Boeses mit Boesem
gemeinsame Dienstzeit und nicht der Mühe wert, es festzuhalten.
Draußen brach die Abenddämmerung an. Ich schaltete meine Schreibtischlampe ein und sie leuchtete in einem sonderbaren Winkel auf das Tagebuch. Der Punkt am Ende des Satzes: »Nächsten Monat bin ich auf dem Weg ins Heilige Land« schimmerte sonderbar. Ich rieb mit dem Daumen darüber, aber er fühlte sich nicht anders an als der Rest der Seite.
Ich betrachtete die Seite durch meine Kamera und zoomte den Punkt so weit wie möglich heran. Innerhalb des dunklen Kreises waren weiße Linien zu sehen, und die waren zu regelmäßig, um etwas anderes als Schrift zu sein.
Es war ein Mikropunkt, eine Spionagetechnik, die beinahe so alt war wie die Fotografie selbst. Man nahm ein Bild oder eine Textseite und verkleinerte sie mithilfe von Kameratricks auf eine winzige Größe. Das machte es leicht, den Punkt in einem Brief oder in diesem Fall einem Buch zu verstecken. Isaac musste in einem der Spionageromane, die er immer gelesen hatte, als wir in Teheran waren, davon erfahren haben. |211| Im Zeitalter der digitalen Verschlüsselung war es eine primitive Technik, und genau das war ihr Reiz. Wer immer Isaacs Zimmer in der Absteige auf den Kopf gestellt hatte, suchte nach versteckten Dateien auf einem Computer, einem US B-Stick oder einer CD. Heutzutage achtete niemand mehr auf Bücher.
Auf der Suche nach weiteren Mikropunkten ging ich alle anderen Seiten durch. Es war eine mühsame, langweilige Arbeit, aber sie zahlte sich aus. Ich fand sechs weitere, also insgesamt sieben.
Einer der großartigen Vorteile davon, in Manhattan zu leben, war, dass man praktisch alles ganz kurzfristig bekommen konnte. In der Nähe der Columbia University gab es einen Laden für Wissenschaftsbedarf. Zwei Stunden später war ich zurück in meinem Büro, mit einem Mikroskop, das stark genug war, um die Mikropunkte zu lesen, und einem kleinen Adapter für meine Kamera, damit ich sie fotografieren konnte.
Mein Gott, was habe ich getan? Ehebruch ist eine Sünde. »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib«, so steht es ganz richtig in den Zehn Geboten. Ich bete und bete, aber ich begehre sie trotzdem. Als es anfing, dachte ich, es sei einfach nur Fleischeslust. Die verstehe ich. Gott hat mir die Kraft gegeben, ihr zu widerstehen.
Aber es ist viel schlimmer. Ich glaube, dass ich sie liebe. Wann immer ich in ihrer Nähe bin, habe ich dieses sonderbare Gefühl. Ich bin glücklich. Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass sie der einzige Mensch ist, der mich nicht behandelt, als ob ich Luft wäre. Aber das spielt wohl auch keine Rolle. Ich liebe sie, sie liebt mich und das bringt unser beider Seelen in Gefahr.
|212| Es war Isaacs Schrift, dieselbe wie die im Tagebuch. Kein Wunder, dass es mir nicht gelungen war, die Worte zu erkennen. Etwas handschriftlich in einem Mikropunkt festzuhalten war eine sonderbare Vorgehensweise und wirkte ziemlich improvisiert. Außerdem ergab der Text nicht viel Sinn. War hier von Faye die Rede? War Faye verheiratet gewesen, bevor die beiden sich kennenlernten?
Gestern hatte er eine Art Anfall. Ich habe ihn durch eine offene Tür gesehen. Er lag auf dem Boden, schlug um sich und zuckte.
Letzte Woche habe ich seine Arztrezepte eingelöst. Ich bin auch ein Laufbursche. Es gab drei verschiedene Fläschchen. Ich erkannte keinen der Namen, aber ich glaube nicht, dass man high davon wird. Er sieht nie so aus.
Sie war da. Sie hat ihn einfach nur beobachtet. Sie hat nicht um Hilfe gerufen oder so. Da war dieser Ausdruck in ihrem Gesicht, eine Mischung aus Hass und Trauer. Ich begreife nicht, warum sie ihn geheiratet hat, und das werde ich wohl auch nie verstehen. Schließlich kamen seine Männer und gaben ihm eine Spritze. Danach erschlaffte er.
Ich werde es den anderen sagen. Vielleicht können sie es gegen ihn verwenden.
Sie weint wieder. Was dieses Dreckschwein wohl mit ihr angestellt hat? Sie sagt es mir nie, wenn ich danach frage. Manchmal denke ich darüber nach, ihn zu töten, aber nichts, was ich tun könnte, kommt mir schlimm genug vor. Ich habe den ganzen Tag mit ihr zusammen verbracht; er hat mir aufgetragen, dafür zu sorgen, dass sie ihm nicht in die Quere kommt. Ich wollte sie trösten, aber es waren zu viele Menschen in der Nähe. Also habe ich zugesehen, wie sie weinte. Es war die reinste Folter.
Sie ist eine Heilige, und nicht nur, weil sie mit ihm zusammen
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bleibt. Sie ist gutherzig, großzügig und
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