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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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Windfang, gar kein richtiger Supermarkt, bloß drei Kassen. Kleine Baustelle, dachte sie zuversichtlich, bevor ihr Herz einen Schlag aussetzte.
    Nichts war vorbereitet. In allen anderen Filialen hatte man die Regalordnung wenigstens ansatzweise korrigiert und sich schon mal provisorisch überlegt, wo die Logoschilder hinkommen sollten. Aber hier: nichts.
    Der Laden war unfassbar vollgestopft. Schwer zu glauben, dass man mit dem Einkaufswagen überhaupt durch die Gänge kam. Das Eigensortiment war garantiert um ein Vielfaches größer, als es die Vorgaben vorsahen. Ganz hinten stand etwas, das einer Bedientheke zum Verwechseln ähnlich sah. In einem Laden dieser Größe dürfte es das eigentlich nicht geben. Und die Süßigkeiten ...
    Jetzt sah sie es. Sie befanden sich in einer Wandnische, weit weg von den Kassen. Also an einer Stelle, wo sie schon nach dem fünf Jahre alten Basisplan nicht mehr sein sollten. In einer Ecke, wo man fast automatisch auf die Idee kam ... auf Gott weiß was für Ideen.
    Plötzlich stieg Zorn in ihr auf. Man hatte sie reingelegt. Sie und ihre kleine Tochter. Unter den wachsamen Augen der Kassiererinnen wäre das nie passiert. Man hatte sie in die Falle gelockt.
    An der Kasse saß ein junges Ding von vielleicht zwanzig Jahren. Zwischen den Regalen hindurch sah Paula im hinteren Ladenbereich eine Gestalt, die ihr bekannt vorkam, die Madame aus Savo, die sie vom letzten Mal noch kannte, werkelte dort herum, zusammen mit einem pickeligen Jungen. Sie sortierten Waren ins Regal, Kekspackungen. Paula tat so, als würde sie die beiden nicht bemerken, und fragte das Mädchen an der Kasse, wo sie den Marktleiter fände.
    »He, Erkki, da ist Besuch für dich«, krähte das Mädchen.
    Erkki. So heißt kein Vorgesetzter. Onkel Erkki.
    Am Ende des Gangs linste ein Mann zwischen den Regalen hindurch und kam dann nach vorne. Paula ging ihm entschlossenen Schrittes entgegen. Der Mann sah hilfloser aus, als Paula ihn in Erinnerung hatte, ein Eierkopf von fünfzig Jahren, dem jemand ein kindliches Lächeln ins Gesicht gemalt hatte.
    »Hallo«, sagte Paula. »Ich bin Paula Vaara.«
    »Ja, richtig ... Erkki ... Saari«, sagte der Mann, wobei er die Worte einzeln herauspurzeln ließ wie ein Schwachsinniger und Paula dabei überrascht ansah. Er erkannte sie, begriff jedoch nicht, warum sie hier war.
    »Ich bin die Raumoptimierungsplanerin«, sagte Paula. »Sie haben sicherlich meine E-Mail bekommen, außerdem haben wir ja auch kurz telefoniert.«
    »Ja«, sagte der Mann. »Irgendwie kann ich mich ...«
    Das Weibsstück aus Savo hatte sich inzwischen herangeschleppt und sah Paula griesgrämig an. Gleich darauf schon feindselig.
    Angriff ist die beste Verteidigung.
    »Genau genommen«, sagte Paula, »genau genommen sind wir uns früher schon einmal begegnet. Das war allerdings eine etwas peinliche Situation.«
    Die Madame grinste hörbar.
    Paula tat so, als hätte sie es nicht bemerkt. »Aber mit einer kleinen Predigt und einem Gespräch war die Sache dann erledigt. Mirja, also meine Tochter, hat ihre Lektion gelernt.«
    »Und die Mutter?«, flüsterte die Dicke aus Savo, es war so deutlich hörbar wie ihr Grinsen zuvor.
    Der Filialleiter blinzelte irritiert, versuchte das Thema schnell zu beenden.
    »Na ja, Kinder kommen manchmal auf allerhand Ideen«, stammelte er.
    »Jetzt bin ich hier, weil ...«, fing Paula an. »Sie wissen doch, warum ich hier bin?«
    Tiefe Stille.
    Paula ahnte die Anspannung hinter den starren Gesichtern. Sie brachten das Bild von der Frau und dem kleinen Mädchen im Hinterzimmer mit dem Bild von der impertinenten Person aus dem Management der Verbundgruppe, die Woche um Woche einen Termin verlangt und dann jedes Mal abgesagt hatte, zusammen.
    Jetzt hieß es, die Pokermiene zu zeigen.
    »Also gut«, sagte sie mit leicht enttäuschter, aber verständnisvoller Stimme, als spräche sie zu einem Kind. Sie erklärte, sie werde jetzt helfen, den letzten Schliff vorzunehmen. Eine Arbeit, die längst hätte getan sein müssen. Die anscheinend aber ... noch nicht ganz abgeschlossen war. Jetzt sei es höchste Zeit, sich ernsthaft ans Werk zu machen. Diesen Laden auf den Kopf zu stellen und ihm ein neues Gesicht zu geben. Haben Sie sich mit den Mustern vertraut gemacht? Nein? Zum Glück haben wir es nicht eilig. Es reicht, wenn wir bis morgen fertig sind ... War ein Scherz. Es hätte schon gestern fertig sein müssen.
    »Die Broschüren haben wir uns angeguckt. Alles viel zu bunt«, sagte die Dicke.

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