Bonbontag
an.
»Ja?«
»Gehen wir Schlittschuh laufen?«
12
Die Mädchen glitten gekonnt übers Eis, Dreier, Walzer, Sprünge. Bewegten sich ganz selbstverständlich in diesem Element. So selbstverständlich, dass Katri flüchtigen Stolz empfinden und ihren eigenen Gedanken nachhängen konnte. Zumal am Rand der Eisbahn eine Reihe Schlittschuhschüler standen, ein, zwei Jahre jünger, und offen ihre Bewunderung zeigten.
Sprich mit dem Kind.
Sieh ihm in die Augen. Schau nicht so, als ... Schau nicht so, als würdest du versuchen, in sein Inneres zu schauen. Sieh es an, als wäre es dein eigenes Kind. Hör ihm zu ...
»Hallo!«, rief es von zwei Seiten.
Rechts und links wurde an ihren Ärmeln gezupft, Marja zog an der einen Hand, Saara an der anderen.
»Du stehst bloß rum«, beschwerte sich Marja.
»Zeig noch mal den Sprung«, verlangte Saara.
Katri zeigte ihn, geriet ins Schwanken, stürzte um ein Haar. Ich müsste mich mehr konzentrieren, tadelte sie sich. Beim nächsten Mal ging es besser. Die Mädchen probierten es aus. Katri sah auf die Uhr.
»Gehen wir einen Saft trinken?«
Sie fanden Plätze am Fenster, wo gerade jemand aufgestanden war. Die Mädchen sahen den Schlittschuhläufern zu, die in der Wintersonne übers Eis glitten, sie kicherten und quasselten.
»Ist der da zum ersten Mal auf dem Eis?«, wunderte sich Marja.
Saara lachte hell auf, zog ihre Mutter am Ärmel und deutete mit dem Finger nach draußen.
»Wir waren auch irgendwann zum ersten Mal auf dem Eis«, sagte Katri, während sie mit dem Blick das Objekt des Spottes ihrer Töchter suchte. Gleichzeitig bereute sie, dass sie das gesagt hatte, nicht den Inhalt, aber den Ton. Wenn ich diesen Stil beibehalte, macht Marja eine Woche lang die Ohren zu, dachte sie.
Jetzt sah sie, worüber die Mädchen gelacht hatten. Noch nicht einmal richtig auf dem Eis, sondern kurz vor der Gummimatte, die von der Umkleidekabine auf die Bahn führte. Vater und Sohn.
Nicht besonders sportlich ausgerüstet, in viel zu warmen Steppjacken, als wären sie direkt von der Straße aufs Eis gehüpft. Der Junge konnte nicht besonders gut Schlittschuh laufen, genau genommen überhaupt nicht. Die Schuhe knickten immer wieder um, die Knie stießen gegeneinander. Er war keine zehn Jahre alt, weshalb man das gar nicht so ungewöhnlich finden musste. Manche lernten es nicht so schnell wie die anderen im gleichen Alter. Der Vater stützte den Jungen, aber irgendwie scheu. Als wäre er einer von der zerbrechlichen Sorte. Vielleicht war er es.
Der Vater hielt den Blick nach unten gerichtet, durch Mütze und Kragen konnte man das Gesicht nicht sehen, aber die Gesten und die Art, wie er dem Jungen zuredete, sagten alles. Anspornend wäre eine viel zu schwache Umschreibung gewesen. Er war alles andere als einer von den Versuchs-jetzt-wenigstens-mal-kannst-du-denn-überhaupt-nichts-Vätern. Jeder tastende Schlittschuhschritt schien von einem Ausruf begleitet zu werden: So ist es gut, ja, genau so, super, na das klappt doch schon ganz gut. Und der Junge wirkte in keiner Weise ... wie sollte man sagen, physisch oder geistig auffällig. Für sein Alter allerdings ... War die Familie vielleicht lange in Afrika gewesen und der Junge hatte noch nie Eis gesehen? Und warum ging der Vater so schüchtern mit seinem Sohn um?
Scheidungsfamilie? Ein Vater, der sich schon entfremdet hat? Patchworkfamilie? Stiefvater?
Du bist nicht bei der Arbeit, rief sich Katri in Erinnerung.
Dann blieb der Junge stehen. Schüttelte den Kopf, sagte etwas zu seinem Vater. Sie setzten sich am Rand der Bahn auf eine Bank. Der Vater kniete sich vor dem Jungen hin. Äußerst gründlich schnürte er beide Schlittschuhe des Kleinen neu. Dann hob er den Kopf.
Jetzt sah Katri das Gesicht des Mannes.
Das durfte nicht wahr sein.
13
»Ich kann das irgendwie nicht ...«, fing Tomi an. »Mit meinen Beinen stimmt auch was nicht ... Und eigentlich ... hab ich auch irgendwie nicht so viel Lust ... Wir können ja langsam mal zurückgehen ... Papa kommt wahrscheinlich bald, und ...«
Ari beugte sich über den Jungen.
»Wir müssen nicht lange bleiben. Aber lass mich deine Schlittschuhe richtig binden.«
Er führte den Jungen zu einer Bank neben der Eisbahn, er wollte nicht in die Umkleidekabine, denn dann hätte er den Jungen sicherlich nicht mehr dazu gebracht, noch einmal aufs Eis zu gehen.
Ari kniete sich hin, öffnete die Schnürsenkel und zog sie anschließend Loch für Loch straff.
»Besser?«, fragte er und
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