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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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der Südstrand an. Gregor konnte aber auch die Umgehung zum Ölhafen gewählt haben, um von dort am Religusstrand, ohne die hässlichen Öltanks vor sich zu sehen, den Weg nach Vorlapp gewählt haben. Gregor war in dieser Beziehung unberechenbar. Wenn es ihm in den Sinn kam, dann störten ihn die zwanzig Kilometer zum Nordseebad Horumersiel oder zum benachbarten Schillig nicht. Für die Rückreise nahm er dann ein Taxi.
    Ihn jetzt zu suchen war ein hoffnungsloses Unterfangen.
    Während ich über Gregors mögliche Wanderstrecke und den geplatzten Termin nachdachte, befuhr ich die Umgehungsstraße, ließ Vorlapp seitlich liegen und steuerte meinen Golf über die Küstenstraße. Plötzlich dachte ich an den »Kapitänsblick« in Berumersiel.
    Ich fuhr ohne Stress, genoss die Landschaft, die im Sonnenschein weiträumig und farbig wirkte. Wie ein Autowanderer, der zur eigenen Erbauung beim Autofahren Erholung sucht, ließ ich meinen Wagen ohne große Geschwindigkeit über die Straße rollen, den Frieden der Landschaft aufnehmend. Das Summen des Motors transformierte meine Fantasie in die Wohlklänge Dvořáks. Über die weiten grünen Wiesen huschte das Flackerlicht einer Kerze in meinen Vorstellungen.
    Ich parkte vor versammelter Kutterflotte, folgte mit meinen Blicken den segelnden Möwen und hätte mein Geschick zu diesem Zeitpunkt gegen kein anderes in der Welt eintauschen wollen.
    Die freundliche Bedienung im »Kapitänsblick« servierte mir den Tee. Ich rauchte, blickte durch die Scheiben des Türmchens, in dem ich alleine saß, auf das sich in Meeresnähe abschwächende Blau und konnte die Insel als kleinen zarten gelbgrauen Strich erkennen.
    Ich dachte an die Ministerpräsidentenhochzeit. Vor dem Altar der buckeligen Kirche hatte vor wenigen Tagen unangekündigt vor kleinem Publikum ein angesehener Politiker einer zwanzig Jahre Jüngeren sein Jawort gegeben.
    Ich dachte an Elke, die etliche Jahre jünger war als ich, und freute mich auf den morgigen Nachmittag. Wir hatten uns verabredet, wollten in Norddeich im Meerwasser-Wellenbad schwimmen gehen, danach zur Krönung unserer Ostfrieslandrundfahrt im renommierten »Nordseehotel« Kutterseezunge mit Kräutersoße nach Fischerart beim Kerzenschein genießen. Ein Geheimtipp meiner Kollegen, die mir gut gesinnt waren.
    Am Horizont stiegen kleine Wölkchen hoch und setzten erste Zeichen für eine Wetteränderung.
    Gregor fiel mir ein. Eigentlich hätte ich jetzt mit ihm in seiner Kanzlei sitzen müssen. Er wollte mir irgendetwas Wichtiges mitteilen.
    Ich stieg die Treppe nach unten. »Kann ich bei Ihnen telefonieren?«, fragte ich die Bedienung. Sie nickte freundlich.
    »Ein Orts- oder Ferngespräch?«, fragte sie nach.
    »Ein Ferngespräch«, sagte ich. Ich wählte Gregors Nummer. Eine unbegründete Unruhe trieb mir den Schweiß auf die Stirn.
    »Endlich«, sagte ich. »Hier spricht Beruto. Ich benötige dringend Herrn Dirks.«
    Es klickte. Ich erkannte die Stimme des Schwiegersohns.
    »Herr Beruto, Gregor ist tot!«
    Für Sekunden, die mir wie Ewigkeiten vorkamen, fand ich kein Wort, konnte nicht formulieren, spürte nur kalten Schweiß. In mein Schweigen drang die Stimme des Rechtsanwaltes Dirks.
    »Man hat ihn in Schillig gefunden. Er muss einen Herz- oder Kreislaufkollaps erlitten haben, dabei ist er mit dem Kopf auf die Steinstufen der Deichtreppe gefallen.«
    Ein Kloß saß in meinem Hals. So als hätte sich mein Kehlkopf zu einem Luftballon deformiert, hinderte er mich am Sprechen.
    »Herr Beruto? Hallo!«
    Endlich gelang mir das befreiende »Ja«.
    »Mein Schwiegervater ist im Krankenhaus untersucht worden«, hörte ich Dirks.
    Mir liefen die Tränen über die Wangen.
    »Keine Gewaltanwendung?«, fragte ich in meiner Verzweiflung.
    »Nein«, sagte der junge Anwalt.
    Ich hängte den Hörer ein. Das Mädchen schien mit mir zu leiden. Ohne Worte kassierte sie für den Tee und das Gespräch, und ich spürte ihre traurigen Blicke auf meinem Rücken.
    Der Schock saß tief. Ich hatte einen Freund verloren, der mir mehr war als ein Zwillingsbruder. In den Kreis meiner Toten, mit denen ich abends vor brennender Kerze versuchte, meditierend das Gespräch zu führen, war nun auch Gregor eingetaucht.
    Elke half mir über den ersten Schmerz hinweg. Sie kümmerte sich rührend um mich und blieb gelegentlich über Nacht, ohne Rücksicht auf die Vorwürfe der Eltern, bei mir in meiner Wohnung.
    Ich hatte Pastor van Aaken nebst Gattin zu einem Bier eingeladen. Elke hatte sich

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