Bold, Emely
bestehen und schon drangen die ersten Schreie und lauter Kampfeslärm durch die Gänge.
Ich, Marta McGabhan, versuchte deine Mutter zur Tür zu schieben, aber die Angst lähmte ihren Körper. Schließlich, ich wusste mir nicht anders zu helfen, entriss ich dich ihren Armen und rannte mit dir in Richtung Küche. Nun kehrte endlich wieder Leben in Isobel, und während ich dich in Sicherheit brachte, hörte ich ihre Schritte hinter uns. Sie folgte mir. Die Burg war dunkel, es war tiefe Nacht und ich hatte Mühe, mit dir auf dem Arm die Küche zu erreichen. Gerade wollte ich um eine Ecke biegen, da hörte ich vor mir Waffen klirren. Schnell drückte ich mich in eine Nische, hielt dich ganz dicht an mich gedrückt, um dein Wimmern zu dämpfen in der Hoffnung, man möge uns nicht bemerken. Da kamen die Krieger um die Ecke. In ihren Waffen spiegelte sich das bisschen Licht, das seinen Weg ins Gemäuer fand. Deine Mutter rannte ihnen direkt in die Arme. Die Männer freuten sich, über ihren überraschenden Fund und trieben Isobel mit ihren Schwertern vor sich her, machten dabei deutlich, was sie mit ihr vorhatten, bevor sie sie töten würden, wie den Rest der Burgbewohner. Mit einem letzten Blick in die Dunkelheit unseres Versteckes bekreuzigte sich deine Mutter und riss sich los. Sie rannte den Gang den wir gekommen waren zurück und erreichte die Treppe, die hinauf auf den Wehrturm führte. Die Männer stürmten ihrem sicher geglaubten Opfer hinterher. Ich hatte keine Zeit, zu warten, ob deine Mutter zurückkehren würde, und erst recht wollte ich nicht warten, ob die Krieger zurückkämen. So schnell ich konnte, rannte ich in den Küchentrakt. Aus Angst vor Bränden lag die Küche auch in dieser Burg etwas abseits aller anderen Gebäude, direkt an der Burgmauer. Das Kampfgetümmel war hier nur leise zu hören und darum wagte ich es, einen Moment zu verschnaufen. Von deiner Mutter fehlt jede Spur. Ich drückte mich so flach ich konnte, an die Außenmauer der Küche, verbarg uns hinter einem Stapel Fässer. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, oder wo ich uns verstecken könnte, da hörte ich Vanoras Stimme. Nicht laut, sondern in meinem Kopf: „Lauf! Der Kampf ist verloren! Du bist hier nicht mehr sicher. Rette das Kind, rette das Erbe der Camerons! Verschwinde von hier! Ich helfe dir – gebe dir eine Gelegenheit und ein Amulett des Schutzes. Es wird dich immer warnen, wenn ihr in Gefahr seid. Aber nun zögere nicht länger! Lauf!“
Und als die Stimme in meinem Kopf den Geräuschen der Nacht wieder Platz machte, fand sich in meiner Hand ein Amulett. Genau, wie Vanora gesagt hatte. Ich legte es dir zum Schutz um den Hals und schlich in die dunkle Küche. Der Duft von Essen hing in der Luft und im Herd glomm noch immer ein kleines Feuer. Schnell knotete ich ein Tischtuch zu einem Beutel zusammen und füllte es mit einem Laib Brot, einem großen Stück Schinken und einigen Äpfeln. Mehr traute ich mich nicht zu nehmen, aus Angst, jemand könne uns doch noch bemerken. Dann tastete ich mich an der Wand entlang zu der hinteren Tür. Hier konnten Schlachtabfälle und anderer Unrat direkt hinter die Burgmauern gekippt werden. Doch die Tür war verschlossen. Verzweifelt überlegte ich, was ich nun tun konnte. Aus der Burg waren keine Laute mehr zu hören. Anscheinend war der Kampf wirklich vorbei. Vielleicht, so überlegte ich, könnte ich mich einfach hier verstecken, bis alles vorüber war. Plötzlich zuckten Blitze über den Himmel. Durch das Fenster konnte ich sehen, dass der ganze Horizont von blauen, mächtigen Blitzen überzogen war. Ein eisiger Windstoß blies durch die Küche, riss die versperrte Tür aus den Angeln und zog an meinem Gewand. Die kupfernen Töpfe über dem Herd schlugen laut gegeneinander und polterten krachend zu Boden. Dieser Lärm würde die Krieger mit Sicherheit hierher führen! Darum schnappte ich mir mein Bündel, drückte dich fest an mich und trat durch die Tür, hinaus in die Dunkelheit der Nacht. Unweit der Mauer, an einem jungen Baumschössling angebunden, stand ein grauer Schimmel. Woher dieser kam, oder wer ihn dort angebunden hatte, kann ich dir auch heute noch nicht sagen. Insgeheim aber vermute ich, dass Vanora ihn uns irgendwie geschickt hatte. Ich war noch nie in meinem Leben auf einem Pferd gesessen und meine Angst vor dem Tier war beinahe so groß, wie die Angst vor den Kriegern. Aber ich hatte eine Aufgabe: Dich zu schützen. Darum zögerte ich nicht, blickte nicht zurück,
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