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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Schütz
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großen digitalen Bruders aller Polizeidateien. Nach einem akustischen Signal nimmt er den Ausweis wieder in die Hand und geht damit in ein anderes Dienstzimmer. Leon lässt er ratlos zurück.
    Er sieht durch die Trennscheiben, wie der junge Zollbeamte mit einem höherrangigen Dienstkollegen spricht. Dieser zieht seine dekorierten Schultern ratlos bis über beide Ohren hoch, lacht schließlich, sagt noch etwas und winkt ab.
    Der junge Beamte kommt zu Leon zurück, drückt ihm seinen Ausweis in die Hand und grinst nun ebenfalls: »Mein Kollege meint, Sie seien eine Rarität, ich solle Sie laufen lassen: der letzte ehrliche Strauchdieb.«
    »Wenn er Sie nur überzeugt hat, dass ich kein Cannabisdieb bin, bin ich zufrieden. Auf Wiedersehen.« Leon nimmt verstimmt seine Papiere und verschwindet.
    Es ist mittlerweile nach 13 Uhr, jetzt hat er es eilig. Er will unbedingt in Singen Kommissar Sibold seine Bilder von Stocks und Schwanke zeigen, und vielleicht hat er Neuigkeiten zu der dubiosen Motorbootexplosion von seinen Kollegen aus Uttwil.
    Leon gibt endlich Gas. Er fährt vom Grenzübergang direkt in die Maggi-Stadt, biegt in das Zentrum ab und parkt frech vor dem Polizeipräsidium. ›Für Einsatzfahrzeuge der Polizei‹, liest er und denkt: Genau, im Einsatz der Polizei, das bin ich heute schon den ganzen Tag, und steigt aus.
    Er kennt den Weg zur Kripo, er hatte Sibold schon des Öfteren besucht. Er geht drei Stockwerke hinauf, einen Gang entlang und hört ein ihm altbekanntes, vertrautes Geräusch. Es ist wie Musik in seinen Ohren, so klangen einst die Akkorde auf den Gängen seiner alten Zeitungsredaktion, wenn die Kollegen in ihre mechanischen Schreibmaschinen hackten. Track, Klack, Trackklack – zwischendurch der helle Klang eines kleinen Glöckchens und sofort das kurze, aufbrausende, dumpfe Rollen eines Maschinenwagens und ein harter Aufprall am Anschlag. Neuer Zeilenanfang und wieder unaufhörlich Track, Klack, Trackklack bis zum nächsten Glöckchenschlag, mal schnell, dann wieder langsamer: Track, Klack, Trackklack.
    Leon lächelt, ihm ist sofort klar, der Musikant dieser mechanischen Melodie kann nur sein schrulliger Kommissar sein. Das digitale Zeitalter ist nicht seine Welt. Selbst das Handy scheint für ihn noch immer Teufelszeug zu sein. Je näher Leon zu Sibolds Amtsstube kommt, desto lauter wird das antiquierte Maschinengeklacker. Leon sieht die Tür zu Sibolds Büro offen stehen, schaut hinein und entdeckt den dicken Kommissar an einem alten Katzentischchen in eine gute, alte Triumph hacken.
    Leon genießt noch kurz das unzeitgemäße Klacken der Tasten, den leichten Windzug durch das alte Kommissariat und atmet versöhnlich durch. Er sieht den sonst meist mürrischen Kommissar in seine Gedanken vertieft, beobachtet ihn, wie er wild und unablässig auf die Schreibmaschine einhämmert; neben ihm liegt ein großes Taschentuch, mit dem er sich hin und wieder den Schweiß von der Stirn wischt. Manchmal hält er kurz inne, starrt auf die kahle Wand vor seinen Augen, dann tippt er wieder unverdrossen weiter.
    Leon räuspert sich, klopft an den hölzernen Türrahmen und betritt den Raum.
    Der Kommissar hört sofort auf zu tippen, schaut überrascht auf und zieht das fast voll geschriebene Blatt Papier mit einem weiteren typischen, fast vergessenen, lauten Ratschen aus der Walze. Er faltet es in seinen Händen sorgfältig, wie einen Brief, zusammen und schleicht hinter seinen Schreibtisch, als müsste er das Papier vor Leon verstecken.
    »Schreiben Sie einen Roman?«, lacht Leon freundlich und schlendert dem Kommissar hinterher. Er streckt ihm seine Hand entgegen, um ihn zu begrüßen.
    Der Kommissar fuchtelt mit dem Papier verlegen in der Luft herum, faltet es noch kleiner, steckt das Blatt schließlich in seine Tasche, dann erst reicht er auch Leon die Hand.
    Leon schaut auf das Katzentischchen zurück, an dem der Kommissar gerade saß und eifrig getippt hat. Er sieht das Fachmagazin aller Angler dort liegen: ›Rute und Rolle‹, geht zu dem Tisch, nimmt es in die Hand und reicht es dem Kommissar. »Sind Sie ein schreibender Kollege von mir, freier Mitarbeiter bei Ihrem Zunftblättchen?«
    Der Kommissar zeigt sich ungerührt, setzt sich in seine Amtspose und antwortet sachlich: »Was kann ich für Sie tun, Herr Dold?«
    Leon kennt den alten Zausel und weiß ihn zu nehmen. Er muss jetzt nur sein Gerechtigkeitsempfinden schüren, dann kommt der nach außen hin träge wirkende Kommissar schnell in

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