Bondage (German Edition)
wirklich spiele.
Er lächelt, neigt den Kopf und erklärt sich damit einverstanden. Nur Nora schaut mich verwundert an, als Sven aufsteht und Nora gentleman-like die Hand reicht, damit auch sie aufstehen kann.
Wir gehen aus dem Zelt, und ich fange das erste Mal, seit ich Nora kenne, einen verwirrten Blick von ihr auf. Bisher hat sie sich diese „Blöße“ noch nie gegeben. Dabei ist das manchmal gar nicht so schlimm, etwas nicht oder nicht gleich zu verstehen. Sie ist Brix sehr ähnlich ... auch dem musste ich erst beibringen, dass man bestimmte Dinge im Leben gar nicht gleich verstehen muss, um mit ihnen umzugehen.
Dann besteigen wir die Kamele, die inzwischen mit jeweils einem Reitsattel und einem Packsattel für die Packkamele versehen worden und vor das Zelt geführt worden sind.
Noras ratloser Blick zeigt mir, dass sie keine Ahnung davon hat, wie man am besten aufsteigt. Während ich Lars und Sven mit einer raschen Handbewegung in den Sattel helfe und die Kamele dann mit einem Tätscheln auf die Nase aufstehen lasse, wuchtet Nora sich wie ein nasser Wäschesack auf das Kamel. Ich habe den Eindruck, als würde das Tier mich ansehen und dabei mit den Augen rollen. Eher im Vorbeigehen und ziemlich unauffällig berühre ich auch die Nase ihres Kamels, das sich ebenfalls sofort vom Boden erhebt. Nora, die sich gerade noch so im Sattel halten kann, wirft mir einen mehr als giftigen Blick zu, als ich elegant aufsteige und meinem Kamel mit leichtem Schenkeldruck zu verstehen gebe, dass es aufstehen soll.
„Okay, Nora“, lächele ich sie entwaffnend an. „Du bist die Chefin, reite voraus.“
Nora sieht mich erneut mit einem dieser Blicke an, die mich auf der Stelle töten würden, wenn dies funktionieren würde, und nimmt die beiden Lederriemen, die bei einem typisch ägyptischen Kamelgeschirr als Zügel dienen, in beide Hände. Allerdings ist ihr „Hü“ nicht wirklich von Erfolg gekrönt, und ich muss grinsen, als ich den Blick des Kamels sehe. Es würde mich nicht wundern, wenn das Kamel jetzt den Kopf auf den rechten Vorderhuf stützen und gähnen würde.
Mein erwartungsvoller Blick, mit dem ich Nora ansehe, voll offensichtlichem Vertrauen und mehr als nur scheinheilig, dürfte provozierend genug sein. Und richtig, Nora beißt sich auf die Lippen und schaut zu Boden. Klar, wenn wir beide auf dem Boden stünden, hätte das jetzt eine wütende Diskussion zur Folge gehabt, aber auf dem Rücken des Kamels traut sie sich das nicht. Natürlich könnte sie absteigen, aber die Frage, ob sie dann jemals wieder hinaufkäme, stellt Nora sich anscheinend selbst.
„Wir reden noch“, faucht sie mich an und tätschelt ihrem Kamel fast bittend den Hals, das sich daraufhin in Bewegung setzt, ganz so, als wolle es den Versuch Noras, mit ihm zu kommunizieren, honorieren.
Während wir in Richtung Berge reiten, erkläre ich Nora, Lars und Sven, wie sie mit ihrem Kamel am besten umgehen und ihr Kamel lenken. Nora tut jedoch so, als hätte sie alles bereits gewusst und ist ziemlich zickig zu mir.
Ich beschließe, die Sache auf sich beruhen zu lassen und mit ihr nicht weiter darüber zu streiten. Meine Gabe meldet mir, dass unser Weg keine größeren Gefahren birgt, dass wir gut vorankommen – und dass Brix immer noch am Leben ist, was mir neue Hoffnung gibt, dass wir noch rechtzeitig kommen.
Kapitel Dreizehn
Brix
Als ich wieder zu mir komme, bin ich zunächst etwas desorientiert. Ich liege auf dem kalten Steinboden, meine Hände greifen in feinen Sand, der mir durch die Finger rinnt, ich habe höllische Kopfschmerzen. Hölle passt ganz gut, wie mir gerade wieder einfällt. Ich bin immer noch gefangen in dieser Pyramide ... also doch kein Albtraum. Toll!
Ich setze mich mühsam auf, und mein Schädel fühlt sich so an, als würde er gleich explodieren. Ich stöhne leise und betaste vorsichtig mein Gesicht. Mit der Zunge überprüfe ich, ob noch alle Zähne an ihrem Platz sind. Zum Glück ist alles in Ordnung, ich hatte schon eine astronomische Zahnarztrechnung vor Augen. Zahnarztrechnung? – Himmel, vielleicht kann ich mir bald Gedanken um meine Beerdigungskosten machen ... oder nicht mal das. Ich kann nämlich nicht einschätzen, wie viel von mir übrig bleibt, wenn Carlos mich opfert. Vielleicht will er mich ja auch verspeisen?
‚Wie läuft das dann eigentlich mit meiner Lebensversicherung?’, schießt es mir durch den Kopf. – Richtig, dieser Gedanke ist ja auch hochwichtig momentan ...
Ein Geräusch
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