Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)
Gewicht, und die schlüpfrige Borke schnitt mir die Hand auf. Ich machte einen Satz zu einem tieferen Zweig, was mir die Zeit verschaffte, einen festeren zu entdecken.
Der Wind hatte sich inzwischen gedreht und blies mir in die Augen. Ich entdeckte dennoch einen Ast, der an der richtigen Stelle hing, und griff danach. Packte ihn gerade rechtzeitig. Und dannbrach er. Ein großer, stark aussehender Ast brach. Und ich stürzte ab.
Mein versehrtes Bein bekam einen Schlag ab, meine Hände bluteten, und ich erkannte den Schmerz in meiner Seite. Gebrochene Rippen schmerzen höllisch. Obwohl nichts Ernsthaftes, es sei denn, sie bohren sich in eine Lunge, was nicht der Fall war, sonst hätte ich es bemerkt.
Ich setzte dem Mann nach, der über das nasse Gras rannte, den Hügel hinab auf das verschlossene Tor zwischen den Hecken zu. Es war ein Wettrennen, das mir nicht gefiel, weil er einen großen Vorsprung hatte, aber das Leben ist gewöhnlich sowieso vier zu eins gegen einen.
Wenn er durch das Tor in die Wälder gelangte, hätte ich ihn wieder verloren, das wusste ich.
Mein Freund Mike Teak machte sich stets den Kopf frei, wenn er rannte, und bei ihm funktionierte es. Oben in Rucker Park hieß es, er sei der zweitschnellste weiße Junge der Stadt. Nicht denken, sagte er zu mir, bloß rennen. Und ich sagte zu ihm, keine Sorge. Ein schlauer Drogendealer muss nie rennen.
Keine Sorge.
Der Killer erreichte das Ende des Hügels, wandte sich jedoch nicht den Bäumen zu, nachdem er über das Tor gesetzt hatte. Bei meinem Eintreffen dort bekam ich bloß noch einen schwarzen BMW zu sehen, der Schlammfontänen hochschleuderte, während er den unbefestigten Weg zur Zufahrtsstraße hinabraste.
Als Margo, Mildred und Hadley in dem roten Land Rover auftauchten, um mich zurück ins Haus zu holen, war die Polizei schon unterwegs.
Allerdings nicht schnell genug. Dieses Arschloch in dem BMW war wahrscheinlich auf der Route 1 an ihnen vorübergerast, in die entgegengesetzte Richtung.
44
Auf der raschen Fahrt vom Tor erzählten wir uns gegenseitig die wenigen Informationen, die wir hatten. Der Eindringling war den Baum hochgeklettert und weiter auf den Balkon und durch eine Tür, die Hadley nicht verschlossen hatte, nachdem sie ein zweites Mal hinaus auf den Balkon gegangen war. Er hatte sie nicht angerührt.
Buddy war auf ihn losgegangen und der Kugel in die Quere gekommen, die er abgefeuert hatte.
Hadley feuerte gleichzeitig, glaubte jedoch nicht, den Burschen getroffen zu haben, und ich glaubte es auch nicht, so, wie er von der Eiche heruntergesprungen, über den Rasen gerannt war und übers Tor gesetzt hatte.
Ich wäre ihm nicht ebenbürtig gewesen, selbst wenn ich derjenige mit dem Vorsprung gewesen wäre.
Als wir das Haus erreichten, flog Hadley die Treppe hinauf, um nach dem Hund zu sehen. Margo rannte ihr nach in ihr Zimmer, weil sie vor dem Eintreffen der Polizei die noch vorhandenen Effekte zu vieler Haschkekse abduschen wollte, und Mildred ging zum Telefon und rief den Tierarzt an.
Ich schnappte mir eines der Festnetztelefone in der Küche, rief Meriwether an und versorgte ihn mit jeder Einzelheit, an die ich mich erinnern konnte, worunter nicht das Nummernschild des BMW fiel, weil das absichtlich mit Schlamm bespritzt worden war. Ich glaubte, so etwas wie einen Turm auf dem hinteren Nummernschildgesehen zu haben – aber es war dunkel, und ich hatte es mir vielleicht bloß eingebildet.
Ich bat Meriwether, mit Fallon und Goode Kontakt aufzunehmen, damit ich zu Hadley zurückkonnte.
Ich rannte die Hintertreppe von der Küche ins erste Stockwerk hinauf und weiter zu dem großen weißen Zimmer am Ende des Flurs. Hadley saß dort neben dem Bett, die Arme um Buddy gelegt, der benommen war und blutete.
Regen flog vom Balkon herein und sammelte sich zu kleinen Pfützen auf dem blank polierten Holzboden. Die Vorhänge wirkten wie weiße Blasebälge, die vom Wind aufgeblasen wurden, zusammenfielen und sich erneut füllten. Buddy knurrte, als ich mich Hadley näherte.
»Ruhig, Buddy«, sagte sie und berührte eine meiner blutigen Hände.
»Lassen Sie mich diese Schrammen säubern«, sagte sie.
»Dafür haben wir keine Zeit«, erwiderte ich, obwohl meine Hände wegen der Splitter vom Baum brannten. »Die Polizei wird in zwei Minuten hier sein, und wir stehen mitten in einem Tatort. Und ich möchte wissen, woher Sie die Waffe haben.«
»Die Waffe …«
»Ja«, sagte ich und ging zum Bett hinüber, wo sie sie hatte
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