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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Schütz
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Skizzen ihrer Satellitenanlagen sehen doch sehr gewaltig und beeindruckend aus.«
    »Das ist ja das Problem«, zeigt sich Schwanke versöhnlich, »der alte Claude hätte sich über diese Neuentwicklung gefreut, er hätte gewusst, wie man diese Erfindung verkauft. Aber das waren auch ganz andere Zeiten.«
    »Warum?«
    »Tja, damals war die Welt zweigeteilt«, beginnt Schwanke zu plaudern, »da gab es kein langwieriges Hin und Her abzuwägen. Man wusste genau, wer Feind und wer Freund ist. Und der Westen hat alles genommen, was man an technisch Neuem anbot. Aber heute …«.
    Leon hat sich angewöhnt, seine Klappe zu halten, wenn Interviewpartner aus dem Nähkästchen plaudern. Er bleibt ruhig sitzen, lächelt Schwanke höflich zu und wartet geduldig ab.
    Schwanke nippt an seinem Glas, schaut Leon prüfend an und nimmt schließlich den Faden wieder auf: »Wir haben da einen gigantischen Schritt ins All gewagt. Wir haben das berühmte Hubble-Teleskop geschlagen, um Welten! Wir besitzen die Formel, wie man ein Superauge bauen kann, mit dem man bis in die Tiefen des Universums blicken kann, wie dies den Menschen bisher noch nie möglich war.« Schwanke richtet seinen Oberkörper in seinem modernen Designerstuhl stolz auf, legt seine Hände um seinen dicken Bauch und endet fast traurig: »Kluge hatte diese geniale Erfindung so gut wie verkauft, das wissen wir heute. Jetzt beginnen die Verkaufsverhandlungen von Neuem, ich muss wieder ganz von vorn anfangen.«
    Gunther Schwanke war in den Tagen seit Kluges Tod nicht untätig. Er hatte sich das iPhone bei der Polizei abgeholt und Kluges letzte Termine vor seinem Tod gecheckt. Der Mann war die Woche vor seinem Tod zweimal kurzfristig nach Asien geflogen. Er hatte Stationen in Delhi, Rangun, Peking und Moskau eingelegt. Für Schwanke deutliche Hinweise, dass Kluge für den Zentralachsenspiegel von Stengele Interessenten außerhalb der NATO auf seiner Liste hatte. Auch der E-Mail-Verkehr Kluges dokumentiert intensive Verhandlungen mit den Ministerien in diesen Ländern. Er weiß nur nicht, mit wem Kluge tatsächlich vor einem Abschluss stand. Doch vermutlich teilen Dritte dieses Wissen, und denen hatte der Deal offensichtlich gar nicht gepasst. Denn das ist auch Schwanke klar: Kluge wurde hingerichtet. Und warum, wenn nicht wegen dieser verdammten Strahlenwaffe? Dieser Journalist ist auf der richtigen Spur, die Schusswunde deutete auf eine Exekution hin. Aber alle diese Gedanken hat Schwanke weder der Polizei gesteckt noch hat er vor, sie diesem Schreiberling auszuplaudern.
    Geschickt steuert Schwanke das Thema an, über das er sich bereit erklärt hatte, zu reden: »Der Verkauf neuer, technischer Errungenschaften ist und bleibt ein Problem, junger Mann«, Schwanke hebt seine Stimme deutlich an, um Leon seinen angestrebten Themenwechsel zu signalisieren. »Das ist heute so, war aber wie gesagt früher zu Zeiten Claude Dorniers ganz anders. Wenn wir damals sensationelle, neue Erfindungen gemacht haben, wussten wir, wem wir sie anzubieten hatten, die NATO war immer unser Ansprechpartner.«
    Schwanke prostet Leon zu, lacht kurz auf, scheint auf einmal anderen Gedanken nachzuhängen, nimmt jedoch genauso unvermittelt wieder neuen Anlauf und plaudert weiter: »Klar, die große Zeit Claude Dorniers begann vor dem Zweiten Weltkrieg, aber das wissen Sie ohnehin. Ich war ja erst danach dabei.«
    Schwanke gehört den sogenannten ›Weißen Jahrgängen‹ an, die erst nach Kriegsende ins Wehralter kamen, 1956 zur Wiederbewaffnung der Bundesrepublik aber schon zu alt für die Wehrpflicht waren. Trotzdem hatte er sich, aus seiner Sicht, schon in jungen Jahren um die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht. Denn Gunther Schwanke hatte bei der Planung und Weiterentwicklung militärischer Flugzeuge bei Dornier mitgewirkt, als dies in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit noch verboten war.
    Claude Dornier war es von den Alliierten untersagt, nach 1945 in der Flugzeugindustrie wieder tätig zu sein. Er wurde nach Ende des Krieges eine Zeit lang in Frankreich interniert. Sein Unternehmen zählte zu den führenden Rüstungsbetrieben der NS-Zeit. Vor allem die ›fliegenden Bleistifte‹, ›made am Bodensee‹, waren im Krieg von den späteren Siegern gefürchtet. Die Do 217 war ein wendiges, schnelles Kampfflugzeug. Das Heereswaffenamt hatte Dornier schon früh damit beauftragt, und mit der Tarnbezeichung ›Schnellverkehrsflugzeug‹ wurde schon bald nach 1933 am Bodensee

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