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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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fragte auch nach der kleinen Störung, die Ari in seiner Nachricht auf der Mailbox erwähnt hatte. Ari war müde, er erzählte nur eine sehr kurze Version. Joel schlug vor, dass sie sich schon um halb in der Cafeteria des Schwimmbads trafen, in der Nähe der Produktionsfirma, dann könnten sie noch einmal alles gemeinsam durchsprechen.
    »Bevor wir uns in die Höhle des Löwen begeben«, sagte Joel.
    »Mal gespannt, was sie sagen«, meinte Ari. Die Müdigkeit sorgte für Niederlagenstimmung.
    Nach dem Gespräch schob Ari das Manuskript zur Seite. Er beschloss, etwas früher als sonst aufzustehen und sichden Text am nächsten Morgen im ausgeschlafenen Zustand anzusehen. Dann ließ er sich ins Bett fallen.
     
    Ein Rascheln. War da irgendwo ein Rascheln?
    Ari horchte eine Weile unwillig, wollte den Schlaf nicht loslassen.
    Was man sich alles einbildet.
    Er suchte nach einer angenehmen Vorstellung. Katri Korhonens Erscheinung kam ihm in den Sinn. Er überging sie. Ihm fiel das Mädchen ein, in das er in der Schulzeit verliebt gewesen war, auch eine Katri. Er fantasierte sich eine Begegnung mit ihr, nicht zu erregend, sondern romantisch, ein Spaziergang auf einem Felsen, dann im Wald, Innehalten unter einem Baum, die Berührung der Hand, der Hals, die Lippen ...
     
    Ein Poltern.
    Ari schreckte hoch. Lauschte.
    Irgendwo in der Nähe knarrte es, das bildete er sich nicht ein.
    Er setzte sich ganz auf, die Dunkelheit war undurchdringlich, das Zimmer ohne Umrisse. Wieder das Knarren, ganz in der Nähe. Er tastete nach der Nachttischlampe. Hielt inmitten der Bewegung inne.
    Ein Rascheln. Es kam aus dem Wäscheschrank neben dem Bett. Die Tür schien offen zu sein.
    Ein Tier? Eine Ratte?
    Aris Hand berührte den Fußboden, dort lag ein dickes Buch. Es war die Taschenbuchbibel, in der er vor Monaten nach einem Zitat gesucht und die er dann auf dem Boden liegen gelassen hatte. Jetzt musste das Buch als Waffe herhalten.
    Ari tastete nach der Schranktür, sie stand tatsächlich offen. Seine Hand streifte etwas ... etwas Merkwürdiges.
    Er hielt inne, streckte sich zum Nachttisch, fand den Schalter und drückte ihn.
    Ari schrie vor Entsetzen auf. Er warf sich nach hinten, fuchtelte mit den Armen, die Bibel flog in hohem Bogen in die Ecke.
    Jemand stand neben ihm, unmittelbar neben ihm, direkt neben dem Bett.
    Hielt etwas in den erhobenen Händen.
    »Ich hab ...«
    Es war der Junge. Doc Kilmore. In der Hand eine erloschene Taschenlampe.
    »Ich hab in die Hose gepinkelt.«
15
    Lautlos trat sie ein. Nur auf dem Ecktisch im Wohnzimmer brannte Licht.
    Risto war schlafen gegangen. Katri fand das schade, es war doch erst ... Es war weit nach eins. Wieso hatte sich das so lange hingezogen? Den Papierkram hatte sie deutlich vor Dienstende erledigt.
    Die Leute vom Nachtdienst waren rechtzeitig gekommen, sie war ... sie war einfach geblieben, um zu quatschen. Ohne Eile hatte sie sich mit Petri und Sanna unterhalten, hatte über ihre Vorlesung gesprochen, hatte ihnen die verschiedenen Anfangsvarianten dargelegt. Dann hatte sie Sanna noch angeboten, sie im Wagen mitzunehmen, mit der Beteuerung, es sei kein großer Umweg, hatte beschlossen, in einem weiten Bogen nach Osten zu fahren und dann über den Ring an den nördlichen Stadtrand, wo sie wohnten. Sie hatte damit gerechnet, dass Risto auf sie wartete. Dass sie weiterquatschen könnte.
    Es war ihr Redebedürfnis, immer mal wieder bekam sie solche Anfälle.
    Dabei war der Dienst gar nicht besonders schwierig gewesen. Den halben Abend hatte sie am Telefon verbracht. Ein kleiner Junge, der sich in Luft aufgelöst hatte, vielleicht als Bestandteil der Fantasie eines Schriftstellers. Dann die Mutter, die mit blauem Auge aus dem Bad kam, unter Schock. Ihr Sohn inzwischen in der Stadt verschwunden. Die quälende Scham der Mutter. Was hab ich nur falsch gemacht?, hatte sie leise gefragt. Manchmal geht eben was schief, sagte Katri, ein schwacher Trost. Eine Polizeistreife kassierte den Sohn ein, fürs Erste wurden Beratungstermine vereinbart. Unterstützende Maßnahmen ins Auge gefasst.
    Katri ging in die Küche. Auf dem Tisch lag ein Zettel mit Ristos gleichmäßiger Handschrift:
     
    SCHLITTSCHUHE BEIM SCHLEIFEN.
    KÖNNEN MORGEN FRÜH ABGEHOLT WERDEN.
    PS: WAR EINKAUFEN ...
     
    Katri warf einen Blick in den Kühlschrank.
    Ein Cider stand griffbereit, eiskalt. Risto hatte ihn für sie gekauft, er wusste, was ihr nach der Arbeit schmeckte.
    Im kalten Licht des Kühlschranks. Sie schnappte sich die

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