Boeses mit Boesem
bevor sonst irgendjemand Sie vermisst. Eigentlich könnte ich allen Beteiligten ein bisschen Zeit sparen und sie einfach so auf dem Times Square zurücklassen.«
»Wenn die Polizei mich findet, bekommen Sie eine Anklage wegen Entführung.«
»Falls die Polizei Sie zuerst findet, erzählen Sie denen ruhig alles über mich«, sagte ich. »Tun Sie sich keinen Zwang an. Sie werden es nicht bis zur Polizeiwache schaffen, geschweige denn in eine Verhandlung.«
»Das werden wir ja sehen. Sie wissen nicht, wer mein Vater ist.«
»Die Fisher-Leute scheren sich etwa so viel um ihren Prediger-Vater wie ich. Sie haben ihre Befehle.«
Emerson sagte nichts. Ich legte die Hand auf die Türklinke. »Okay«, sagte er. »Wenn ich Ihnen die New Yorker Liste verschaffe, brauche ich mehr als einen Vorsprung.«
»Den werden Sie bekommen«, sagte ich. »Wie lange werden die Fisher-Leute brauchen, um herauszufinden, dass die Liste gestohlen worden ist? Zwölf Stunden?«
|328| »Weniger. Die Computerleute werden es merken, sobald ihre Schicht um sieben beginnt.«
»Dann werden Sie ab sieben Uhr deren geringste Sorge sein«, sagte ich. »Sobald er herausfindet, dass die Liste fehlt, wird Stonebridge auf der Suche danach die Stadt umkrempeln. Er kennt den Preis, den man zahlt, wenn man Glass enttäuscht.«
»Und ich kenne seinen Preis für Verrat an ihm«, sagte Emerson.
»Die Sache ist die, ich werde eine wunderbare Ablenkung darstellen. Mit Ihrem Geld und Ihren Verbindungen könnten Sie schon vor Tagesanbruch außer Landes sein.«
Emerson starrte zu Boden. »Wenn ich Ihnen die Liste gebe, sagen Sie mir dann meine Zahl?«
Ich begriff nicht, wieso Emerson so versessen darauf war, diese bürokratische Klassifikation zu erfahren. Zu wissen, dass Glass’ Lieblingsorganisation hinter mir her war, würde reichen, um mir Beine zu machen, egal was genau man mit mir vorhatte. Vielleicht würde die Zahl Emerson einen Hinweis geben, wer ihn verraten hatte, oder ob die Fisher-Leute vorhatten, seine Familie aufs Korn zu nehmen. Was immer der Grund war, Emerson bot mir einen Deal an und ich griff zu.
»Abgemacht.«
»Nehmen Sie mir die Fesseln ab.«
Ich löste die Knoten. Fesseln oder eine Waffe waren jetzt nicht mehr nötig, um Emerson unter Kontrolle zu halten. Er hatte die Logik meines Angebots akzeptiert und betrachtete es, genau wie ich das wollte, als seine letzte, winzige Fluchtmöglichkeit.
»Wo ist die Liste?«
»Ich habe von meinem Büro aus Zugriff.«
»Gehen wir hin.«
Emerson zog seinen Mantel an, als befände er sich in |329| einem Traum. Ich setzte ihm den vergessenen Hut auf den Kopf und half ihm aus der Tür.
Wir nahmen den Wagen des Leibwächters und kehrten zum Büro zurück. Emerson fuhr und ich saß neben ihm. Wie ich erwartet hatte, schrie er weder um Hilfe noch versuchte er irgendeine Heldentat. Emerson wusste, dass er auf der Abschussliste stand, und jetzt konnte ihm keiner mehr helfen.
»Wie haben Sie Ihren Chef so sauer gemacht?«, fragte ich.
»Überlegen Sie sich das selbst.«
»Es wäre mir lieber, Sie erzählten es mir, statt dass ich mir etwas Schlimmeres vorstellen muss als das, was Sie dieser Frau angetan haben.«
»Hören Sie nicht auf diese Schlampe«, sagte Emerson. »Wir hatten eine Abmachung, das ist alles. Eine Transaktion. Und außerdem mochte sie es.«
»Wenn Sie ihrem Mann eine Pistole an den Kopf gesetzt und Sex verlangt hätten, würde jeder das Vergewaltigung nennen«, sagte ich. »Nur, weil bei Ihnen Papierkram involviert ist, ist Ihre Methode doch nichts anderes.«
Emerson warf mir einen Blick zu und schluckte hinunter, was er hatte sagen wollen.
»Was war es also?«, fragte ich. »Veruntreuung? Spionage? Ist es das, was Sie mit Ihrem Freund auf dem Parkplatz getrieben haben?«
Emerson schüttelte den Kopf. Er war verwirrt. »Sie wissen nicht, mit wem Sie es zu tun haben, oder?«
»Ich kenne die Hauptbeteiligten«, erklärte ich, »und zwar wahrscheinlich besser als Sie. Die Organisation kenne ich nicht. Erzählen Sie mir doch davon.«
»Ich hatte nie eingewilligt, Fragespiele mit Ihnen zu spielen.«
»Wir müssen uns fünf Minuten Fahrzeit vertreiben«, gab ich zurück, »und ich weiß, dass Sie mir unbedingt erzählen wollen, wie wichtig sie früher einmal waren.«
|330| Ich sah, wie die letzten Worte Emerson trafen und sein Rücken sich anspannte.
»Mein Vater hat keine Familie gegründet, sondern eine private Armee gezüchtet«, erzählte Emerson. »Meine Aufgabe war es,
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