Bombenbrut
sieht er, dass Markus ihm folgt. Beim Seemooser-Horn, kurz vor Friedrichshafen, wird es spannend. Leon setzt den Blinker, sieht im Rückspiegel erleichtert, dass Markus es ihm gleichtut. Die beiden fahren hintereinander her zu dem Gelände des Jachtklubs, wo Leon vor einer Woche Dr. Kluge im Wasser entdeckt hatte.
Leon stellt seinen Wagen direkt neben der Slipanlage ab, steigt aus und geht auf Markus zu, der hinter ihm parkt. Auch der junge Kluge steigt aus, die beiden geben sich kurz und unverbindlich die Hand.
»Leon Dold, ich habe Ihren Vater hier gefunden, seither lässt mir die Erinnerung an den Anblick keine Ruhe mehr, mein Beileid.«
Markus schaut den Journalisten aus seinen dunklen Augen kritisch an. Er ist mit einer teuren Gucci-Hose und einem Armani-Hemdchen gekleidet, Leon in billigen Jeans und T-Shirt.
»Ich weiß, der Tod des eigenen Vaters ist ein schmerzhaftes Erlebnis. Meiner starb im hohen Alter, aber friedlich in seinem Bett. Aber so, mit einem Loch im Kopf – da fragt man sich doch, warum?«
»Du bist der Arsch, der der Polizei im Handwerk rumgepfuscht hat?« Markus Kluge baut sich vor Leon auf und geht vor lauter Ärger direkt zum Du über.
»Wenn die das sagen«, antwortet Leon unsicher und setzt – ebenfalls ins Du wechselnd – hinzu: »Komm, ich zeig dir die Stelle.«
Leon will ein bisschen Nähe zu Markus gewinnen. Er erzählt ihm, wie sein Vater im Wasser lag und vor allem, wie das Einschussloch ausgesehen hatte.
Markus wirkt bald weniger cool. Leon merkt, es nimmt ihn weitaus mehr mit, als er zugeben will. Das ist seine Chance, jetzt mehr über den Job des Toten zu erfahren, und vielleicht auch über die möglichen Mörder. »Der Einschuss sah aus wie bei einer Hinrichtung, das war ein sauberer Durchschuss, in aller Ruhe abgefeuert. Ich denke, dein Vater kannte seine Scharfrichter.«
Markus schluckt, fixiert einen Punkt am Horizont des Sees, irgendwo am gegenüberliegenden Ufer in der Schweiz, und antwortet nur mit einem tonlosen »Ja.«
»Was heißt, ja?« drängt Leon.
»Ja, ich denke auch, dass Vater seine Mörder kannte, aber ich kenne sie nicht.«
»Könnten sie etwas mit Schwanke und der Firma zu tun haben?«
»Ja.«
»Mann, nun lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, und red endlich.«
»Warum? Was geht dich das an?« Markus löst seinen Blick vom See und starrt Leon gehässig an.
»Ich habe deinen Vater gefunden, ich sitz bei Schwanke, du kommst und machst einen Terz wegen deines Jobs, wobei Schwanke mir gerade vorjammert, dass er nun das Teleskop ohne die Hilfe deines Vaters verkaufen muss. Dabei willst offensichtlich du das Teleskop verkaufen, das aber wiederum will anscheinend er nicht. Also, was steckt hinter diesem Wirrwarr?«
Markus lächelt überheblich. Er schaut Leon abfällig an. »Weißt du, was Defensive-Systems verkauft?«
»Was alle hier am See verkaufen, Waffen«, antwortet Leon vorschnell und schiebt nach: »Und seit Neuestem wohl auch noch ein sensationelles Superteleskop.«
»Tja«, lacht Markus, seine dunklen Augen funkeln gefährlich. »Waffen! Der Superteleskopspiegel holt dir im Krieg der Sterne jede Rakete direkt aus dem All herunter. Sensationell, ein Joker im SDI-Programm. Du kannst dabei bleiben, wir verkaufen Waffen! Ja, und zurzeit haben wir wohl eine der besten im Sortiment!« Bei seinen letzten Worten strafft Markus stolz seinen durchtrainierten Körper und schaut, obwohl gleichgroß wie Leon, sein Gegenüber von oben herab an. Dann schnaubt er verächtlich und geht an Leon vorbei zu seinem Wagen.
Leon ruft ihm nach: »Und was hat das mit dem Mord an deinem Vater zu tun?«
Markus sitzt schon in seinem Porsche, lässt den Motor aufheulen, ruft Leon »Vergiss es!« zu und braust davon.
Leon flucht. Jetzt weiß er mehr, aber nicht genug. Verdammt! Schwanke sitzt offensichtlich auf einer begehrten Waffe. Kluge hätte sie fast schon verkauft, dann wird er erschossen, hingerichtet, da gibt ihm Markus recht.
Leon geht zu der Slipanlage zurück. Vor seinem inneren Auge sieht er Matthias Kluges toten Körper, an die Dolmen der Anlage geschwemmt. Ob Kluge wohl hier vor Ort erschossen worden ist oder ob die Leiche von woanders her in die Bucht getrieben wurde?
Leon bückt sich, hebt ein paar flache Steine auf und wirft sie über die Wasseroberfläche. Er schaut ihnen nach, zählt ihre Aufsetzer und flucht, wenn sie nur wenige schaffen.
Über dem See sieht er dunkle Gewitterwolken aufziehen, die Sturmwarnung des Württembergischen
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