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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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kann ich auch gleich Grüße bestellen.«
    Klang ziemlich überzeugend, dachte Paula zufrieden.
    Fast hätte sie es geschafft, sich zu verabschieden. Fast hätte sie noch schöne Grüße an die Tochter aufgetragen. Fast hätte sie es geschafft, sich dem Hauseingang zuzuwenden, ihrem Zuhause, dem Schlaf.
    Da sah sie zwischen zwei Augenaufschlägen etwas. Etwas, das sie lieber nicht gesehen hätte. Aber der Mensch kann ja nicht verlangen, dass er nur sieht, was er sehen will.
    Von der Straße her kam ein Auto aufs Gelände gefahren, das sie kannte. Nur zu gut kannte.
    Pentti.
    Einmal Arschloch, immer Arschloch.
    Konnte er nicht ein einziges gottverdammtes Mal glauben, was sie ihm sagte? Auch wenn es nicht die Wahrheit war. Ihr wenigstens ein bisschen glauben.
    Fast am Ziel, fast daheim. Jetzt musste sie noch einmal umkehren. Mirja zuliebe. Nicht Pentti nach oben lassen. Das wäre das Ende. Das falsche Ende. Ende schlecht, alles schlecht. Sie brauchte mehr Zeit.
    »Hör zu«, sagte Paula, trat dichter an Ari heran und blickte abrupt zum Parkplatz. Pentti stieg aus dem Wagen.
    »Offen gestanden sitze ich in der Tinte«, fuhr Paula fort, schaute wieder zur Seite, sie musste dafür sorgen, dass Pentti sie rechtzeitig sah.
    »Ich habe Mirja gerade ins Schutzhaus gebracht. Mein Ex-Mann ist gewalttätig und ...« Wieder ein kurzer Blick. Pentti fasste sie bereits ins Auge.
    »Da kommt er ... lass uns weggehen«, sagte Paula und zog Ari am Arm. Ari blickte sich um, wurde kreidebleich.
    »Moment mal«, fing er an. »Könnte man das nicht ...«
    »Der hört nicht zu«, zischte Paula.
    Der Mann erreichte den Eingang, als sie schon an der Hausecke waren, von wo aus sich der Fußweg in die Grünanlage schlängelte. Der Mann zögerte, dann lief er Paula hinterher.
    »Paula ... Warte! Verdammt!«
    Paula ging schneller. Vor ihnen lag die weiß überzogene Rasenfläche.
    »Wo wohnst du, hast du gesagt?«, zischte Paula.
    »In den Häusern da drüben«, sagte Ari und deutete mit der Hand in die entsprechende Richtung. »Aber ...«
    Kein Aber. Paula ging noch schneller und zog Ari hinter sich her.
18
    Oh du Dreckscheiße.
    Scheißlügner der Typ.
    Mira Bella Zessi Prinzessin.
    Ich komme, warte nur.
    Zessi Mira, ich versprech’s dir.
    Och du.
    Aber der Doc kommt ... der einsame Krieger.
    Wie ging die Story noch? Die Todesstory?
    Die Finsternis ist nicht so schlimm. Wenn man von ihraus ins Licht guckt. Wenn du in die Finsternis gehst, kann es nicht mehr finsterer werden.
    So ist es jetzt hier.
    Eine Todesstory.
    Alles abfackeln.
    Alle Scheißkerle verbrennen ...

7   Der Nacht entgegen

1
    Helena Lind hatte schon früh gedacht, dass sie anderen Menschen helfen will. Das ist ihr Ding, hatte sie gedacht.
    Das erste Jahr im Jugendamt war hart gewesen.
    Zwar hatten die Praktika, die sie während des Studiums im Sozialamt einer Kleinstadt und an der Info-Stelle eines Seniorenheims absolviert hatte, auch gelegentlich irritierende Situationen mit sich gebracht, aber damals konnte sie noch denken, dass es damit irgendwann vorbei war.
    Die Arbeit im Jugendamt war richtige Arbeit, hier war kein letzter Arbeitstag nach einigen Monaten in Sicht.
    Sie half Menschen, Familien. Insofern war alles so, wie es sein sollte.
    Bloß dass die Menschen keine Hilfe wollten, nicht die Hilfe, die sie ihnen anbot. Grundkenntnisse der Lebensbeherrschung, bitte sehr.
    Was weißt du schon vom Leben, Mädchen?, wurde sie gefragt. Hast du jemals einen Kater gehabt?
    Die Kennenlernphase war vorbei. Sie traute sich nicht mehr, jedes Mal einen Rat zu holen.
     
    Der Anruf heute Morgen. Ein kleiner Junge, eingesperrt in der Wohnung eines Mannes mittleren Alters. War nackt durchs Treppenhaus gerannt. Entsetzlich. Jetzt musste sie wohl ... Müsste sie die Polizei anrufen?
    Sie schluckte ihren Stolz hinunter, klopfte an die Tür ihrer älteren Kollegin Seija Lehtinen. Seija telefonierte gerade, bedeutete ihr zu warten. Helena bereute ihren Entschluss bereits und wollte gehen, als Seija ihr Gespräch beendete.
    Helena berichtete von dem Anruf.
    »Müsste man da nicht die Polizei ...«
    »Schön langsam«, sagte Seija, wie schon zig Male zuvor. Sie riet ihr, zunächst die Identität des Mannes zu klären. Zu überprüfen, ob laut Einwohnerverzeichnis Kinder unter der genannten Adresse wohnten. Sich die Telefonnummer des Mannes zu besorgen. Ihn anzurufen.
    Helena überprüfte es: In der Wohnung war ein Kind gemeldet, allerdings ein Mädchen. Kleine Mädchen sehen manchmal wie

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