ›Du‹.
»Du bist mit Behnke in dieses Bordell gegangen und hast ihm vorher noch eine andere Waffe zugesteckt, eine, die nicht registriert war und die später im Auto von Prinzler gefunden wurde, damit es so aussah, als ob es sich um eine Schießerei im Milieu gehandelt hätte. Du hast Behnke einen dreifachen Mord befohlen.«
Bodenstein hätte sich nicht gewundert, wenn sie angesichts dieser massiven Beschuldigungen die Fassung verloren hätte, aber Nicola Engel blieb vollkommen ungerührt, ähnlich wie Corinna Wiesner vorhin.
»Das ist ja eine wirklich spannende Geschichte.« Sie schüttelte den Kopf. »Wer hat sie erfunden? Behnke, dieser versoffene, rachsüchtige Schwachkopf?«
»Er hat es uns erzählt«, bestätigte Christian Kröger. »Und ich hatte nicht den Eindruck, er würde lügen.«
Dr. Nicola Engel blickte ihn abschätzend an, dann wanderte ihr Blick über Pia und weiter zu Bodenstein.
»Diese ungerechtfertigte Verdächtigung wird euch alle drei euren Job kosten, das kann ich euch versprechen«, sagte sie mit ruhiger Stimme. Für einen Moment war es ganz still, man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
»Falsch.« Bodenstein erhob sich von seinem Stuhl. »Sie sind die Einzige in diesem Raum, die ihren Job verlieren wird, Frau Dr. Engel. Ich nehme Sie fest wegen des Verdachts auf Anstiftung zu dreifachem Mord. Ich kann Ihnen das leider nicht ersparen, weil ich befürchten muss, dass Sie andernfalls versuchen werden, Spuren zu verwischen.«
*
Der Morgen graute vor den Fenstern herauf, als Wolfgang Matern verstummte. Fast anderthalb Stunden lang hatte er geredet, stockend zuerst, dann immer flüssiger, fast wie unter Zwang. Meike hatte ihm zugehört, fassungslos und erschüttert. Er hatte ihr gestanden, dass er es war, der Hanna verraten hatte. Ausgerechnet ihm, ihrem ältesten und besten Freund, dem sie bedenkenlos vertraut hatte, verdankte sie die schlimmste Zeit ihres Lebens.
»Ich konnte nicht anders«, hatte er auf ihre Frage, weshalb er das getan hatte, lapidar erwidert. »Als sie mir dieses Exposé zum Lesen gegeben hat und ich die Namen sah, da wusste ich, dass es eine Katastrophe geben wird.«
»Aber doch nicht für dich!« Meike saß ihm gegenüber auf einem Sessel, die Arme um die Knie geschlungen. »Du hast doch mit dem ganzen Kram gar nichts zu tun. Im Gegenteil! Du hättest dich endlich von deinem Vater und diesem … diesem Dreck befreien können.«
»Ja.« Er seufzte tief und rieb sich die müden Augen. »Ja, das hätte ich gekonnt. Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass so etwas passieren würde. Ich … ich dachte, ich rede es Hanna aus, aber bevor ich überhaupt mit ihr sprechen konnte, hatte mein Vater die Finkbeiners alarmiert, und die hatten Hanna ihre Bluthunde auf den Hals gehetzt.«
Wolfgang vermied es, sie anzusehen.
»Ich war abends bei Hanna im Krankenhaus. Es war so schrecklich, sie so zu sehen«, flüsterte er heiser. »Meike, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr es mich quält, dass ausgerechnet ich schuld daran bin. Ich habe schon überlegt, ob ich mich umbringen sollte, aber selbst dazu war ich zu feige.«
Vor ihr saß kein Mann, sondern nur noch ein Schatten.
»Seit wann wusstest du, was dein Vater da treibt?«, wollte sie wissen.
»Schon immer«, gestand er. »Also, seitdem ich sechzehn oder siebzehn war. Zuerst habe ich es nicht richtig begriffen, ich dachte, sie treffen sich mit jungen Mädchen, mit Prostituierten. Meine Mutter hat immer weggesehen. Sie muss gewusst haben, was mit meinem Vater los war.«
»Vielleicht hat sie sich deshalb umgebracht.« Allmählich erkannte Meike die Zusammenhänge und begriff, welche Dramen sich hinter den Mauern der schönen Villa in Oberursel abgespielt haben mussten.
»Ganz sicher hat sie es deswegen getan«, bestätigte Wolfgang. Er saß zusammengesackt auf dem Sofa und sah krank aus. »Sie hat ja einen Abschiedsbrief hinterlassen. Ich habe sie
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