Bombenbrut
Defensive-Systems nur schwer zu realisieren sei. Markus Kluge war bei seinem Vater in die Lehre gegangen. Er hat gelernt, nicht selbst zu verkaufen, sondern den Kunden kaufen zu lassen. Der potenzielle Kunde muss kaufen wollen, nur so kann man souverän den Preis bestimmen.
Das Geheimhaltungsgebot der Regierung kommt ihm da nicht ungelegen, er hat es dem Iraner nicht ohne Grund so redselig unter die Nase gerieben. Auf der einen Seite bestätigt es amtlich, dass Stengeles Teleskopauge mehr ist als nur ein Fernrohr, das ins All schauen kann, und auf der anderen Seite macht dieses Verkaufsverbot die ZAS-Patente noch wertvoller.
»Wandel durch Handel!«, lacht Mr Farhat, »das ist doch der Leitspruch der deutschen Regierung.« Mit seinem breiten Lachen gibt er Markus den Blick frei auf eine funkelnde Mauer von Goldzähnen hinter seinem ungepflegten Bart. »Junger Mann, machen Sie sich über unseren Deal mal keine zu großen Sorgen. Ihre Regierung weiß unsere Leistungen zu schätzen. Unsere Handelsbeziehungen mit allen Ländern der EU sind bestens. Wir haben eine Handelsbilanz von 15 Milliarden Euro jährlich. Ich denke, da fällt die Summe, die wir für Ihre Patente bezahlen wollen, kaum ins Gewicht«, lacht er höhnisch.
»Wir müssen uns an die Gesetze halten«, pokert Markus. So leicht will er sich nicht geschlagen geben, wenn Teheran die Patente will, muss es mit einem Aufschlag rechnen. Die Iraner benötigen zusätzlich das Know-how von Defensive-Systems, auch dafür sollen sie bluten. »Wir müssen einen für uns beide gangbaren Weg finden. Unsere Firma kann sich innenpolitisch keinen Skandal leisten. Wir müssen juristisch wasserdicht arbeiten und dabei still und leise vorgehen.«
»Ihre Regierung fürchtet sich vor der öffentlichen Meinung, vor Israel und den Amerikanern. Aber glauben Sie mir, wir haben längst unsere Handelswege und Joint-Venture-Abkommen gefunden, die Lieferungen in allen technischen Gebieten in unser Land ermöglichen, ohne öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Ihre Regierung will Arbeitsplätze sichern, wir brauchen den technischen Fortschritt, warum also nicht ein Joint Venture zur Erforschung des Alls?«
Mr Farhat zeigt sich bestens vorbereitet. Er öffnet eine Aktenmappe und zeigt Markus verschiedene Papiere. »Ich hatte das schon alles mit Ihrem Vater ausgearbeitet. Wir sollten jetzt zügig vorankommen, wir waren uns in allen wesentlichen Dingen schon einig. Lesen Sie selbst!«
Markus nimmt den Ordner an sich und blättert die Seiten durch. Er erkennt Sätze, die sein Vater geschrieben hat. Zum Teil knapp und sachlich, wo er zum Verkaufsabschluss drängt; ausführlich und ausschweifend in den Punkten zum Aufbau des Teleskops, wo er vermutlich selbst noch unsicher war.
Markus dreht sich etwas zur Seite, um in Ruhe die Offerte zu studieren, während Mr Farhat auf die Schnelle zwei Gläser Sekt kippt. Der Mann im schwarzen Anzug behält Markus im Blick, der Matrose im T-Shirt lungert gelangweilt im Kapitänsstuhl vor der Kajüte.
Dass zur Wasseroberfläche kleine Luftblasen entlang des Schiffsrumpfs aufsteigen, sieht keiner der vier Bootsinsassen. Flach atmend schwimmt ein Taucher in der Tiefe unter ihnen bis zum Bug der Jacht. Erst dort, direkt an der Bugspitze, hält er inne, schnauft durch und schwimmt dann weiter zur backbord liegenden Außenwand. Dort, wo im Mantel des Schiffsrumpfs die Tankbehälter eingebaut sind, befestigt er vorsichtig ein kleines Paket und verschwindet unbemerkt in der Tiefe des Sees.
Markus, im Inneren der Kajüte, bekommt von all dem nichts mit und nickt das Gelesene zufrieden ab, stimmt der Offerte zu, fordert jedoch die bisher freien Leerstellen mit handfesten Zahlen zu vollenden.
»Wir haben in der Herstellung des Spiegels neue Erkenntnisse gewonnen, das war nicht billig. Die zehn Millionen für die Benutzung unserer Patente haben Sie schon mit meinem Vater besprochen. Aber wir müssen den Bau des Spiegels in Ihrem Land mit unseren Technikern begleiten, anders werden Sie beim Nachbau der einzelnen Spiegelteile Probleme bekommen. Die Berechnungen, die die Grundlage der Patente bilden, mussten zum Teil korrigiert und der Praxis angepasst werden. Vor allem die Verspannungsmodule machten Schwierigkeiten, die wir nun aber im Griff haben.«
Mr Farhat hört Markus Kluge interessiert zu, lächelt gelangweilt und stürzt ein weiteres Glas Sekt in seinen Schlund.
Markus will jetzt den Vertragsabschluss, wird mutig und erhöht den Einsatz im Pott: »Wie
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