Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
Wohnhaus an, wurde größer, und ich sah die eckigen Fenster im zweistöckigen Giebelhaus. Die blassen Klinker ließen auf ein ehrwürdiges Alter schließen. Hochgewachsene Buchen und Eichen verdeckten den Wiesenhintergrund. Dunggeruch drang in mein Auto. Er war mir nicht fremd. Meine wenigen Landschüler trugen ihn während der Herbst- und Wintermonate in den Klassenraum, wenn sie sich aus den wärmenden Kleidungsstücken lösten. Ich sah das aufgerichtete Förderband, das vor einem hochgeschichteten, quadratischen Misthaufen stand. Das Hofgelände wirkte tot.
Vielleicht war der Graupelschauer an meinem Missmut schuld, der dicke Hagelkörner auf mein Autodach trommelte und mich im geparkten Wagen zurückhielt. Ich sah die Fertiggarage, die geöffnet war und aus der das Hinterteil eines Mercedes lugte. Auf dem Gelände entdeckte ich keine Hundehütte, von der mir Gefahr drohte.
Als sich der Graupelschauer abschwächte, verließ ich meinen Golf. Die wenigen Schritte bis zur Tür nahm ich im Lauf. Drei ausgetretene Sandsteinquader bildeten die Treppe. Der alte Eisentürknauf lag kalt in meiner Hand. Ich stieß ihn mehrmals gegen das Holz und horchte.
Der Türflügel öffnete sich, und ich schaute in das Gesicht des Landwirts, der Elkes Vater sein musste. Das tiefe Misstrauen, das sein Gesicht prägte, überraschte mich. Seine Augen lagen klein im vom Wetter gegerbten Gesicht. Seine Lippen waren schmal, und der einseitig abfallende Mundwinkel ließ auf ein erfolgreiches Leben schließen, denn er verstärkte seinen abschätzenden Blick, der mich von oben nach unten abtastete. Altfränkisch trug er das etwas rötliche Haar streng gescheitelt, seitlich war es anrasiert. Seine Manchesterhose war vom alten Schnitt, sein gewölbter Bauch signalisierte mir seine Unsportlichkeit. Die Hosenträger, Warnzeichen für mich, als ich für Sekunden an meinen hilflosen Direktor dachte, lagen über breiten Schultern.
So hatte ich mir den Vater einer hübschen Tochter nicht vorgestellt. Mich überraschte es nicht, dass sich Elkes Mutter mit vorgeneigtem Kopf als Kontrollstation einschaltete. Auch ihr Blick verkündete mir, dass ich unwillkommen war.
»Ich heiße Beruto«, sagte ich zu dem Mann.
Die Bäuerin schob ihren Gemahl zur Seite. »Er war Ennos Lehrer«, sagte sie nur und reichte mir die trockene Hand, die bewegungslos wie ein Stück Holz in meiner lag. Wir standen so für Sekunden da.
Dem Bauer ging weder ein Licht auf, noch schien ihm irgendetwas an mir interessant. Er blickte mich nur verkniffen an, verzog dabei keine Miene.
»Kommen Sie«, sagte die Bäuerin.
Während ich ihr durch den langen Korridor folgte, fand ich vor mir selbst die Entschuldigung, dass ich nur Fragen an ihre Tochter zu richten hatte.
Das leere Wohnzimmer überraschte mich. Es war nicht der Kamin, der den ersten Blick auffing, sondern die fast historischen Möbel. Wie eine Bauernstube im Cloppenburger Heimatmuseum, dafür belebt und nicht verstaubt, lag das Wohnzimmer einladend vor mir.
»Setzen Sie sich«, hörte ich die Bäuerin, während ihr Mann nur düstere Blicke für mich übrig hatte. »Meine Tochter ...«, sagte die Frau, und in diesem Augenblick stürzte Elke zufällig in das Zimmer.
Ohne Rücksicht auf ihre Eltern zu nehmen schlang sie ihre Arme um mich und sagte: »Es wurde auch höchste Zeit!« Sie nahm mich an die Hand, zog mich aus dem Zimmer.
Ich folgte ihr und fühlte die empörten Blicke der entsetzten Eltern brennend auf meinem Rücken. Elke war nahe dreiundzwanzig, ich fünfunddreißig, ihre Eltern siebenundvierzig, ein Spiel mit Zahlen.
Elke zog mich zwei Treppen hoch, öffnete eine Tür und ließ mich in ihr Mädchenzimmer eintreten, in dem mich rundum Rätsel umfingen. Ihr unaufgeräumter Schreibtisch stand unter einem eckigen Fenster an der Wand. Ich machte einige Lehrbücher aus.
»Kostendeckungsbeitragsrechnung«, las ich von einem schwarzen Leinenrücken. Mir fiel ein, dass sie Wirtschaftswissenschaften studierte, um später den Hof zu übernehmen. Vor der Wand standen eine Couch, zwei dazu passende Sessel und ein runder Tisch. Ein Bücherregal bedeckte fast ganz die gegenüberliegende Wand. Bunte Buchrücken und aufgestapelte Zeitschriften füllten die Borde. Das restliche Stück Wand nahm Enno ein. Kleine, mittlere, große und zu Postern gewordene Fotos zeigten immer wieder nur das eine Motiv.
Ich näherte mich den Bildern und hörte Elke schluchzen. Die bunten Aufnahmen bestätigten mir, dass solche
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