Bombengeschäfte
Aken, den Rüstungsgegner aus Deutschland, mit großer Höflichkeit. Al-Saleh beugt sich beim Sprechen in seinem Ledersessel vor, um dem Gast näher zu sein. Für den Besuch aus Deutschland hat er sogar sein Nachmittagsgebet verschoben. Dass viele Saudi-Arabien selbst für eine nicht ganz ungefährliche Nation halten, kann er nicht verstehen. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. „Wir müssen uns verteidigen können“, sagt er. Deswegen wolle sein Land Kampfpanzer kaufen. Auf seinem Sofa, da, wo nun van Aken sitzt, hätten Vertreter von Krauss-Maffei Wegmann Platz genommen, berichtet er.
Als die Wochenzeitung
Die Zeit
im Dezember 2011 über das saudische Interesse an den Kampfpanzern berichtete, dementierte das Auswärtige Amt heftig. 167 „Es ist richtig, dass sowohl der deutsche Militärattaché in Riad als auch der saudische General Saleh bestätigt haben, dass ein Verkauf von 270 Leopard 2-Panzern an Saudi-Arabien geplant ist. Beide haben mir dies persönlich mitgeteilt“, schreibt Jan van Aken daraufhin in einer Pressemitteilung. Der Militärattaché habe ihm gegenüber zudem weitere Angaben gemacht. „Es sei bereits mindestens ein Leopard 2A6 aus Spanien in Saudi-Arabien getestet worden. Dafür hätten die Spanier zwar eine Re-Exportgenehmigung aus Deutschland gebraucht, aber sie hätten das ignoriert und den Test als ‚Wüstentraining‘ deklariert. Da die deutsche Industrie sich den Deal nicht von den Spaniern wegnehmen lassen wollte, sei sie selbst aktiv geworden und habe einen Antrag auf Export von Leopard 2-Panzern nach Saudi-Arabien an die Bundesregierung gestellt.“ 168 Das Außenministerium dementierte erneut.
Die saudische Grenztruppe nutzt deutsche Technik und deutsche Waffen (oben). Ausgebildet werden die Grenzer von deutschen Bundespolizisten. Der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken (Linkspartei, 3. v. l.) informiert sich vor Ort.
Die Firma: Heckler & Koch hat seine Zentrale in Oberndorf mit Zäunen, Kameras und Privatstraßen umgeben: Betreten für Unbefugte streng verboten.
Pfaff eckt an in Oberndorf – schuld daran ist ein großer Stein, der am Rande seines Gartens in Oberndorf steht. Aufgestellt hatte ihn Pfaffs Vater, um an die Zwangsarbeiter zu erinnern, die im Zweiten Weltkrieg in Oberndorf schuften mussten. Ärger mit Nachbarn und Bekannten bekam er – so vermutet er –, weil er dezidiert darauf hingewiesen habe, dass es auch bei Mauser zahlreiche Zwangsarbeiter gab. Der Vater weigerte sich, den Stein zu entfernen, er nahm aber den Hinweis auf Mauser ab. Sein Sohn war als junger Erwachsener aus Oberndorf weggezogen, hatte als Entwicklungshelfer in Afrika gelebt, für die evangelische Kirche gearbeitet und war als Rentner mit seiner Frau nach Oberndorf zurückgekehrt. Erst sorgten sie mit ihrem Umwelthaus für Aufsehen, dann erneut mit dem Gedenkstein. Denn Pfaff brachte den Hinweis auf Mauser wieder an. Er spricht von einer „Kollektiv-Neurose“ in der Waffenstadt, er möchte die Oberndorfer mit der Vergangenheit konfrontieren. Als Afrikakenner weiß er genau, was Waffenexporte aus Europa in Entwicklungsländern anrichten. Bei einem Besuch des damaligen Verteidigungsministers Franz-Josef Jung bei Heckler & Koch demonstrierte Pfaff vor dem Werk gegen den Krieg und den Waffenhandel.
Pfaff, ein freundlicher Mann mit grauen Haaren und schmaler Brille, steht im Sommer 2011 vor dem Stein, der direkt an einer kleinen Straßenkreuzung steht. Eine Hecke umgibt den Stein, trennt das kleine private Mahnmal von Pfaffs Garten ab. Er zeigt auf die kümmerlichen Pflanzen, die um den Stein herum wachsen. „Hier fand der erste Anschlag statt“, sagt er. Seitdem er den Hinweis auf Mauser wieder am Stein angebracht hat, gehen in seinem Garten Bäume, Sträucher und Blumen ein. Pfaff hat ein Labor mit der Untersuchung des Bodens beauftragt. Der Salzgehalt ist an einigen Stellen unnatürlich hoch. Unbekannte haben mehrfach Salz verstreut, um seine Pflanzen zu vergiften. Pfaff informierte die Polizei, auch, weil er Drohbriefe erhalten hat.
„Viele Oberndorfer ertragen es nicht, wenn Mausers dunkle Vergangenheit angesprochen wird“, sagt Pfaff. Er weiß, wovon er spricht: Sein Vater war im Zweiten Weltkrieg Angestellter der Gewehrfabrik. Als Kind hat Pfaff ganz in der Nähe eines Zwangsarbeiterlagers gewohnt. Am Neckar, in der Nähe eines Wäldchens, steht heute ein Mahnmal für die Zwangsarbeiter. Es ist ein großes Buch der Erinnerung aus Metall, auf deren Seiten über die Sklavenarbeit
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