Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
darauf zu vertrauen, dass du aus freien Stücken hierbleiben wirst. Darum muss ich deine überaus nachvollziehbare Bitte leider abschlägig bescheiden.«
»Was soll das heißen?«, fragte Zeke verärgert über Minnerichts gestelztes Gerede.
»Nein, soll das heißen. Du kannst keine Maske bekommen. Aber es heißt zugleich, dass du nicht auf deinem Zimmer zu bleiben brauchst. Streife herum, wo immer du möchtest. Ich weiß, wohin du gehen kannst und wohin nicht, und du glaubst mir besser, wenn ich dir sage: Innerhalb der Grenzen meines Königreichs gibt es keinen Ort, an dem ich dich nicht finden würde. Haben wir uns soweit verstanden?«
»Haben wir.« Zeke ließ sich schmollend in seinen Stuhl fallen.
»Yaozu wird … Hölle und Verdammnis, Lester, wo steckt Yaozu?«
»Das kann ich nicht sagen, Sir«, erklärte Lester, was nicht unbedingt hieß, dass er es nicht wusste – sondern vielleicht nur, dass er vor Zeke nichts sagen wollte.
»Fein. Wunderbar. Er ist unterwegs und … ach, was weiß ich. Du. Mitkommen«, sagte er zu Lester. »Und du«, sagte er zu Zeke, »fühl dich hier wie zu Hause. Erkunde die Gegend. Tu, was dir gefällt, aber ich würde empfehlen, halte dich an den Zentralbereich, hier auf dieser Ebene. Sobald ich deine Mutter gefunden habe, bringe ich sie zu dir. Ganz gleich, was du von mir denkst oder nicht denkst, lass mich dir eines versichern: Selbst wenn du es irgendwie an die Oberfläche schaffen und deine eigene Suche starten solltest, werde ich sie vor dir finden. Wenn du sie also sehen willst, sobald ich sie ausfindig gemacht habe, bleibst du besser hübsch zu Hause.«
»Hier ist nicht mein Zuhause«, gab Zeke mürrisch zurück. »Außerdem hab ich doch schon gesagt, dass wir uns verstanden haben, oder etwa nicht?«
»Gut«, sagte Minnericht. Es klang eher wie eine Floskel, mit der man einen Diener aus dem Zimmer schickt, denn wie eine Aufmunterung – und es war der Doktor, der daraufhin aus dem Speisesaal schritt und Lester regelrecht hinter sich herschleifte.
Als die beiden weg waren und Zeke den Saal für sich allein hatte, lief er ein paarmal auf und ab und blieb schließlich, ohne sich zu setzen, vor seinem Teller stehen. Er musste nachdenken, und das ging mit vollem Magen und in Bewegung besser, also nahm er das Hähnchen mit. Er knabberte daran, bis kein Stückchen Fleisch mehr an den kleinen Knochen war, und widmete sich dann den Resten auf Minnerichts Teller.
Nachdem er auch diesen leer gegessen und sich kurz gefragt hatte, wo wohl die Küche war, ließ Zeke einen gewaltigen Rülpser los und dachte über Gasmasken nach. Dr. Minnericht – er weigerte sich, ihn als seinen Vater anzusehen – musste irgendwo hier unten welche lagern. Seine eigene Maske war eindeutig eine Spezialanfertigung, die nur ihm passte, aber Zeke hatte hier unten auch noch andere Leute gesehen. Yaozu zum Beispiel und den einäugigen Schwarzen. Außerdem gab es so viele Räume, dass hier noch andere Leute wohnen mussten .
Immer wieder waren von oben Schritte zu hören, schwere Schritte, wie von Männern in Stiefeln. Manchmal trotteten sie dahin wie während eines ereignislosen Wachgangs, manchmal rannten sie in Gruppen, und wer immer diese Männer waren, sie saßen nicht hier unten fest. Sie kamen und gingen. Irgendwo mussten sie Masken haben, und wenn Zeke einen Schrank oder einen Lagerraum finden sollte, in dem welche aufbewahrt wurden, dann wäre er sich durchaus nicht zu fein dafür, eine zu stehlen.
Falls er einen finden sollte.
Aber wie sich herausstellte, konnte er auf die Schnelle weder ein geheimes Gasmaskenversteck finden noch stieß er auf andere Leute. Abgesehen von den Schritten, den kaum hörbaren Gesprächen und dem gelegentlichen Zischen und Scheppern der Dampfrohre war das Geschoss unter dem Bahnhof eine Geisterstadt.
Aber irgendjemand kümmerte sich doch um die Gästezimmer, und irgendjemand hatte dieses Abendessen gekocht und würde später zurückkommen, um das schmutzige Geschirr zu holen – so redete Zeke sich jedenfalls gut zu, während er auf den Ebenen umherwanderte, die zu betreten ihm sein Gastgeber gestattet hatte.
Nach einer Weile gelang es ihm tatsächlich, die Speisekammer ausfindig zu machen, und er erleichterte die Regale um in Wachspapier eingeschlagenen Trockenfisch, zwei prächtige rote Äpfel und eine Handvoll getrockneter Kirschen, die so süß wie Bonbons schmeckten, als er auf ihnen herumkaute. Den Urheber der frisch zubereiteten Speisen, die beim Abendessen
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