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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Leinwänden.
    Mir fiel auf, dass Elke die jüngste der Damen war, und auch ich konnte mich altersmäßig zur Minderheit zählen. Die Herren waren meistens im gesetzten Alter. Ihre verwelkten Frauen trugen teure Kleider. Ihre Haltungen waren sehr würdevoll, und sie repräsentierten etwas, was ich nicht wahrnehmen konnte.
    Zu meiner Freude erkannte ich Hartwig, der seine Frau, wie ich Elke, am gewinkelten Arm führte. Wir begrüßten uns nur kurz, und ich bemerkte, dass er unsere Freundschaft nicht vorführen wollte.
    Wir strebten einer geöffneten Doppeltür entgegen. Vom Krawattenknoten eines fast scheintoten Greises, der sich mühsam mit zwei Stöcken nach vorn kämpfte, baumelte ein Ritterkreuz. Auf der faltigen, gebräunten Haut einer grauhaarigen Alten lag ein blinkendes, feingliedriges Schmuckkunstwerk, dessen Steine wie die Sterne der Milchstraße auf ihrer vertrockneten Brust funkelten. Ihr Geschmeide hatte sicherlich einen höheren Wert als das Gehalt meiner noch vor mir liegenden Dienstjahre.
    Elke sagte keinen Ton. Sie lächelte lieb in alle Richtungen. Wir waren fast die Letzten, die den feierlichen Raum betraten. Weiß gedeckte Tische mit den Sträußen der ersten Frühlingsblumen und umgestülpten Gläsern standen einzeln verteilt, bildeten aber in dem großen Raum die Form eines Herzens, wenn man mit etwas Fantasie die Anordnung betrachtete.
    Blitzschnell überflog ich die bereits besetzten Plätze und drängte Elke seitlich an den Tisch, der die Herzspitze zu bilden half. Hartwig erkannte meine Absicht und rückte uns die Stühle zurecht. Nach uns füllten sich die letzten Plätze. Ein angegrauter Diener in Livree schloss mit weiß behandschuhten Händen die Tür.
    Vorn, wo nach links und rechts die Wölbungen der Herzbögen ausliefen, thronte Graf von Birkenhain mit seiner Gemahlin. Flammend rote Rosen bildeten eine Wand und verdeckten die Beine des Paares. Das Haar des Sechzigjährigen war voll und grau. Im runden Gesicht saß aristokratisch der gestutzte Schnurrbart. Seine cremefarbene Jacke ließ die Ränder der weinroten Weste hervorlugen. Sie gaben ihm das Gepräge großer Filmstars, die alten Ruhm mit solchen Gesten festigten.
    Die Gräfin, die um die Mitte vierzig sein konnte, trug ihr Alter mit Würde. Sie ließ ihren Charme mit hell gebleichtem Blondhaar und tiefem Dekolleté sprühen, denn sie verdiente es, bewundert zu werden.
    Mein Freund der Pastor saß schweigend am Tisch und betrachtete wie ich das Geschehen.
    Elke flüsterte mir zu: »Wir sind hier im gräflichen Jagdzimmer!«
    Ich nickte und studierte den Raum. Die Wände, erst kürzlich mit japanischer Grastapete renoviert, trugen Gemälde, die röhrende Hirsche, englische Hetzjagden und romantische Szenen bayerischer Hochwälder zeigten. Auf einem Bild erkannte ich den ertappten Wilderer, den Hochwohlgeborene mit Siegeslächeln gestellt hatten. Der Mann tat mir leid, und ich fühlte mit ihm.
    Hinter mir lag die geöffnete Tür eines großen Seitenzimmers. Ich konnte die Ausmaße nicht abschätzen, sah aber die Hirschgeweihe und wie mir schien auch ein Elchgeweih. Das Gemurmel und Stühlerücken erlosch. Hinter dem Grafenpaar warfen Strahler grelles Licht.
    Ein erwartungsvolles Geraune drang in das Jagdzimmer. Unangekündigt erschien eine Blaskapelle. Der Radetzkymarsch erklang. Die Gäste sprangen begeistert auf und klatschten den Takt mit. In den feierlichen Auftakt marschierten im Gleichklang der Musik junge Männer in jagdgrünen Uniformen mit gefüllten Tabletts an die Tische. Sektkorken knallten in die vertraute Musik. Gläserränder klirrten, als sie aneinander stießen. Das war wie bei einer großzügigen Silvesterfeier.
    Auch an unserem Tisch erschien ein junger Mann und bot Sekt, Wein und Schnaps nach Wahl an. Hartwig griff zur Weinflasche, und seine Frau, die ihren starken Körper unter einem blauen Tüllkleid verbarg, reichte die gefüllten Römer an. Ich sah dem Mann nach, der uns bedient hatte, und mir wurde schlagartig klar, dass er es war, der mir vor der Toilette des Dorfkrugs seine Feindschaft angekündigt hatte.
    Frau van Aaken blickte mich an. »Na los, trinken wir«, forderte sie mich auf, und ich hörte den leisen Klang der Gläser.
    Hartwig grinste: »Hajo, zeig Haltung! Das ist notwendig.«
    Ich hob mein Glas und prostete Elke zu, die Gefallen an diesem Rummel zu finden schien.
    Der Radetzkymarsch erstarb. Aus der Ecke der Herzöffnung erhob sich ein schwerer Mann, der mit rednerischem Talent in die

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