Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
Anzug wahr.
»Sie sind der Lehrer von Enno?«, fragte er, und es klang einfach so dahingeworfen, dass ich mich ärgerte. Seine Art, mich wie zufällig hinzunehmen, reizte mich.
»Habe ich Ihren Namen richtig verstanden, Herr Nonninga?«, fragte ich und ließ ihm keine Zeit zu einer Antwort. »Das klingt echt ostfriesisch, denn die Endsilbe ›inga‹, die ja hier häufig anzutreffen ist, wird abgeleitet von Koninga , auf hochdeutsch Führer oder König. Demnach stammen Sie von altem hiesigen Geschlecht.«
Elke stand hilflos vor dem Bücherregal. Ich blickte auf das Schrankfach, in dem sich der Plattenspieler befand.
»Ich komme von einem Hof, der im Brookmerland liegt und den mein jüngerer Bruder betreut«, sagte er. »Wissen Sie, die Landwirtschaft wirft keine hohe Rendite ab. Ich möchte mehr.«
Ich notierte sein trotziges Lächeln, denn immer noch kam Nonninga mir von oben. Seinen Mercedesstern wollte er zum Strahlen bringen, das spürte ich. Deshalb fragte ich: »Brookmerland? Das liegt in der Gegend von Emden an der Küste. Mir fällt Maihafe ein und der eckige Kirchturm, in dem sich ein Seeräuber verbarrikadiert hatte und sich den Truppen von Tom Brook ergeben musste.«
Nonninga starrte mich misstrauisch an. Ich ließ ihn nicht zu Wort kommen und übersah Elkes Bemühungen, ihn und mich in die Sessel zu dirigieren. Mein Ziel war es, den Lackaffen loszuwerden, um mit Elke zu reden.
»Die Seegeschichte kann auch anders verlaufen sein«, sagte ich. »Schließlich trennen uns von Ihrem Hof gute neunzig Kilometer und meine Heimatgeschichte hat einen beschränkten Radius.«
Nonninga fand keinen Gefallen an meinem Heimatgespräch. Er suchte den Ausweg, denn, das war mir klar, der Mann hatte eine windige Vergangenheit und stempelte mich zum blöden Pauker ab.
»Ich bin rein zufällig hier«, sagte er, »und ich erfuhr von Elke, dass mein Freund Enno eine große Dummheit begangen hat. Gerade er, bei seinen Anlagen.«
Ich suchte vergeblich nach Trauerfalten in Nonningas verkniffenem Gesicht. Mich wunderte es daher nicht, dass er vom runden Tisch sein kleines eckiges Köfferchen nahm, Elke die Hand drückte und zu mir sagte: »Mein hohes Einkommen bedingt volle Terminspalten und Ruhelosigkeit, Herr Oberstudienrat. Sie leben mit weniger und einer festen Kundschaft ruhiger.«
Ich nickte und antwortete: »Auch kleine Einkommen können stressen!«
Nonninga verschwand zu meiner Freude ohne Antwort.
Elke führte mich zum Sessel. Als ich mich setzte, hüpfte sie auf meinen Schoß, legte ihre Arme um meinen Hals und weinte ohne Vorwarnung drauflos.
Ich verharrte still und geduldig, griff nur gelegentlich nach ihrem Pullover und trocknete ihr mit der Wolle die Tränen ab. Dabei horchte ich nach draußen. Das Geräusch des Mercedes verklang.
Ich fürchtete mich vor der Neugier der Eltern, denn es wäre mir peinlich gewesen, wenn sie mich mit ihrer weinenden Tochter auf meinen Knien überrascht hätten.
Elke schluchzte. »Hajo, es ist so schrecklich! Endlich bist du da. Ich hatte solche Angst.«
Ich unterdrückte meine Unruhe. »Du bist kein Kind mehr, Elke. Was bedrückt dich?«, fragte ich gelassen.
Elke verließ meinen Schoß, schritt an den kleinen Spiegel, der neben dem Fenster hing und nicht größer war als eine Postkarte. Sie ordnete ihr langes Haar und tupfte mit dem Zeigefinger ihre Augenränder trocken. Dann drehte sie sich um und sagte: »Dieser Nonninga wünschte von mir ein Päckchen, das Enno vor seinem Tode bei mir hinterlegt hätte. Ich habe ihm die Wahrheit gesagt, denn ich weiß nichts davon. Ich habe ihn gebeten, bei Ennos Großeltern nachzufragen. Aber dort war er bereits gewesen. Daraufhin behauptete er, es müsse hier in meiner Wohnung sein. Ich habe ihn gefragt, was das für ein Päckchen gewesen sein könnte. Nonninga sprach von einem braunen Briefumschlag, der Fotos, Dias und Prospekte aus dem Urlaub enthalten würde.«
Elke sah mich an, als sie meine Verwirrung bemerkte. Mich hielt es nicht mehr im Sessel.
»Weißt du etwas über diese Urlaubsfotos?«, fragte ich aufgeregt.
»Nein«, antwortete sie verwirrt. »Jetzt fängst du auch noch davon an. Nonninga wurde handgreiflich, als ich ihn daran hinderte, den Schrank zu durchwühlen! Dann kamst du als rettender Engel.«
Ich sah, wie ihr erneut die Tränen kamen.
»Meine Liebe, ganz langsam«, sagte ich und legte meinen Arm auf ihre Schultern. »Kann Nonninga mit Urlaub irgendetwas anderes gemeint haben?«
Sie hob die Schultern.
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