Bondage (German Edition)
als wäre das die Spitze der Pyramide. Ich versteh zwar nicht, weshalb wir jetzt hier sind, anstelle bei Seth, aber das wird sicherlich auch seinen Grund haben.
„Sonne!!!“ Lars’ erstaunter Aufschrei hat so irgendwie gar nichts mit Entkräftung zu tun, stelle ich fest. Im Gegenteil, er sieht ziemlich fit aus, als er in Richtung des Sonnenstrahls läuft, der soeben unsere bleichen Gesichter getroffen hat.
„Sven!!!“ ist das Nächste, was wir von Lars hören, und im Gegensatz zum ersten Mal klingt dieser Ruf nicht wirklich erfreut, sondern im Gegenteil angstvoll und wie in höchster Not. Hören und losrennen ist eine Bewegung, bis wir nach wenigen Schritten auf das Plateau der Pyramide kommen, das acht mal acht Meter groß gerade mal genügend Platz für uns bietet, zumal es kein Geländer oder einen sonstigen Halt gibt. Und genau am Rand dieses kleinen Plateaus steht nun Lars, der Carlos Alfaya mit einem Polizeigriff festhält, während dieser sich wie ein Berserker wehrt. Als Carlos sich zu Boden fallen lässt, reißt er Lars mit, und beide wälzen sich auf dem steinernen Untergrund hin und her, um die Oberhand über den Kampf zu gewinnen.
Während Nora in Position geht und sich zu konzentrieren beginnt, stellen Sven und ich uns hinter Carlos und versuchen, diesen von Lars herabzuziehen, was uns aber nicht gelingt. Dafür lenken wir Carlos für einen Moment ab, und Lars kann seine Position verändern, ohne es zu verhindern, dass Carlos ihn aufs Neue packt und seinen Kopf und die Schultern über den Abhang drückt. Carlos’ Hände umklammern den Hals von Lars und würgen ihn.
„Hilfe“, krächzt Lars, dessen Kopf rot anläuft.
Jetzt reicht es mir.
„Fick dich, du Schwein“, stoße ich leise hervor und trete Carlos von hinten in den Unterleib. Dessen Augen treten leicht aus den Höhlen hervor, und er lässt kurz los. Zeit genug für Lars, Carlos wegzustoßen. Dieser taumelt zur Seite, verliert das Gleichgewicht, versucht krampfhaft, in der Luft irgendwo Halt zu finden und stürzt dann mit einem heiseren Schrei vom Plateau.
Hier oben herrscht Totenstille. Sven, der Lars die Hand zum Aufstehen reicht, wagt einen kurzen Blick über den schmalen Grat nach unten und schüttelt dann den Kopf. Auch ich schaue hinab und sehe das Loch, das Carlos’ Körper bei seinem Aufschlag vor der Pyramide in den Sand gerissen hat. Von Carlos selbst keine Spur. Lars bekreuzigt sich und schüttelt den Kopf, ohne ein Wort zu sagen.
„Wir sollten Shahin holen und dann verschwinden“, schlägt Sven vor. „Und zwar auf dem schnellsten Weg. Das alles ist mir nicht geheuer hier.“
Nora nickt.
„Das ist wohl die beste Lösung, Brix. Abgesehen davon wird es wahrscheinlich sowieso schwer, den Weg nach draußen und zu unseren Kamelen zu finden.“
Wortlos falle ich Nora um den Hals, umarme danach Sven und Lars. „Schön, dass ihr überhaupt hier seid. Danke!“
Dann verlassen wir das Plateau und betreten das Innere der Pyramide, wo uns gleich die nächste Überraschung erwartet: Die Tür zum kleinen Raum, durch die wir an die Spitze der Pyramide gelangt sind, ist spurlos verschwunden. Statt dessen ein langer, wendeltreppenförmiger Gang nach unten. Ohne größeres Nachdenken machen wir uns auf den Weg, in der Hoffnung, dass wir nur auf Leute von Seth stoßen statt auf die Arbeiter und Wächter von Carlos.
Kapitel Dreiunddreißig
Carlos
Ich falle und falle, verharre nach dem ersten Schrei vor Schreck, abgerutscht zu sein, still und hoffe, dass Seth mich hält und beschützt. Überhaupt, was mache ich hier? Es kann doch nicht sein, dass mein Opfer und seine seltsamen Freunde es schaffen, mich zu besiegen. Was nicht sein darf, kann nicht sein! Da kommt bestimmt noch etwas Gutes nach.
Dann pralle ich auf den dünnen Sand und atme gurgelnd ein, weil der Aufprall mir die Luft genommen hat. Doch ich bin nicht tot, zumindest glaube ich nicht daran.
Ich rutsche durch den feinen Sand, Sandkörner dringen in meinen Mund, meine Augen, Ohren, in den Hemdkragen und eigentlich überall hin. Und Luft bekomme ich auch keine mehr, denn meine Luftröhre wird von dem Sand verstopft. Ich schnappe erneut nach Luft und rufe gurgelnd, aber so laut ich kann, nach meinem Herrn und Meister.
„Seth!!!“
Wie kann er es wagen, mich alleine zu lassen, denke ich, als der zweite Aufprall meine rechte Schulter verstaucht. Ich öffne die Augen, blinzele, weil ich nicht mit dem hellen Schein des Feuers gerechnet habe, das nur ein paar
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