Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
Journal saß und Belege buchte. Gelegentlich blickte ich auf die Tür, die mit dickem Lederpolster meine häufigen Privatgespräche mit Gregor vor Angestellten und Besuchern abgeschirmt hatte.
Ich blieb nicht lange allein. Ein älteres Ehepaar beschäftigte mit dem hart klingenden Dialekt der Landbewohner die Schönheit und landete, mich neugierig musternd, am runden Tisch.
»Herr Beruto?«, hörte ich meinen Namen gehaucht, und mit flackernden Augenaufschlägen forderte mich die Empfangsdame auf, das Zimmer zu betreten, das mir vertrauter war als ihr.
Der Schwiegersohn, Rechtsanwalt Dirks, saß wie ein Generaldirektor hinter Gregors historischem Schreibtisch. Er hielt mir jovial seine Hand entgegen und blickte mich ernst an.
»Herr Beruto, als Anwalt, Erbe und Schwiegersohn Ihres alten Freundes Gregor muss ich Ihnen mitteilen, dass er testamentarisch gefordert hat, dass Sie seine Asche für seinen ewigen Frieden in die Nordsee verstreuen sollen.«
Ich verstand ihn nicht ganz und legte los: »Gregor war mein engster Freund. Sein tragischer Tod traf mich mit der gleichen Härte wie der Verlust meiner Familie. Ich bin kein Jurist. Deshalb frage ich Sie, Herr Dirks, hat er mich wirklich um diesen Dienst in seinem Testament gebeten?«
Der Anwalt nickte. »Ich muss hinzufügen«, sagte er, »dass Gregor darauf bestanden hat, seine Asche in Begleitung einer Person Ihrer Wahl an einer von ihm festgelegten Position dem Meer zu übergeben.«
Ich schluckte und schaute ihn ungläubig an.
»Genau das ist sein Letzter Wille«, sagte Dirks. Sein breites, wohlgenährtes Gesicht zeigte keinen Schimmer einer tief sitzenden Trauer.
»Begleiten Sie mich morgen früh?«, fragte ich und dachte, dass Gregor sicherlich an ein Familienmitglied gedacht hatte, als er sein für mich undurchschaubares Testament abgefasst hatte.
Der Anwalt lehnte sich zurück, und das geschnitzte, wertvolle Möbel duldete den Druck seines schweren Körpers ohne Aufschrei. Es hatte ebenso seelenlos Gregor gedient.
»Was glauben Sie, Herr Oberstudienrat. Ich kann nicht wie ein Lehrer nur zu bestimmten Stunden unterrichten. Meine Praxis erfordert meine permanente Anwesenheit.«
»Vielleicht kann Ihre Frau, Gregors Tochter, mich begleiten?«, fragte ich irritiert.
»Sie ist hochschwanger. Ich erwarte meinen ersten Sohn von ihr«, sagte er.
Ich musste mich zurückhalten, um ihm nicht in die Fresse zu schlagen. Das hat Gregor nicht verdient, dachte ich und stand auf.
»Dann weiß ich Bescheid«, sagte ich und verließ die Praxis.
Die Hauptgeschäftsstraße war noch voller Leben. Ich schlenderte ziellos an den Schaufenstern vorbei, besuchte für eine Stunde das Café Kahler, blickte auf die vor den Fenstern hinter einem Drahtzaun gehaltenen rosafarbenen Flamingos und entschloss mich, Elke zur Seebestattung mitzunehmen. Wir hatten uns nicht verabredet, da sie sich um die Abfassung eines Referats bemühte. Ich rief sie vom Café aus an.
Elke war über Nacht bei mir geblieben. Während der Nacht quälten mich Gedanken, die immer neue Bedrohungen produzierten. Mein unruhiges Hirn schüttelte sich vor dem »eins, zwei – eins, zwei ...« der geschnürten Stiefel junger Männer. Lange lag ich neben Elke wach, die erschöpft und glücklich weggetreten war.
Das schrille Klirren des Weckers riss mich aus dem Schlaf.
Mein Schulleiter hatte meine Stunden zuvorkommend auf die übrigen Tage verteilt. Ich setzte den Wasserkessel auf, während Elke für ein schnelles Frühstück sorgte. Wir mussten um halb zehn in Norddeich sein, weil der Kapitän mit seiner »Rara Avis«, einem normalen Fischkutter, wegen der Tide pünktlich die Mole verlassen musste. Das Krematorium hatte mir diesen Termin angekündigt und wollte mir dort die Urne mit Gregors Asche übergeben.
Ich trieb Elke an. In Hast verschlangen wir ein paar Toastschnitten und eilten zu meinem Golf. Elke trug die gesteppte Daunenjacke. Sie hatte sich in den Sitz gekuschelt und fror leicht. Die Autoheizung musste erst warm laufen.
Ich fuhr durch fast leere Straßen, die sich bald mit hektischem Berufsverkehr füllen würden. Der Himmel war grau und zeigte keine Konturen. Die mich sonst so sehr faszinierenden Wiesenlandschaften und die weiten Felder trugen nur verblasste Farben.
Der aufziehende Morgen brachte wenig Licht. So, als hätte das triste Grau von mir Besitz ergriffen, fühlte ich meinen seelischen Tiefstand.
Elke sagte kein Wort, während ich meinen düsteren Gedanken nachhing. Eine Beisetzung
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