Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)
liegen lassen. »Genau diese Beretta hier. Beachten Sie die Linkshänder-Sicherung. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, lag sie in meinem Schreibtisch auf der Schute.«
»Ich habe sie genommen, als ich in Ihrem Büro war … und Notizen gemacht habe«, gab sie zu. »Tut mir leid, ich hätte Sie fragen sollen.«
»Und was hätte ich gesagt, was meinen Sie?«
»Nick, Sie wissen nicht, aus welchem Grund ich die Waffe genommen habe.«
»Schon gut«, sagte ich erschöpft.
»Weil ich mir noch vor Verlassen der Schute sicher war, dass Sie nicht in meinem Zimmer schlafen würden. Und wenn ich Sie nicht gleich neben mir haben konnte …«
»Hadley«, sagte ich, hob sie vom Boden auf und drückte sie an meine schmutzige, blutige Brust.
»Sie sind da«, sagte Mildred, die wir nicht in der Tür gesehen hatten. Hadley entschlüpfte mir, ich packte die Beretta und reichte sie Mildred.
»Bringen Sie die irgendwo hin.«
Wie einen Apfel ließ sie die Waffe in die Tasche ihrer Bluejeansjacke fallen und glitt in Hadleys Bad, vielleicht eine Sekunde, bevor die beiden Polizisten aus Stonington den Flur hinabmarschiert kamen, unter den kleinen vielfarbigen Kristallleuchtern entlang.
Da die nicht anwesende Haushälterin die Waffe trug, sahen sie bloß einen großen Hund auf dem Boden und einen schmutzigen, blutigen Typen in geborgten Shorts gleich neben einer wunderschönen Frau stehen, die praktisch nichts trug außer einem blutgetränkten Männerhemd.
Der Ältere der beiden hatte verdächtig schwarzes Haar, und seine Uniform lag ihm wie eine Wurstpelle um den Leib. Der Jüngere, kaum älter als ein- oder zweiundzwanzig Jahre, war eine Bohnenstange mit Sommersprossen, dem der Mund bei unserem Anblick sperrangelweit offen stand.
»Ich bin Sergeant Coleman«, sagte der ältere Mann. »Das ist Officer McNamara, und Sie sind … ?«
»Ich bin Nick Sayler«, erwiderte ich, »und das ist Hadley Fielding.«
»Sie sind Hadley Fielding«, sagte McNamara ehrfürchtig.
»McNamara!«, fauchte der Ältere.
»Ja«, sagte Hadley lächelnd. »Sind wir uns schon mal begegnet?«
Ich war beeindruckt, wie glatt sie versuchte, die Spannung abzubauen.
»Nein«, sagte McNamara. »Aber meine Freundin ist geradezu verliebt in Sie. Ich meine, sie liebt Sie wirklich. Sie waren ihr Idol. Sie …«
»Ziehen Sie sich was an«, sagte der Sergeant. »Wir sind unten.«
Mir gefiel dieser Tonfall nicht, und vor wenigen Jahren hätte ich etwas gesagt. Etwas getan.
Es war die Sache nicht wert. Jede Minute, die verstrich, wäre der Killer weiter weg.
Nachdem die Polizisten gegangen waren, holte ich mir die Beretta wieder, die ich vor meinem Abtauchen in den Baum dort fallen lassen hatte. Die andere nahm ich von Mildred entgegen, die aus ihrem Versteck im Bad herausgekommen war.
»Meine Güte, Mildred«, sagte Hadley, »was ist, wenn sie dort nachgesehen hätten?«
»Ich bin bloß das Zimmermädchen, Kindchen«, sagte sie mit übertriebenem Südstaatenakzent. »Hochgekommen, um noch ein paar Handtücher zu bringen.«
Sie nickte mir zu, und ich nickte zurück und überließ es dann ihr, Hadley zu helfen.
Wieder im blauen Raum auf der anderen Flurseite rief ich Fallon an, der sagte, Meriwether habe ihm Bescheid geben und sie seien bereits unterwegs.
Der Schmerz in meiner Seite war heftig, und als ich Schmutz und Blut von meinem Leib abduschte, fragte ich mich, wie viele Rippen wohl gebrochen waren. Ich würde Sloane bitten, einen Blick darauf zu werfen, obwohl ich wusste, dass man dagegen nichts tun konnte. Keine Schmerztabletten für mich, und Ärzte verbinden einen nicht mehr, wie sie es mal getan hatten, weil – wie Sloane mir beim letzten Mal sagte, als ich mir eine Rippe gebrochen hatte – der Verband die Lungen zusammendrückt, wodurch man weniger Luft bekommt, was zu einer Lungenentzündung führen kann usw., usf.
Alles hat jedoch sein Gutes, würde Schwester Mary A sagen – und dieses Mal hätte sie recht –, weil die gute Nachricht die war, dass meine Rippen so heftig schmerzten, dass das Pochen in meinem Bein bloß zweitrangig war.
Während ich langsam eine weitere Garnitur von Billy Holderness’ Kleidung anzog – Mildred hatte irgendwie die Zeit gefunden, sie aufs Bett zu legen –, erblickte ich durch das Fenster zwei weiterePolizisten, die einem anderen Streifenwagen entstiegen und auf das Haus zugingen.
Ich hatte jetzt beide Berettas, steckte eine in den Hosenbund von Billys hautenger schwarzer
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