Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall
nächsten Monaten präsent sein. Die ermitteln direkt vor unserer Haustür. Und wir sind mal wieder die dummen Provinzbullen, die handlungsunfähig daneben stehen oder stumpfsinnige Lakaientätigkeiten ausführen dürfen. Verdammt und zugenäht!«
»Komm, Wolf, mach dir doch nicht so einen Kopf. Wenn wir fest zusammenhalten, stehen wir auch das wieder gemeinsam durch. Wir spazieren jetzt zurück zu unserm Hause, trinken Espresso und -« Die junge Kommissarin brach ab und hakte ihren Vorgesetzten unter. »Und?«, wiederholte sie, während sie ihn von der Seite her anschob.
Tannenberg legte die Stirn in Falten und ließ dabei ein grunzendes Brummgeräusch verlauten, das garantiert jedes Wildschwein als arttypisch identifiziert hätte.
»Und … schauen uns gemeinsam das Sonntagsspiel unseres geliebten FCKs in Dortmund an.«
Mann, Mann, was ist denn mit dir los, du Trottel, beschimpfte ihn seine innere Stimme. Wie weit ist es bloß mit dir gekommen: Jetzt vergisst du auch schon die wichtigsten Termine!
Bis zum Spielbeginn um 17 Uhr 30 waren es noch über zwei Stunden. Die Spaziergänger hatten sich inzwischen wieder in Sabrinas Elternhaus eingefunden. Dr. Schönthaler nutzte die vermeintliche Gunst der Stunde und nötigte seinen nach wie vor mental ziemlich angeschlagenen Freund zu einer Schachpartie. Während sich die beiden Männer am Wohnzimmertisch auf ihr Spiel konzentrierten, zog sich Sabrina in ihr Arbeitszimmer zurück.
Mertel inspizierte derweil aus purer Langeweile die im Kofferraum des Taxis aufgefundene Reisetasche. Fein säuberlich breitete er den Inhalt auf einem großen Berberteppich aus, dessen farbenfrohe Webmuster ein wahrer Blickfang waren.
Tannenberg hatte sich mittlerweile einen kleinen Figurenvorteil verschafft und stand nun vor einem aussichtsreichen Endspiel. Nach einem neuerlichen Zug streifte sein zufriedener Blick die Auslage, die der Kriminaltechniker wie ein Flohmarkthändler vor sich auf dem Boden ausgebreitet hatte.
»Was sind denn das für Kassetten?«, fragte er.
»Die lagen im Handschuhfach. Eine steckte noch im Recorder.«
»Und warum hast du die mitgenommen?«
»Ich weiß auch nicht«, seufzte Mertel. »Aus Routine, nehm ich mal an.«
»Wahrscheinlich wollte Karl einfach nur mal wieder gute Musik hören und nicht immer nur diesen Radaukram, den du dir immer anhörst.« Dr. Schönthaler verzog angewidert das Gesicht: Deep Purple, Led Zeppelin – und wer noch so alles diese schreckliche Musik produziert hat.«
»Die du dir ja auch nach wie vor täglich reinziehst.«
»Kein Wunder: Das war eben die beste Rockmusik aller Zeiten.«
»Meine Worte, lieber Rainer«, entgegnete Tannenberg, der immer noch den Spurenexperten bei dessen Arbeit beobachtete.
»Übrigens: Schach, Herr Hauptkommissar.«
Entsetzt warf sein Freund den Kopf zum Schachbrett hin. Ein höllischer Schmerz fuhr ihm ins Genick. Er griff sich in den Nacken, knetete stöhnend die verkrampfte Muskulatur.
»Mach dich mal ganz lang und drück das Kinn auf die Brust.«
Dieser Tipp half, die Schmerzen reduzierten sich spürbar.
»Du Stinkstiefel hast doch gerade die Stellung verändert, als ich vom Brett weggeguckt habe«, schimpfte Tannenberg empört los. »Den Bauern hatte ich doch schon auf e 5 vorgezogen.«
»Nein, mein alter Junge, das hast du noch nicht getan. Das hast du vielleicht vorgehabt. Aber daraus wird wohl nichts. Zumindest jetzt nicht. Denn du stehst im Schach.«
Mit grimmiger Mimik analysierte der Schmerzgeplagte die neue, unerwartete Situation.
»Karl, deinem werten Herrn Kollege eröffnet sich gerade die Aussichtslosigkeit seiner Lage«, höhnte der Rechtsmediziner. »Ich denke, er könnte durchaus ein wenig Aufmunterung gebrauchen. Zum Beispiel durch gute Musik. Leg doch mal eine der Kassetten ein. Hören wir uns mal an, welchen Musikgeschmack der Taxifahrer hatte. Ich tippe mal auf die Egerländer Musikanten.«
»Ich eher auf die Wildecker Herzbuben«, grinste der Kriminaltechniker. Er begab sich zur Stereoanlage, legte eine Kassette ein und spulte sie bis zum Anfang zurück. »Wer recht hat, erhält vom anderen zehn Euro. Abgemacht?«
Nachdem der Rechtsmediziner genickt hatte, drückte Mertel die Starttaste.
»Sabrina, komm mal schnell her!«, brüllte Tannenberg plötzlich aus vollem Halse.
Sie riss die Tür des Arbeitszimmers auf, stürmte zu ihren Kollegen.
»Setz dich hin. Hör dir das an.« An den Kriminaltechniker adressiert, forderte er: »Lass noch mal von Anfang an
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