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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Schütz
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Mann den Hut.
    Dr. Stocks ist heute von Beruf ›Lobbyist‹, früher hätte man Waffenschieber zu ihm gesagt. Dabei saß der Mann nach seinem Jurastudium schon auf ordentlichen, deutschen Richterstühlen, er war Staatssekretär in einer Staatskanzlei, anschließend sogar Referent im Kanzleramt. Seit rund zehn Jahren unterhält er ein Büro im schweizerischen Zug, bei Zürich. Unzählige Handelsfirmen und Holdings aus der ganzen Welt wickeln über diesen kleinen Kanton ihre internationalen Geschäfte ab. Stocks Exportberatungsagentur fällt da kaum auf, gilt aber für internationale Waffenverkäufe als erste Adresse.
    ›Erwarte Sie mit Freuden‹, schreibt Schwanke erleichtert zurück. Ihm fällt ein Stein vom Herzen. Mit Stocks an der Seite ist jeder Deal denkbar, lächelt er hoffnungsfroh. Fast schon heiter darüber, nach dem Gespräch mit Markus einen für ihn seriösen Gesprächspartner zusätzlich an seiner Seite zu haben, schiebt Schwanke unbekümmert seine ihm dringendste Frage gleich nach: ›Iran will kaufen, Kluge Junior verhandelt. Können Sie vermitteln?‹
    ›Wann und wo trifft Kluge auf Iran-Delegation?‹
    ›Morgen Mittag.‹
    ›Wo?‹
    ›Auf dem See.‹
    ›Wir sehen uns um 20 Uhr bei Ihnen.
    Gruß Dr. Stocks‹

10
    Matthias Kluge röhrt mit seinem Porsche durch den Rebhang des nördlichen Bodenseeufers. Er fährt hochtourig, im zweiten Gang, die Karre dröhnt laut – aber im Innern des Sportwagens schwingen sanfte Töne aus einem iPod. Die Kolben des abgasgeladenen Sechszylinder-Boxermotors tanzen in fein abgestimmter Hightech-Harmonie, die Schellackplattenaufnahmen in längst überholter Monotechnik rauschen veraltet; doch Yehudi Menuhin führt seinen Bogen kunstvoll und ausgelassen über die Saiten seiner Stradivari. Er ist gerade mal zwölf Jahre alt, gibt aber sein wohl bedeutendstes Konzert. Er spielt 1929 in Berlin Bachs Violinkonzerte, es ist sein endgültiger Durchbruch. Auch Markus Kluge träumte in jungen Jahren von solch einer Karriere. Zweimal die Woche ging er in den Geigenunterricht. Seine Mutter hatte ihn gefördert, sein Vater verachtete seine musikalischen Bemühungen. »Damit verdienst du kein Geld!«
    Heute gibt Markus seinem Vater recht. Ein Menuhin wäre er nie geworden, und Geld hätte er mit seiner für ihn stümperhaften Geigerei wohl auch kaum verdient. Zumindest nicht so viel wie jetzt. In einer Stunde wird er einen Millionendeal abschließen. Er, Markus, wird seinen Vater voll ersetzen. Vielleicht gibt es ja doch einen Himmel, denkt er, von wo sein Vater ihm zuschaut.
    Er biegt zum Schloss Kirchberg ab. Im Innenhof der ehemaligen Schlossanlage stellt er seinen Wagen ab, schließt das Treppenhaus auf und nimmt in wenigen Sätzen die zwei Stockwerke zu seiner Mutter. Es ist kurz vor 15 Uhr, er klingelt an der Wohnungstür, zuerst einmal, dann mehrmals hintereinander. Endlich hört er, wie sich der Schlüssel dreht, die Tür wird einen Spalt geöffnet, seine Mutter steht im Morgenmantel vor ihm.
    Markus schiebt die Tür auf, nimmt seine Mutter kurz in den Arm und fragt sie mitfühlend: »Hattest du dich hingelegt?«
    Sie nickt, lächelt ihn an, schnürt den Bademantel enger und schaut verunsichert.
    Er streichelt ihre Oberarme, lächelt ihr aufmunternd zu, schiebt sie sanft zur Seite und geht Richtung Wohnzimmer an ihr vorbei. »Ich hatte dich doch angerufen, ich brauche den Bootsschlüssel, ich habe einen Termin auf dem See, ich treffe mich mit Papas alten Kunden, hatte ich dir doch erzählt.«
    »Auf dem See?«
    »Ja«, lacht er schelmisch, »zu heiß, du weißt doch, ich denke mit den Turbanen muss man mich nicht sehen.«
    »Pass auf dich auf!«
    »Mach dir keine Sorgen, wir haben bald unser Geld von Onkel Gunther, dann brauchst du dir keine Gedanken mehr zu machen.«
    Er geht zuversichtlich an eine Kommode zwischen Wohnzimmer und Flur, angelt sich aus der oberen Schublade den Schlüssel für das Motorboot, sieht einen Schatten im Schlafzimmer nebenan, ist irritiert und reißt die Tür auf.
    »Ich bin Joseph«, begrüßt ihn ein unbekannter Mann.
    Schon steht auch Verena neben dem Fremden. »Ach ja«, lacht sie frivol, »ich habe euch noch gar nicht vorgestellt. Das ist Markus, mein Sohn.«
    Markus schaut die beiden fassungslos an, sein Strahlen ist verschwunden. Verächtlich blickt er seiner Mutter in die Augen.
    Sie rechtfertigt sich schnell: »Hör auf! Du weißt, dein Vater ging seine Wege, ich meine. Ich kann nicht allein sein. Jetzt erst recht nicht.«
    Markus

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