Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
»Das kann sein. Denn Enno hat mit Nonninga wirklich eine Reise unternommen. Sie waren in den Sommerferien in Kleinasien. Ich hatte kein Geld für die Reise, und Enno bekam von seinem Großvater einen großzügigen Zuschuss, den Rest bezahlte Nonninga, der enorm gut verdient.«
Mich traf ihre Aussage wie ein Schlag, verbarg meine Überraschung aber vor Elke, als sie fortfuhr.
»Enno hatte meinen Fotoapparat mitgenommen, den er irgendwo liegen gelassen hat.« Elke schritt an das Regal, entnahm einer Schublade ein Silberarmband und ließ es auf meine Hand gleiten. »Er hat es mir als Andenken mitgebracht«, sagte sie.
Ich studierte die feine Handarbeit, und es gelang mir, die sich auf jedem Kettenglied wiederholenden arabischen Schriftzeichen, die um die bräunlich-roten Korallensteinchen lagen, zu entziffern. » Maschallah «, sagte ich. Elke schaute mich irritiert an. »Elke, diese arabischen Schriftzeichen, die Maschallah gelesen werden, sagen aus, Allah, also Gott, möge alles gut lenken für dich, was du auch unternehmen möchtest.«
»Und das weißt du?«, fragte sie.
»Ich bin ja auch schon ein wenig herumgekommen im Leben«, antwortete ich.
»Wir hatten uns vor der Reise ein wenig zerstritten«, sagte sie leise. »Ich war eifersüchtig, weil er mich allein ließ, und als Enno mir nach der Reise dieses Armband schenkte, habe ich ihm verziehen. Enno wollte nichts mehr davon hören. Er reagierte sauer, wenn ich auf seine Reise zu sprechen kam.«
Die Dunkelheit kroch in das Zimmer.
»Elke«, sagte ich, »wie wäre es mit Lieder aus der neuen Welt? «
Ich sah, wie tiefe Freude ihr Gesicht glättete und ihre dunklen Augen verführerischen Glanz annahmen. Ich schritt an die Tür, drehte den Schlüssel um und sagte: »Damit Nonninga nicht nach seinem Päckchen suchen kann.«
Elke legte die Platte auf. Während die ersten Takte aufwühlend, hektisch in das Zimmer drangen, zündete ich die Kerze an, die auf dem runden Tisch stand. Die Flamme, so schien es mir, tanzte im Rhythmus der Musik.
Elke legte sich zu mir auf die breite Couch. Ich fühlte ihre breiten Lippen auf meinem Gesicht und verteilte ihr dunkles Haar wie ein Fischernetz um meinen Kopf. Als Dvořák die Moldau im alten Prag plätschern ließ, befreite ich Elke und mich von unseren Kleidungsstücken und küsste ihr Silberarmband, das sie angelegt hatte und sagte ehrfurchtsvoll Maschallah , während ich eintauchte in die himmlische Musik und das Licht der Kerze, die mir Anjas, Erikas und Ennos erlangten Frieden signalisierten.
Elke hatte mir die Einsamkeit genommen. Meine Unterrichtsstunden fesselten die Schüler und füllten mich aus. Das Pausenzeichen, das ich früher oft inmitten verkrampfter Lektionen sehnsüchtig erwartet hatte, überraschte mich jetzt, während mir die Schulstunden zu kurz vorkamen.
So macht Unterrichten Spaß, dachte ich, als mein Rotstift nach dem Essen weniger als sonst in die Zahlengebilde, Symbole und Zeichen fuhr.
Etwas dieser frohen Stimmung wirkte in mir nach, als ich zu Gregor fuhr. Zu meiner Verwunderung war er nicht anwesend. Er hatte mich zum Tee eingeladen. Ich wusste von ihm, dass er den Staatsanwalt gestern überzeugt hatte und dass bereits eine Sonderkommission mit Feenwegen die Recherchen aufgenommen hatte.
Gregors Schwiegersohn, ein etwas rundlicher, gemütlicher Typ, wies die Sorgen um meinen Freund mit einem jovialen Lächeln weit von sich.
»Nach dem Essen ging mein Schwiegervater zum Deich«, sagte er. »Er wollte frische Seeluft schnappen und nachdenken.«
»Herr Dirks, wissen Sie, das kenne ich von Gregor nicht. Wenn er mir einen Termin nannte, dann hielt er ihn nicht nur ein, sondern saß gewöhnlich schon vor der Zeit parat«, sagte ich, denn mir war bewusst, dass wir uns auf einen gefährlichen Pfad gewagt hatten, und mir brannte die Geschichte mit Nonninga aus München unter den Nägeln. Ich wollte sie loswerden.
Rechtsanwalt Dirks lachte. »Vielleicht hat er Durst auf ein Bier verspürt. Wer weiß?«
Nachdenklich verließ ich das Anwaltsbüro und achtete nicht auf die Blicke der Mädchen, die im Vorzimmer in Akten suchten.
Vielleicht hat der Schwiegersohn recht, dachte ich.
Elke hatte an diesem Nachmittag eine Vorlesung an der Fachhochschule und sie dort aus der Menge der Studenten herauszusuchen verspürte ich keine Lust. Nach Hause wollte ich auch nicht.
Ich fragte mich, welchen Deich Gregor wohl aufgesucht haben könnte. Im Nahbereich unserer Stadt bot sich für den schnellen Rundgang
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