Bombenbrut
Angst scheint nicht gespielt, er mustert Markus fast liebevoll von der Seite.
»Die Explosion auf dem Motorboot könnte auch ihm gegolten haben, das kann schon sein«, stimmt ihm der fremde Gast zu. »Die Täter schrecken offenbar vor nichts zurück. Aber Matthias wurde von Profis aus dem Weg geräumt, die drei Iraner auf ihrem Boot sind ebenfalls äußerst professionell in die Luft gejagt worden. Hätten sie Markus mit ins Jenseits befördern wollen, hätten sie das sicher geschafft, oder?« Er wendet sich dem verhinderten Todeskandidaten zu. »Haben Sie wirklich nichts bemerkt?«
»Nein, ehrlich, rein gar nichts. Mir ist das Herz in die Hose gerutscht, als ich die Explosion hinter mir wahrgenommen habe. Ich verstehe auch den Sinn nicht. Wenn jemand etwas dagegen hat, dass wir an die Iraner verkaufen, warum kauft er dann nicht ganz einfach selbst?«
»Das kostet Geld«, lacht der Fremde zynisch, »ein Mord und eine Explosion sind da weitaus günstiger, sie fordern schließlich einen hohen Preis.«
»Am besten, Sie übernehmen sofort alle weiteren Verhandlungen«, schaut Schwanke Markus um Zustimmung heischend an, dann blickt er zu dem Mann aus der Schweiz. »Ich will Markus da zunächst aus der Schusslinie nehmen – peinlich, aber genau das richtige Wort«, grämt er sich über den Lapsus seiner eigenen Wortwahl.
»Sie haben recht!«, nutzt der Schweizer wieder Süßholz raspelnd seinen Part, »überlassen Sie das weitere Vorgehen mir. Ich stecke die zwei Millionen nicht einfach so in meine Tasche«, lacht er jovial, »ich tu etwas dafür. Halten Sie sich bereit, ich werde Ende der Woche nach Berlin fliegen, dort könnte ich schon einiges in Ihrem Fall klären.«
»Dann sollten wir Nägel mit Köpfen machen«, treibt Schwanke den Deal voran, »ich komme übermorgen nach Zürich, wollen wir uns im ›Baur au Lac‹ treffen? Dann könnte ich Ihnen den Betrag bar aushändigen.«
»Das wird das Beste sein. Wir sollten die Ministerien nicht zu lange eigenmächtig handeln lassen. Ein Hinweis kann die Weichen schnell in unserem Sinne stellen. Je früher, desto besser. Sie wissen, ich habe schon öfter mit Matthias Kluge zusammengearbeitet und Unternehmen wie dem Ihren in Berlin weiterhelfen können. Man muss eben manchmal den Politikern sagen, wo und wie sie den Mittelstand im Land voranbringen können. Und eine kleine Spende fördert immer das Entgegenkommen, aber wem erzähl ich das.«
»Sicher, Herr Stocks, ich weiß, dass ich mich da hundertprozentig auf Sie verlassen kann, und wichtig ist vor allem, dass dies auch unseren Geschäftspartnern in den arabischen Ländern bekannt ist.«
Leon schluckt. Plötzlich wird ihm bewusst, was er gerade gehört hat. Er wollte nur sehen, ob Markus tatsächlich bei Schwanke ist, ob ihm die Rennjacht unten am Steg gehört, doch jetzt ist er Zeuge eines Waffengeschäfts geworden, mit – wenn er es richtig verstanden hat – einer geplanten Parteispende, die ein kriminelles Geschäft legalisieren soll.
Es reicht, denkt Leon, nichts wie weg! Er stützt sich in die Hocke, will sich umdrehen und davonschleichen, prallt dabei auf einen Mann, der wie aus dem Nichts neben ihm steht. Dieser muss, um nicht umzufallen, einen Ausfallschritt machen, tritt dabei laut auf eine knarrende Holzdiele, beide erschrecken. Leon erkennt Simon neben sich, flucht leise und bedeutet seinem Kollegen, möglichst schnell von der Terrasse zu fliehen.
In diesem Moment ertönt ein Rufen: »Ist da jemand?«
Markus steht schon hinter dem geöffneten Fenster, während Leon und Simon in letzter Sekunde von der Terrasse in den Park springen. Leon platscht dabei in das Wasser, was ein unüberhörbares Klatschen zur Folge hat.
»Da ist jemand!«, hören sie Markus rufen, gleichzeitig gehen rund um die Villa mehrere Flutlichter an, sowie im Park und am Steg.
Leon und Simon laufen so schnell sie können zu ihrem Katamaran und springen auf das Trapez.
»Zieh die Fock an, ich zieh das Segel hoch!«, befiehlt Leon außer Atem.
Die drei Männer der Seevilla sind aus dem Besprechungsraum auf die Terrasse getreten. Sie suchen das Gelände ab und Schwanke ruft zum Steg: »Markus, nimm dein Boot!«
Leon und Simon sitzen auf ihrem Kat. Aber der Wind hat gedreht, er kommt jetzt aus Süden. Leon will hart anluven, doch wirkliche Fahrt schafft der Segler kaum, der Sturm scheint sich verausgabt zu haben. Nur leicht hebt sich eine Kufe des leichten Kats aus dem Wasser. Dafür hören die beiden den schweren Motor einer
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