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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Holztafel, auf der junge Männergesichter unter stilisierten Kreuzen ihre Namen und Lebensdaten hinterlassen hatten. Die im Kleinformat fotografierten Gesichter blickten von vergilbten Schwarz-Weiß-Fotos. Ihre Köpfe bedeckten kesse Schiffchen. Bei wenigen saßen seitlich neben den Stautaschen ihrer Hemden in Knopfnähe Zierbänder für erwiesene Tapferkeiten.
    War es der tiefe Zug aus meinem Bierglas, der meine Fantasie so sehr angeregt hatte, dass ich in der zweiten Reihe auf der Holztafel Ennos Gesicht zu entdecken glaubte? Es war nur eine gedachte Ähnlichkeit. Dort, wo sonst die Krawatte im Kragendreieck saß, baumelte ein Ritterkreuz. Die schwarze Panzeruniform setzte Kontraste zu dem schmalen Jünglingsgesicht.
    Das war nicht Enno!
    Ich stützte mich auf dem Tresen ab. Van Aaken kam zu mir zurück. Er grinste breit, griff zum Bier und trank es ohne abzusetzen aus.
    »Zahlen!«, sagte er, ohne mich zu fragen. Auch ich schluckte den Rest des Glasinhalts. »Tschüss!«, rief der Pfarrer, und wir verließen den Dorfkrug.
    Der Mond hatte keine Chance mehr. Schwarze Wolkenbänke waren aufgezogen. Die helle Lichtreklame des Dorfkruges fiel auf den Parkplatz. Mein Golf stand unter dem Dunkel der Sträucherzweige. Wir stiegen ein. Ich schaltete die Scheinwerfer ein und fuhr los.
    Müde ließ ich meinen Golf über die lange Dorfstraße rollen.
    »Hartwig, wenn das ein Test war, dann kann ich nur sagen, wir haben viele Feinde«, sagte ich, während ich den Wagen nicht in Richtung Jadingen steuerte, sondern mir vorgenommen hatte, vor der Mauer an der Kirche zu wenden, und fuhr fort: »Ich zweifle an dem Ergebnis des Arztes, der Gregor untersucht hat. Sein Gang zum Staatsanwalt wird auch für uns nicht ohne Folgen bleiben.«
    »Sie fürchten uns mehr, als wir sie zu fürchten haben«, sagte van Aaken müde und forderte mich auf: »Bieg hier ab. Der Weg führt uns zum Besitz des Grafen von Birkenhain.«
    Ich war überrascht, folgte aber ohne Einwände seiner Anweisung.
    Der mit Zementsteinen gepflasterte Weg lag endlos unter dem Licht der Scheinwerfer. Hin und wieder erschütterten Schlaglöcher meinen Golf. Der Lichtkegel huschte über den Grasrand und erfasste ganz selten Ausschnitte der Wiesen. Ich dachte, dass van Aaken eine Abkürzung für unsere Heimfahrt ausgesucht hätte. Wir näherten uns Lichtern.
    »Ist das das Grafengut?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte er. »Fahr hier langsam, da vorn biegt ein kleiner Weg ab, den müssen wir nehmen.«
    Ich bremste den Golf ab und fuhr dennoch viel zu schnell über die ausgeschlagenen Löcher des Kies-Sandweges. Wir wurden im Wagen hin und her geschleudert. Im Auf und Ab des Scheinwerferlichts erkannte ich vor mir die Umrisse einer Scheune, die mit geöffneten Toren wie ein riesiges Haifischmaul vor mir lag.
    »Hartwig, was hast du vor?«, fragte ich aufgebracht, denn ich sah das Ende des Weges vor mir, fand keinen Ausweg und musste meinen Golf vor landwirtschaftlichem Gerümpel zum Stehen bringen. Ich sah einen ungeheuer großen Mähdrescher neben mir. Der Schweiß rann mir in den Nacken.
    Ich löschte die Lichter meines Wagens. »Und nun?«, fragte ich. Mir kamen Zweifel an seiner Freundschaft, und ich hätte mich nicht gewundert, wenn Hartwig mir eine Pistole an die Schläfe gehalten oder mir mit seinen großen Händen die Luft abgedreht hätte.
    Nichts dergleichen geschah. Wir stiegen aus, und mir war gruselig, als ich seinen Arm auf meinem Rücken spürte und er seine andere Hand ausstreckte, nach vorn wies und sagte: »Hajo, seit einigen Wochen habe ich mich hier in der Dunkelheit aufgehalten. Drüben!«
    Ich sah die Lichter des mir unbekannten Guts Birkenhain.
    »Dort wohnt der Graf. Hier seitlich geht ein Fußweg ins Donnermoor, den nur Eingeweihte kennen. Er endet im Nichts. Er ist gefährlich, denn dort leben Kreuzottern in Massen. Ihr Biss kann tödlich sein.«
    Mir wurde noch unheimlicher zumute, und ich zuckte zusammen, als ein Käuzchen irgendwo im Scheunengebälk krächzte.
    »Was soll das?«, fragte ich und fühlte mich von allen Seiten bedroht.
    »Dort, wo der Baum steht, geht der Weg ins Moor. Er scheint nirgendwohin zu führen und muss dennoch irgendwo enden«, sagte Hartwig.
    »Das verstehe ich nicht«, antwortete ich und wäre am liebsten in meinen Golf gestiegen und zu Elke gefahren, um mich der Musik von Dvořák hinzugeben.
    Aber Hartwig war versessen. »Vom Gut her führt ein zweiter Weg, der diesen am Punkt Null trifft. Man kann also nur von den

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