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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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das Klavier und himmelt ihn an. Dummes Gör. Sie hat kein Format und biedert sich dennoch bei ihm an. Er hat was Besseres verdient. Ist er blind, dass er sie nicht durchschaut? Nein, nicht blind. Ich seufze insgeheim. Dirks Fokus funktioniert halt anders. Sie hat keine Ahnung davon, wackelt mit ihren Brüsten vor seiner Nase herum und die bemerkt er wahrscheinlich schon.
    Ich kann nicht hören, was sie reden, nur sehen, wie Vivian lacht, wie er geschmeichelt reagiert. Er streicht sich die langen Haare zurück. Bei der Arbeit trägt er oft eine metallene Haarspange, die die Haare aus dem Gesicht halten. Ich liebe es, wenn sich Strähnen daraus hervormogeln und um sein Kinn tanzen.
    Nun zwinkert er und als seine Finger, diese wunderbar langen Finger, über die Tasten fliegen, gelingt es mir für einen Moment nicht mehr, Caleb Interesse vorzuheucheln. Dieser hebt den Kopf und schaut ebenfalls zu den beiden hinüber. Dirk spielt wundervoll, irgendeinen Song von den Beatles. Caleb nickt anerkennend.
    „Schönes Stück. Er spielt gut.“ Als ob er es beurteilen könnte. Ich sehe die Finger auf und ab tanzen, sie streicheln die Tasten, berühren sie flüchtig, wandern weiter. Sein Körper bewegt sich im Takt vor und zurück. Wie gerne würde ich sein Gesicht sehen, die Konzentration darin.
    Caleb redet schon wieder und geht mir furchtbar auf die Nerven. Die Musik will ich hören, sehen, wie er sie erzeugt, wie seine Finger den Tönen Gestalt geben. Ich schnappe mir mein Bier und stehe auf. Calebs überraschten Ausdruck ignoriere ich, der mitten im Satz abbricht.
    Dirk hebt den Kopf, schenkt mir ein Lächeln. Seine Wangen sind erhitzt, er hat schon einige Biere getrunken. Schweiß klebt ihm das wilde Haar an die Stirn. Für einen Augenblick sehe ich ihn vor mir: als mittelalterlichen Kämpfer mit Schwert und im Kilt und muss schmunzeln. So stelle ich ihn mir oft vor.
    „Kennst du den Text?“, fragt er Vivian und summt ihn vor. „Komm, sing mit.“ Sie quietscht auf und schüttelt den Kopf. „Ach nein, ich kann nicht gut singen“, ziert sie sich. „Und hier vor den ganzen Leuten ...“ Dummes Ding, Chance vertan.
    Ich stelle mein Bier auf dem Klavier ab und nehme den Ton auf. Ich kann singen, gut sogar. Überrascht wendet Dirk den Kopf und sein Lächeln erstrahlt. „Oh prima, los Joschi, dann sing du mit.“
    Und das tue ich. Zwei Songs von den Beatles, Queen, und Dirk beginnt, Elvis zu spielen. Er spielt mit derselben Leidenschaft, mit der er fotografiert, hingebungsvoll, versunken in die Musik. Vivian ist abgeschrieben, ich glaube, sie ist zur Theke zurückgegangen. Mir egal. Ich habe nur Augen für Dirk und meine Stimme gehört ihm. Und seine Aufmerksamkeit mir. Endlich.
    Mit einem schelmischen Grinsen beginnt er „Only you“ zu spielen und singt mit. „Only you … Can make this world seem right.“
    Ich antworte ihm singend: „Only you, can make the darkness bright.“ Ziemlich schmalziger Song, aber bei uns wird er zu dem, was er ist: ein Liebessong voll Gefühl und Sehnsucht. Seine tiefe, raue Stimme harmoniert wundervoll mit meiner. Wenn er wüsste, wie gut wir …
    Der ganze Pub lauscht. Unser Auftritt, ein Song, ganz für uns. Was für ein kostbarer Augenblick.
    „Only you … Can make this change in me“, singt Dirk und mir wird seltsam schwindelig. „For it's true, you are my destiny.“ Beinahe verhasple ich mich, aber ich bin Profi, keiner hat es bemerkt. Warum hat er dieses Lied gewählt? Warum lächelt er mich dabei so an? Blöde Gedanken. Reiner Zufall. Und er ist ein wenig betrunken. Sonst …
    So viel Gefühl in der Stimme. Ach, Joschi, dein dummes Herz will da schon wieder zu viel drin sehen. Begehrenswert, wie seine Lippen sich bewegen, seine Mähne sein Gesicht umrahmt. Sein herber Geruch umgibt mich, zieht mich näher. Ich lehne mich vor.
    Biergeschmack im Mund, Worte auf der Zunge, die wahr sind. Seine Stimme, die mich betört. Ich möchte ihn küssen, meine Lippen über seinen Hals wandern lassen, das Hemd aufreißen, seine Brust anfassen, seine Hüfte … ihn spüren, überall, alles.
    „You're my dream come true. My one and only you.“
    Ich ertrinke in seinen Augen, kann mich nicht rühren. Meine Finger kribbeln, zucken, begehren seine erhitzte Haut. Mein Herz zerspringt. Das letzte Wort verhallt in der stickigen Luft des Pubs, wird durch Raunen ersetzt, Applaus, leises Gelächter. Meine Wangen glühen, mir ist sehr warm und meine Lippen nur Millimeter von seinen entfernt. Wann bin

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