Bombenbrut
erwähnt, als Leon die drei belauschte.
Leon hat erreicht, was er wollte. Er zieht sich zurück. Es ist kurz vor 12 Uhr, spätestens um 15 Uhr muss er in Friedrichshafen sein. Zu den Reichen und Schönen in diesem Luxusschuppen, die sich den Rest des Tages verwöhnen lassen, gehört er leider nicht.
Er lässt sich von einem Bediensteten des Hotels seinen alten Porsche mit dem Grünzeug auf dem Beifahrersitz vorfahren, drückt dem Pagen zwei Euro in die Hand und braust davon. Er ist gut in der Zeit, es ist wieder ein heißer Sommertag, sein Hemd wird am Rücken spürbar feucht, vielleicht hat er noch kurz Zeit, vor der Dornier-Museums-Eröffnung in den See zu springen, aber er will zuvor unbedingt den Kommissar in Singen besuchen.
Nur langsam, im Stop-and-go-Verkehr, fährt Leon aus der Stadt, aber auch auf der Autobahn kommt er kaum voran. Die Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 Stundenkilometern sind für Leon nicht autobahnadäquat. Dazu an jeder Ecke die ›Tschugger‹, Polizisten mit Radarmessgeräten. Leon verzweifelt, kennt aber die hohen Strafen der Eidgenossen bei Geschwindigkeitsüberschreitungen und versucht sich krampfhaft an die 120-Grenze zu halten.
Die Ausfahrt Schaffhausen kürzt endlich sein Martyrium ab. Nur noch wenige Kilometer Schweizer Landstraße, dann steht er wieder vor dem Grenzübergang. Trotz Schengener Abkommen erinnern die Zöllner die Grenzgänger immer gern daran, dass sie eine EU-Außengrenze passieren, und quittieren das mit einem eisenharten Dienst nach Vorschrift.
Leon setzt bei den hohen Temperaturen auf eine lässige Dienstauffassung. Er sieht sich bald bestätigt, die Zöllner stehen in ihren kurzärmeligen Hemden im Schatten und winken mit einer müden Bewegung die Autos vor ihm lässig durch. Auch er will problemlos über die Grenze, gibt vorsichtig Gas, da bewegt sich plötzlich die Hand eines deutschen Zöllners. Sie bleibt in der Luft stehen und befiehlt für Leon zwar völlig überraschend, aber unmissverständlich: Stopp!
Vorschriftsmäßig tritt er sofort auf die Bremse und lässt die Scheibe herunter.
»Was haben Sie an Waren anzumelden?«, fragt der deutsche Beamte.
»Nichts«, antwortet Leon unschuldig.
»Und was haben Sie auf dem Beifahrersitz liegen?«
»Grünzeug«, Leon lächelt unsicher, »nur Grünzeug.«
»Hm«, der Beamte überlegt, »sehr ungewöhnlich, oder? Was meinen Sie?«
»Für mich nicht«, antwortet Leon aufrichtig, »ich fahre das Gestrüpp schon seit Tagen mit mir herum.«
»Fahren Sie bitte rechts ran«, folgt grob die Anweisung.
Leon flucht innerlich, gibt aber nach außen den Coolen.
»Nun steigen Sie schon aus, und öffnen Sie den Kofferraum!«
Leon stöhnt, auch das noch. Unter der Fronthaube hatte er gestern Helmas größere Äste verstaut, die kleinen im Wageninnern. Ihm bleibt nichts weiter übrig, folgsam öffnet er den Kofferraumdeckel.
Der Zöllner sieht das weitere Grün und fragt in amtlichem Tonfall: »Wo haben Sie die Ware aufgenommen?«
»Was heißt da ›Ware aufgenommen‹? Ich habe den Müll ganz einfach in der Karre verstaut, weil ich zur Deponie fahren sollte, aber bisher keine Zeit hatte.«
»Und wo haben Sie die Ware verstaut?«
»Im Wagen, das sehen Sie doch!«
»Wo kommt die Ware her?, ist meine Frage.«
»Aus dem Garten«, erwidert Leon trotzig.
»Kommen Sie mit zu meinem Vorgesetzten, da haben wir Zeit, den Vorgang in Ruhe zu klären.«
Leon schaut missmutig der ohne Kontrolle die Grenze passierenden Autoschlange nach. In der Ferne sieht er einen schwarzen Mercedes anrollen. Schnell folgt er dem Zöllner in die Grenzstation und späht hinaus. Aus den Augenwinkeln erkennt er die Karre von Schwanke, der unbehelligt über die Grenze rollt. Verdammt, der Kerl hat eben mal zwei Millionen Schmiergeld verschoben, ohne dass irgendein deutscher Beamter etwas davon mitbekommt. Und ihm, dem armen Journalisten, wollen sie nun ans Leder, wegen der dummen Äste aus Helmas Garten.
»Was ist jetzt?«, fährt ihn der junge Zöllner ungeduldig an, »ich habe zu tun, kommen Sie endlich!«
»Ich habe auch zu tun«, antwortet Leon hörbar um seine innere Ruhe bemüht, dann schaltet er schnell um und buhlt um Verständnis: »Ich bitte Sie, warum sollte ich denn die paar Äste aus der Schweiz nach Deutschland in den Schwarzwald schmuggeln? Das macht finanziell doch überhaupt keinen Sinn, oder was meinen Sie?«
Der Zöllner legt ungerührt den Ausweis von Leon auf einen Scanner und wartet geduldig auf die Daten des
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