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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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fragte: »Vielleicht gibt es einen nicht registrierten Verein, dem Enno und die beiden Selbstmörder angehörten?«
    Wir waren unsicher, ob unsere Spekulationen stichhaltig genug waren, Gregors Tod und die Selbstmorde leichtfertig in die Nähe des Grafen zu rücken.
    Schließlich packte Elke das Strickzeug zusammen.
    »Wir müssen nach Hause, Hajo«, sagte sie.

9
    Am späten Nachmittag fuhr ich nach Upplewarf. Hartwig hatte mich angerufen. Er war entschlossen, noch einmal den Weg ins Donnermoor zu suchen, und wollte gern, dass ich dabei war. Vom Himmel fiel ein feiner Nieselregen, den der leichte Wind zu zerstäuben schien.
    Der Pastor stieg zu mir in den Wagen. Wir fuhren direkt zu der Scheune. Ich parkte neben dem Mähdrescher.
    Wir hatten unsere Kleidung unserem Vorhaben angepasst. Meine Füße steckten in Gummistiefeln und vertrieben mir die Angst vor einem zufälligen Schlangenbiss.
    Hartwig ging vorweg. Wir nahmen uns Zeit. Ich spürte an meinen Fußknöcheln die Stöße, wenn die Füße abglitten oder über gewölbte Grasbüschel stolperten. Die breiige Suppe des Donnermoors quatschte an den Stiefelrändern und schwappte gelegentlich über die Schäfte hinweg.
    Ratlos standen wir am Punkt Null. Hier waren die Männer der »Eins-Zwei-Bande« vor unseren Augen in die Unwegsamkeit verschwunden.
    Hartwig nahm den Weg zum Gut. Als wir den Pfad aus dem Donnermoor verließen und verdeckt von den hochgeschossenen Lampenputzern und Schilfstauden die kleine Böschung ansteigen wollten, hörten wir das Geräusch eines sich nähernden Autos. Hartwig blieb stehen. Er neigte sich vor, und ich sah durch die Lücke im Schilf, die Hartwigs Hände geschaffen hatte, den weißen Mercedes eines Kollegen, der vor dem Buchenpark seinen Wagen abstellte. Auch Hartwig stierte neugierig durch die vertrockneten Halme.
    Es war Jannes, wie ich sogleich erkannte, ein Geschichtslehrer, der im Kirchenvorstand sehr rührig für die Renovierung unserer Seefahrerkapelle eintrat.
    Ich beobachtete, wie er seine dicke Schultasche dem Mercedes entnahm und auf dem Weg in den Buchenpark verschwand. Das hätte mich nicht sonderlich beunruhigt. Warum sollte ein Kollege nicht mit dem Grafen oder dessen Büro geschäftliche Beziehungen unterhalten oder von der Kirche her Dienstgeschäfte erledigen müssen?
    Jannes stand mir fern. Er gehörte zu denen, die auf Konferenzen schwiegen und ihr schattenhaftes Dasein zur Flucht in die Anonymität benutzten.
    Weiteres Autogebrumme hinderte Hartwig daran, den befreienden Aufstieg aus dem Moor zu finden. Aus einem Opel Kadett entstiegen junge Leute, die ich nicht kannte, und auch der Pastor winkte ab, als ich ihn ansah. Ein voll besetzter Golf folgte. Wir warteten hinter den Halmen von Schilf und Lampenputzern. Ein weiterer Wagen, voll besetzt, parkte, und das Geknatter von Motorrädern durchbrach die Stille des Donnermoors, das sich langsam eindunkelte.
    Der Nieselregen hatte uns durchnässt. Mein Haar klebte. Ich verspürte das Verlangen nach einer Zigarette. Hartwig blieb eisern. Ohne verräterische Bewegung hielt er die Stängel seitlich, die unseren Blick durch das welke Gestrüpp offen hielten.
    Ich sah den Grafen, wie er in lederner Kniebundhose und mit aufgesetztem Lodenhut den Platz vor seinem Gut misstrauisch abschritt. Ich vernahm, wie Hartwig tief durchatmete, und sah, wie der Graf sich dem Pfad zuwandte, den ich mit Elke an seinem Geburtstag genommen hatte. Wir verharrten noch für Minuten im Versteck. Mir schmerzten die Beine, und Hartwig strahlte mich an, ohne seine Freude in Laute zu artikulieren.
    »Jetzt!«, sagte er und stieg die Böschung hoch.
    »Und nun?«, fragte ich, als wir vor den geparkten Fahrzeugen standen.
    Hartwig kannte sich aus. Er führte mich entlang der Buchengruppe. Das Donnermoor verlor sich und ein enger Pfad führte in eine kleine Tannengruppe. Der Pfad verlief weiter an einem dicht bewachsenen Waldstück vorbei und eröffnete uns von einer Lichtung aus den Blick auf das Gut. Im Flügel des Mauerwerkes brannte Licht, und es gelang uns nicht, mehr als diese Helligkeiten zu entdecken.
    »Gehen wir nach Hause«, sagte Hartwig.
    »Die jungen Leute sind im Schloss«, sagte ich.
    »Was schließt du daraus?«, fragte er.
    »Nichts und alles«, antwortete ich. Wir traten den mühseligen Rückmarsch an.
    Ich weiß nicht mehr genau, was genau der Anlass gewesen war, der mich zu dem Entschluss geführt hatte, die Staatsanwaltschaft aufzusuchen. Wahrscheinlich aber waren es der letzte

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