Böses Herz: Thriller (German Edition)
Hundefänger nach den beiden. Oder nach ihren Leichen.«
Janice verschränkte die Arme und umfasste ihre Oberarme. »So etwas darfst du nicht mal denken.«
Er stützte einen Ellbogen auf den Tisch, ließ den Kopf in die Hand sinken und massierte mit den Fingern die Augenhöhlen. Janice fasste über den Tisch und griff nach seiner anderen Hand, die neben dem Wasserglas lag.
»Ich glaube nicht, dass er sie umbringt, Tom.«
»Warum hat er sie dann entführt?«
»Vielleicht will er Lösegeld verlangen?«
»Bis jetzt hat er sich noch nicht gemeldet. Wir überwachen den Telefonanschluss des Schwiegervaters. Es haben zahllose Bekannte angerufen, um ihm ihr Mitgefühl auszusprechen, aber sonst niemand. Auf dem Handy ist es dasselbe.« Er griff nach der Gabel, tippte damit nachdenklich gegen den Tellerrand, aber er aß keinen Bissen. »Ich glaube nicht, dass es diesem Coburn um ein Lösegeld geht.«
»Wie kommst du darauf?«
»Sein Profil passt nicht zu dem Täterprofil eines Mannes, der seine Arbeitskollegen oder irgendwelche Beamte oder Schulkinder über den Haufen schießt.«
»Inwiefern?«
Er begriff, dass er sowieso nichts essen würde, legte die Gabel ab und versuchte die Gedanken zu ordnen, die in seinem Kopf kreisten. »Typischerweise sehen sich solche Amokläufer als letztes standhaftes Aufgebot gegen eine schmutzige, verdorbene Welt und gegen alle, die ihnen ihrer Meinung nach Unrecht getan haben. Sie wollen ein Zeichen setzen, das der Welt lange im Gedächtnis bleiben wird, und dann einen glorreichen Abgang hinlegen.
Wenn sie nicht schon am Tatort Suizid begehen, fahren sie gewöhnlich nach Hause, erschießen dort ihre Frau und ihre Kinder, ihre Eltern, Schwiegereltern, was weiß ich, und dann töten sie sich selbst.« Er senkte die Hände und sah Janice an. »Vielleicht nehmen sie vorübergehend ein paar Geiseln, die sie dann entweder umbringen oder freilassen. Aber sie verschwinden eigentlich nie mit ihnen.«
»Ich verstehe das ja, aber …« Sie schüttelte leise den Kopf. »Es tut mir leid, Tom. Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll, weil ich beim besten Willen nicht weiß, worauf du hinauswillst.«
»Ich will darauf hinaus, dass Lee Coburn kein gewöhnlicher Amokschütze ist.«
»Gibt es so etwas überhaupt?«
»Natürlich gibt es Ausnahmen, trotzdem passt er nicht in das gängige Profil.« Er zögerte und ergänzte dann: »Das ist selbst Hamilton aufgefallen.«
»Clint Hamilton? Ich dachte, der wäre inzwischen in Washington?«
»Ist er auch. Aber er rief mich heute an, weil er wissen wollte, was zum Teufel hier unten los ist und was ich dagegen unternehme.«
Janice stieß ein leises Seufzen des Bedauerns aus. »Er wollte dich kontrollieren?«
»Mehr oder weniger.«
»Der hat vielleicht Nerven.« Sie schob den Stuhl zurück und deutete auf seinen unberührten Teller. »Isst du das noch?«
»Nein. Entschuldige, es sieht wirklich gut aus, aber …« Er zuckte hilflos mit den Achseln.
Unter leisen Flüchen auf seinen Vorgänger trug sie den Teller an die Spüle. »Wieso hat er dich überhaupt für den Posten vorgeschlagen, wenn er nicht glaubt, dass du dem Job gewachsen bist?«
So wie Tom es sah, war die Antwort darauf zu demütigend, um sie laut auszusprechen, vor allem gegenüber Janice. Sie verabscheute jede Form von Selbstaufgabe. Vor allem bei ihrem Mann.
Stattdessen sagte er: »Ich weiß nicht, woher Hamilton seine Informationen bezieht, wahrscheinlich von anderen Agenten aus unserem Büro, aber offenbar sind ihm die gleichen Diskrepanzen in Coburns Modus Operandi aufgefallen wie mir. Er hat mich sogar gefragt, ob Coburn ein Agent aus meinem Büro sei, der undercover bei der Spedition ermittelt hätte.«
Sie prustete los und wurde so abrupt wieder ernst, dass es fast komisch anzusehen war. »Hat er?«
Tom lächelte sie schief an. »Nein. Jedenfalls habe ich ihn nicht dort eingeschleust.« Sein Lächeln erstarb. »Natürlich hätte ihn jemand aus New Orleans schicken können, der ranghöher ist als ich. Oder es war jemand von einer anderen Behörde.«
»Ohne dich zu informieren?«
Er zuckte nur mit den Achseln, um nicht zugeben zu müssen, dass er dafür nicht wichtig genug war. Oder dass ihn seine Kollegen jedenfalls nicht für wichtig genug hielten.
Sie setzte sich wieder zu ihm an den Tisch. »Hamilton hat kein Recht, sich einzumischen. Natürlich hat der Mann ein Riesenego.«
»Du bist ihm noch nie begegnet.«
»Aus allem, was du mir über ihn erzählt hast, schließe
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