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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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der Etage.
    Ari führte den Schlüssel an die Tür heran, seine Hand zitterte, aber er fand das Schloss. Paula schlüpfte sogleich in die Wohnung.
    »Kommen Sie?«, sagte Ari zu Helena Lind, die kein Wort herausbrachte.
    Dann eben nicht, dachte Ari und schloss die Tür hinter sich. Bevor die Frau begriffen hatte, was man von ihr wollte, würde Ari in seinem Roman schreiben.
3
    Es war wie auf einem Schiff, das Treppenhaus schwankte. Zwei Meter weiter tobte ein wütender Mann. Läutete an der Wohnungstür wie ein Wahnsinniger. Helena erschrak, das Schwanken hörte auf.
    »Verpiss dich!«, rief eine Frau von innen durch die Tür.
    »Ich ruf die Polizei!«, brüllte der Mann.
    Drinnen würde höhnisch gelacht.
    »Entschuldigung, aber ... sind Sie ... vielleicht ...«, fing Helena an.
    »Und wer sind Sie?«, fragte der Mann mit glühenden Augen zurück.
    Er wartete die Antwort nicht ab, sondern hämmerte gegen die Tür.
    »Ich ...«, fing Helena wieder an, mit zitternder Stimme, bemüht um einen amtlichen Ton, »bin Helena Lind ... Sozialarbeiterin, vom Jugendamt West.«
    Zögernd streckte sie die Hand aus, sie schlotterte, als müsste sie gerade eine wütende Bestie mit einem Leckerbissen beruhigen.
    Der Mann sah sie an. Schlug noch einmal mit der Faust gegen die Tür.
    Rasch ließ Helena die Hand sinken.
    Der Mann seufzte, schüttelte den Kopf.
    »Ich bin der Vater des Kindes«, sagte er. »Pentti ... Pentti Holm.«
    »Der Vater des Kindes?«, versicherte sich Helena erleichtert. Allmählich kam etwas Vernunft in das Ganze. »Befindet sich ein Kind in der Wohnung?«
    »Ja ... vermute ich«, sagte der Mann und schlug erneut mit der Faust gegen die Tür.
    »Und befindet es sich gegen seinen Wille dort?«
    »Fragen wir es halt«, erwiderte der Mann finster und wandte sich wieder der Tür zu. »Mach auf!«
    Keine Reaktion.
    Pentti Holm sah Helena an.
    »Haben wir heute miteinander telefoniert?«, fragte er.
    »Soweit ich weiß ... nein ...«
    »Es war eine gewisse Saija ... oder Seija ...«
    »Seija Lehtinen.«
    »Ja, wahrscheinlich. Die kennt den Fall.«
    »Aha ... so ... Aber sie ist jetzt leider nicht mehr im Dienst. Morgen ...«
    »Ich will mein Kind sehen«, erklärte der Mann. »Auch ein Vater hat ein paar Rechte.«
    »Absolut«, beschwichtigte ihn Helena, wobei sie fieberhaft überlegte, was sie tun sollte. Die Polizei? Nein, der Notdienst vom ASD. Die kämen bestimmt mit einer Streife.
    »Passen Sie auf, wir machen jetzt Folgendes ...«, sagte sie, bemüht um Entschiedenheit. »Ich rufe beim Allgemeinen Sozialen Dienst an, da bekommen wir Verstärkung.«
    »Wie auch immer«, sagte Pentti Holm. »Mir egal ... Hauptsache, ich kann Mira sehen.«
    »Mira?«
    »Ja, meine Tochter.«
    »Ist das Kind da drin ein Mädchen?«
    Die Verwirrung ließ Helena erstarren. Mädchen oder Junge? Wie soll man die immer voneinander unterscheiden. Dann löste sich die Lähmung. Sie wählte die Nummer.
4
    Wieder ein Schlag gegen die Tür und Flüche hinterher.
    Das Herz pochte und der Kopf rauschte.
    Verdammt, was für eine Hölle, hämmerte es innerlich. Ein gewalttätiger Wahnsinniger vor der Tür!
    Wie kam die Frau da draußen gegen den an?
    Was würde er tun, wenn die Frau im Treppenhaus um Hilfe schrie? Ari versuchte, sein letztes bisschen Mut zusammenzukratzen, und fragte sich, ob er die Tür aufmachen sollte.
    Er drehte sich zu der anderen Frau um, die im Flur seiner Wohnung stand, die Frau, von der er nicht behaupten konnte, sie zu kennen. Paula ... Paula irgendwas. Diese Paula sah ihn nicht an, sondern schaute auf die Tür und lächelte. Sie schien über die Tür zu schmunzeln, über die Flüche und die Schläge, dann begegnete sie Aris Blick. Erwischt. Ein Hauch von Scham?
    »Danke«, sagte Paula. »Vielen, vielen Dank«, wiederholte sie, und jetzt war das Lächeln aus ihrem Gesicht verschwunden.
    »Schon gut ... aber ... ähm ... Sollten wir vielleicht ...«
    »Hauptsache, du machst die Tür nicht auf.«
    »Nein, ich dachte nur, weil da draußen auch diese Sozial-Frau steht ... Man sollte vielleicht versuchen ...«
    »Pentti ist ein Psychopath. Dem sind Sozialtussis egal, ich bin diejenige, die er schlagen will. Jetzt stellt er sich wahrscheinlich vor ... Weißt du, der bildet sich jetzt ein, dass wir ... du und ich ... dass wir was miteinander haben ...«
    »Aber wenn man vernünftig mit ihm redet ...«
    »Er hat wegen Totschlags im Knast gesessen.«
    Ari sah Paula an. Sie biss sich auf die Lippe. Oder war das ein Grinsen. Die

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