Bombenbrut
damit Vaters Kunden kontaktiert, das weiß ich. Aber das sind jetzt meine Kunden. Ich werde sein Geschäft übernehmen und weiterbetreiben. Seine Kunden gehören mir. Ich rate dir, lass die Finger von ihnen!«
Leon erkennt sofort, der Kerl muss der Sohn von Dr. Kluge sein. Der Bursche wirkt jugendlich, hat eine knabenhafte, hoch aufgeschossene Figur, einen frechen, unfrisierten, blonden Haarschopf, einen halblangen Schnitt, ein blasses Gesicht, von Bart keine Spur, sanfte Gesichtszüge, noch keine Ahnung einer einzigen Gesichtsfalte, eine lange Nase, darauf eine runde Nickelbrille, wie einst John Lennon sie trug, sein Mund ist der eines Mädchens, seine Augen wirken sanft und dunkel – aber die grazile Erscheinung ist gerade höchst explosiv.
»Ich bitte dich, Markus«, appelliert Schwanke flehentlich, »lass uns allein darüber reden, Herr Dold ist Journalist.«
»Wo ist das Problem?«, lacht Leon freundlich, steht auf, um Markus Kluge seine Hand zu reichen.
Doch der junge Mann ignoriert sie und hält seine leere Handfläche direkt vor Schwankes dicken Bauch. Dabei stößt er in deutlichem Befehlston hervor: »Handy her!« Seine zarten, langen Finger piken in die massige, weiche Fettschicht.
Schwanke beeilt sich, dem Wunsch nachzukommen und zaubert hinter seinem Schreibtisch das iPhone aus einer Ablage. »Hier, Markus, ist doch kein Thema. Lass uns vernünftig über alles reden.« Ergeben legt Schwanke das Handy in Markus Hand.
Markus ist erleichtert und sagt plötzlich, überaus freundlich: »Alles klar, Onkel Gunther, ich komme morgen vorbei, dann sage ich dir, wie ich weiter vorgehen werde.«
»Ja, das ist gut«, seufzt Schwanke gelöst, als der junge Kluge schon längst wieder im Aufzug Richtung Parterre unterwegs ist.
Leons Neugier ist erwacht. Markus’ Auftritt hat ihn irritiert, er fragt sich, wo das Problem der beiden liegt. Schwanke hatte gerade erklärt, wie schwer es sei, das Superteleskop zu verkaufen, der junge Kluge aber sagt, sein Vater hätte es schon so gut wie verkauft gehabt. Was ist das Geheimnis dieses Teleskops? Und was hat es mit dem vermaledeiten Mord auf sich? Es muss einen Zusammenhang geben!
»Ich rufe Sie an, Herr Schwanke, dann machen wir einen Drehtermin aus, und Sie erzählen mir in kurzen Zügen aus der Zeit mit Claude Dornier in Spanien, ja?« Leon verabschiedet sich hastig, greift nach der Hand des verdutzten Unternehmers und eilt ebenfalls zum Aufzug.
Auf dem Parkplatz sieht Leon gerade noch einen schwarzen Porsche den Rebhang zur Bundesstraße hinaufrauschen. Ein edles Blech, erkennt er, Carrera 4 S Cabrio, 385 PS, Höchstgeschwindigkeit 300 Stundenkilometer, Preis über 100.000 Euro. Ein anerkennender Pfiff entfährt Leons Lippen, das Geschäft der Kluges muss sich lohnen.
Er selbst zwängt sich schnell in seinen alten 911er. Seine 231 PS des alten 86er-Modells müssen reichen, um den jungen Schnösel einzuholen, spornt sich Leon zur Eile an und drückt das Gaspedal durch, dass die Kieselsteine unter seinen Rädern hervorschießen.
Noch bevor Markus sich von der Zufahrt auf die B 31 einfädeln kann, steht Leon hinter ihm. Er hupt, doch Markus interessiert sich offensichtlich nicht für ihn, sieht eine Lücke in der Verkehrslawine und fädelt sich ein.
Leon bleibt nichts weiter übrig, als sich ziemlich rücksichtslos in den fließenden Verkehr zu drängeln, um den Anschluss nicht zu verlieren. Der Autofahrer hinter ihm hupt aggressiv. »Neidhammel!« Leon zeigt ihm den Mittelfinger.
Lange bleibt er nicht vor dem nervigen Autofahrer, der nicht aufhört, aufgeregt Zeichen zu geben. Er schießt auf einer Abbiegespur frech aus der Lücke, als wolle er links abzweigen, überholt aber nur ein paar Autos und schafft es bis auf die Höhe von Markus’ Porsche. Er hupt mehrmals, drückt das lästige Geäst auf dem Beifahrersitz nach unten, um Blickkontakt zu Markus zu schaffen.
Dieser schaut nur ganz kurz nach links zu Leon rüber, schüttelt energisch seinen Kopf und winkt genervt ab.
Leon gibt Gas und zwängt seine Karre direkt vor Markus’ Stoßstange. Er fährt vor dem jungen Kluge her, bis in Fischbach eine Ampel den Verkehr zum Stehen bringt. Hier springt er aus seinem Wagen, rennt nach hinten und brüllt Markus in seinem Cabrio an: »Fahren Sie hinter mir her, ich habe Ihren Vater gefunden, ich zeige Ihnen, wo ich ihn aus dem Wasser gezogen habe.«
Daraufhin springt er wieder in seinen Wagen und fährt wieder an, als die Ampel auf grün springt. Im Rückspiegel
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