Bombe an Bord (Haie an Bord)
ist für jedermann erreichbar.
Wer vorbei geht, kann den Brief einwerfen. Sind solche Briefkästen hier im Haus
üblich?“ Meier schüttelte heftig den Kopf. „Es ist der einzige. Ein Tick von
Blohm.“
Blohm lächelte schief. „Den Briefkasten
habe ich anbringen lassen, damit ich auch dann Mitteilungen erhalten kann, wenn
ich nicht hier im Büro bin. Weil ich nämlich immer abschließe.“
„Vermutlich wissen alle Angestellten,
daß es diesen Briefkasten gibt“, sagte Glockner.
Blohm nickte. Weickl hatte seinen
silbernen Drehbleistift hervorgeholt und klopfte damit an die Zähne.
„Sie glauben doch nicht etwa“, sagte
Meier, „daß der Erpresser zum Personal gehört.“
Glockner ließ die Frage unbeantwortet.
Er schob die Klarsichttüte in seine Aktentasche.
„Der Brief wird im Labor untersucht.
Nachher möchte ich alle vernehmen, die auf dieser Etage zu tun haben.
Vielleicht ist jemandem was aufgefallen. Im übrigen müssen wir abwarten, was
der Erpresser unternimmt. Wenn er sich telefonisch meldet, fragen Sie nach der
Pralinen-Schachtel. Hat er wirklich eine versteckt — oder nur geblufft, um für
Aufregung zu sorgen. Wenn ja, müssen wir uns was einfallen lassen, um den
Verbleib der Schachtel festzustellen, bevor ein Unglück geschieht.“ Er wandte
sich an Meier. „Die vier Kassiererinnen sind alle befragt worden?“
Jutta Freys Kolleginnen hatten
inzwischen den Dienst angetreten. Alle Kassen waren jetzt besetzt.
Der Direktor nickte. „Keine entsinnt
sich an den ,Süßen Gruß’. Weder heute noch gestern oder vorgestern wurde eine
solche Pralinen-Schachtel verkauft. Aufgefallen wäre sie den Kassiererinnen
bestimmt. Weil wir sie nicht in unserem Angebot führen.“
„Wenn die Schachtel hier war“, sagte
Glockner, „wurde sie also gestohlen. Soweit waren wir schon. Aber es bringt uns
nicht weiter. Denn der Dieb wird sich nicht melden. Eine Warnung über Zeitung,
Rund- und Hörfunk könnte ihn natürlich aufmerksam machen.“
Direktor Meier fiel fast auf die Knie.
„Tun Sie uns das nicht an, Herr Kommissar! Bitte nicht, bevor die Existenz
dieser Schachtel erwiesen ist. Der Schaden, der uns durch eine öffentliche
Warnung entstünde, wäre katastrophal.“
Glockner hob die Achseln. „Trotzdem
müssen Sie mit der Notwendigkeit rechnen. Aber erstmal bringe ich den Brief ins
Labor. Sie können mich im Präsidium erreichen.“
*
Gegen 14 Uhr wurde Jutta Frey von Blohm
ans Telefon gerufen.
Carina war am anderen Ende der Leitung.
Ihre Stimme zitterte.
„Jutta! Eben... Ich mußte den Notarzt
holen. Er... hat Nicole gleich ins Krankenhaus gebracht. Sie... war schon bewußtlos.
Es sei Gift, sagt er.“
„Was?“ Jutta schrie.
Zu ihrem Glück war sie allein in Blohms
Büro. Der Abteilungsleiter machte seinen Rundgang auf der Etage.
Niemand hörte sie.
„Ich... ich habe Nicole Pralinen
gegeben“, stammelte Carina. „Sie nascht doch so gern. Die Pralinen... also,
die... ich weiß gar nicht mehr, wo ich die gekauft habe. Irgendwo! Dieser Tage
— hier in der Stadt. Irgendwo. Mit den Pralinen sei was nicht in Ordnung, meint
der Arzt.“
Jutta brachte kein Wort hervor. Ihr Atem
war wie gelähmt. Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen.
„Jutta, hallo! Bist du noch da? Du
brauchst keine Angst zu haben. Sie werden Nicole retten. Ganz bestimmt. Der
Arzt... hat es mir gesagt. Weil noch keine Zeit verstrichen ist.“
Das ist die Strafe, dachte Jutta. Das
Schicksal zeigt es mir. Ich vergifte Pralinen, will das Kaufhaus erpressen, die
Pralinen gelangen zu mir nach Hause zurück, und Nicole wird vergiftet. Ich bin
schuld. Nur ich. Und Carina! Sie hat die Schachtel gestohlen. Sie! Nie hätte
ich das geglaubt.
„Hallo, Jutta!“ drang die zitternde
Altstimme aus dem Hörer.
„Ich komme nach Hause“, keuchte Jutta
und legte auf.
Sie rannte hinaus.
Blohm war in der Süßwaren-Abteilung, wo
er zum xten Mal nach der Pralinen-Schachtel suchte.
„Meine Tochter ist plötzlich erkrankt“,
erklärte Jutta. „Ich muß heim. Sofort.“
„Ja, gehen Sie!“ meinte Blohm, ohne
aufzublicken. „Wir kommen mit drei Kassen aus. Leider.“
Als sie zum Personalraum hetzte, rief
er ihr nach. „Gute Besserung für Nicole! Was fehlt ihr denn?“
Sie gab keine Antwort.
Nahe dem Haupteingang war ein
Taxi-Stand. Eine Viertelstunde später erreichte Jutta ihre Adresse: ein
Mehrfamilienhaus, an dem der Zahn der Zeit schon zu lange nagte.
Carina hatte das Taxi gehört und stand
in der
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