Bondage (German Edition)
alles ... oder ich bin auf dem letzten Joint hängen geblieben, den ich mit Shahin neulich auf unserer Terrasse geraucht habe ... oder vielleicht ist der Weihrauch oder nach was auch immer es hier riecht, schlecht oder so – ist mir auch egal.
Dieser Typ stellt sich jedenfalls als „Horus“ vor und erzählt mir irgendwas von „Frevel“ und „Schutz für Schwache“. Scheint ja selber ziemlich schwach zu sein, der Typ.
Ich bin müde, und wenn ich nicht so große Angst hätte, dass Carlos gleich kommt, ich würd mir ein schönes Plätzchen zum Schlafen suchen. Und genau das sag ich ihm auch.
„Ich bin müde, und wenn hier nicht alles so strange wär, würde ich jetzt einfach pennen.“
Dieser Falke lächelt mich großzügig an und bedeutet mir mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen. Wir gehen durch eine Tür, die ich vorher wohl übersehen habe, eine Treppe nach oben, wo in einem Raum eine Pritsche mit einem Stoffballen als Kissen und einer altmodischen Wolldecke steht.
„Wenn Ihr Hunger habt, zieht an dieser Schnur, edler Gast“, sagt er und deutet auf ein Seil, das von der Decke baumelt. Auf dem Tisch sehe ich einen Krug Wein mit Wasser und einen Becher, der danebensteht.
„Schlaft gut und seid willkommen“, sagt er noch, und dematerialisiert sich vor meinen Augen, löst sich einfach auf. Es ist ja nun nicht so, dass ich das nicht gewöhnt bin, meine „Engel“ haben sich ja auch früher dauernd vor meinen Augen aufgelöst oder zusammengesetzt, in der U-Bahn oder sonstwo.
Ist ja eigentlich auch egal ... ich beschließe, mich einfach schlafen zu legen und später darüber nachzudenken – nach dem Aufstehen. Ich bin nämlich wirklich verdammt müde.
Kapitel Zwanzig
Carlos
Ich verstehe nicht, was das Problem ist. Meine Organisation war einwandfrei, und Seth ist auf meiner Seite, das weiß ich einfach. Ich hab Mendelssohn abgreifen und hierher bringen lassen – und die Kette war aus Eisen und nicht aus Papier! Was ich auch nicht verstehe, ist, wie Mendelssohn sich befreien konnte. Der Ring sah aus, als wäre er durchgebissen worden, aber von ganz großen und scharfen Zähnen. So große Zähne, dass ein menschlicher Kopf nicht genügen würde, um sie in sich aufzunehmen.
Und vor allem haben wir mein kleines Geschenk an Seth doch auch gut bewacht. Ich habe Omar dafür auspeitschen lassen, und sein Blut hat den Opferkeller vorbereitet, eigentlich eine Ehre, wenn man bedenkt, dass er schuld daran ist, dass mein Geschenk geflüchtet ist.
Reingekommen ist auch niemand, das wäre mir aufgefallen, schließlich habe ich das ganze Tal magisch gesichert. Und mein zukünftiger Priester, Shahin von der traurigen Gestalt, ist in Frankfurt und zittert vor Angst, da bin ich mir auch ganz sicher.
Also müssen wir Mendelssohn suchen, weit kann er ja noch nicht sein, und ihn dann im Opferkeller einsperren, bis der Zeitpunkt gekommen ist. Eigentlich ist er viel zu früh hier, das Ritual entfaltet nämlich nur in der Nacht des Schwarzmondes seine volle Wirkung. Und diese Nacht ist in neun Tagen. Ihn vorher umzubringen nützt nichts, denn erst in acht Tagen ist eines von Seths Hochfesten, „Tag der schwarzen Katakombe“. Und wenn ich mein Geschenk genau in der Stunde darbiete, in der Seth durch die schwarzen Häuser wandelt, dann werde ich endlich, endlich die Macht erhalten, die ich brauche – und nach der ich mich so lange gesehnt habe.
Überall diese Krabbelviecher, widerlich. Ich kann nicht begreifen, warum Seth dieses Ungeziefer unter seinem Schutz hat. Fliegen, Mücken, Motten, Käfer ... als Spione sind sie ja gut zu gebrauchen. Aber irgendwann geht einem das Kroppzeug auf die Nerven. Wenigstens sind meine Männer seit Omars Tod wesentlich aufmerksamer als zuvor. Ich sags ja, es gibt nur eine wirklich gute Art zu herrschen: mit der Angst, dem Terror. Und es gibt bei mir nur zwei Strafen. Entweder du begehst ein kleines Vergehen, dann nehme ich mir deinen Körper – und strafe dich so, wie es mir gerade beliebt. Ich peitsche dich aus, bis du ohnmächtig wirst, oder aber du bekommst die Bastonade, bis deine Fußsohlen nur noch blutige Fetzen sind ... wenn ich gerade scharf bin, kann es auch sein, dass ich mir deinen Hintern vornehme. Oder aber dein Vergehen ist schwerwiegend ... dann wähle ich nach Belieben zwischen den Todesarten aus.
Omar hatte Glück, denn er war mir all die Jahre ein treuer Diener. Er durfte auf dem Altar sterben. Einen anderen hätte ich vielleicht bei lebendigem Leibe von
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