Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
Tageszeitung gesehen; ansonsten war er für ihn ein unbeschriebenes Blatt.
    Er wanderte Norr Mälarstrand entlang und durch den Ralambshofspark hinauf, wo die Völkerballspieler hartnäckig mit nacktem Oberkörper spielten, obwohl ihre Gänsehaut aus zwanzig Metern Entfernung zu erkennen war. Wie lautete noch die alte Bauernweisheit? Den Sommer einschwitzen, den Winter einfrieren?
    Die Dame in der Anmeldung erklärte ihm mit einer gut einstudierten Miene des Bedauerns, daß die Aufzüge im Augenblick außer Funktion seien, und er fand sich unversehens in die Lage versetzt, den Winter einzuschwitzen. Oben in der Feuilletonredaktion herrschte eine bedrückte, aber erregte Stimmung. Hjelm bat darum, mit einem der Verantwortlichen sprechen zu dürfen, und wurde für die Zeit des Wartens auf den vielbeschäftigten Chefredakteur mit einem Stapel mehr oder weniger veralteter Nummern der Kulturbeilage der Zeitung ausgestattet. Er las das Feuilleton sorgfältiger als seit langem und fand sogar einige Artikel von Hassel. Er widmete eine gute halbe Stunde der Erweiterung seiner Bildung, bevor der Chef der Feuilletonredaktion ihn in sein Büro bat, in dem die Bücherstapel zu wachsen schienen, während man zusah.
    Der Feuilletonchef strich sich unablässig über seinen graumelierten Bart, streckte die Hand aus und sagte forsch: »Möller. Tut mir leid, daß Sie warten mußten. Vielleicht können Sie sich vorstellen, was hier los ist.«
    »Hjelm«, sagte Hjelm, hob einen Papierstapel von einem Stuhl und setzte sich.
    »Hjelm«, sagte Möller und sank hinter seinen überfüllten Schreibtisch. »Aha.«
    Mehr als das kam nicht, aber Hjelm erkannte, daß der Zahn der Zeit die alten Epitheta Hallundaheld und Machtmorddito nicht so leicht zernagte. Wie alle alten Helden wurde er Tag und Nacht mit seinem mangelnden Heroismus konfrontiert. »Mein Beileid«, sagte er kurz.
    Möller schüttelte den Kopf. »Es ist ein bißchen schwer zu verstehen, das kann ich nicht abstreiten«, sagte er. »Was ist eigentlich passiert? Die Information, die wir bekommen haben, war gelinde gesagt kurzgefaßt. Was sollen wir im Nachruf schreiben? Wir können jedenfalls nicht das alte ›nach langem Leiden‹ aus dem Ärmel ziehen, das habe ich jedenfalls begriffen ...«
    »Er wurde ermordet«, sagte Hjelm unbarmherzig. »Auf dem Flugplatz.«
    Möller schüttelte wieder den Kopf. »Auf dem Flugplatz ... Pech noch dazu ... Ich dachte, New York wäre jetzt sicher geworden. Das Modell New York. ›Zero tolerance‹, ›community policing‹, und wie es alles heißt. Das war doch verdammt noch mal der Grund, warum er da war!«
    »Was war der Grund?«
    »Er sollte eine kulturelle Betrachtung des neuen, friedlichen Geists von New York liefern. Ich nehme an, daß man das die Ironie des Schicksals nennen kann.«
    »Hatte er schon etwas geschrieben?«
    »Nein. Er sammelte Eindrücke. Er war eine Woche da und sollte die Woche nach seiner Rückkehr an dem Artikel schreiben.«
    »Die Reise ist also von der Zeitung bezahlt worden?«
    »Selbstredend«, sagte Möller gekränkt.
    »War Lars–Erik Hassel fest angestellt?«
    »Ja. Er gehörte seit fast zwanzig Jahren der Redaktion an.«
    »Also ein Mann des Modernismus«, entfuhr es Hjelm.
    Möller starrte ihn mit leerem Blick an. »Dieses Wort benutzen wir hier nicht gern. Es ist durch allerlei Mißbrauch entwertet.«
    Hjelm betrachtete ihn eine Weile. Er hatte plötzlich das Gefühl, daß er ein wenig wider den Stachel löcken mußte: »Der Artikel über das neue, friedliche New York aus kultureller Sicht dürfte also ein halbes Monatsgehalt gekostet haben, sagen wir fünfzehntausend mit Steuern und Abgaben, plus Reise und Aufenthalt, noch mal zwanzigtausend. Zusammen an die fünfzigtausend Kronen.«
    Möllers Gesicht verfinsterte sich. Er zuckte die Schultern. »So darf man nicht rechnen. Manche Artikel kosten mehr, andere weniger. Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Hatte er irgendwelche Kontakte in New York? Freunde? Feinde ?«
    »Meines Wissens nicht, nein.«
    »Hatten Sie oder ein anderer Redaktionskollege während der letzten Woche Kontakt mit ihm?«
    »Ja. Ich habe einmal mit ihm gesprochen. Er war gerade in der Metropolitan gewesen und sehr angetan.«
    »Und der Besuch in der Metropolitan sollte mit in den Fünfzigtausendkronenartikel?«
    Hjelm spürte, daß er aufhören mußte, wenn er Möller nicht total verärgern wollte. Er versuchte, den Tonfall zu wechseln:
    »Wir werden mit seiner Familie reden müssen. Wie sahen

Weitere Kostenlose Bücher