Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
gehen?
In den Tunneln waren überall Lampen verteilt, das wusste er von Rudy.
Sieh an: Schon überlegte er, wie er sich von Rudy absetzen konnte!
Zeke war selbst überrascht. Er kannte in dieser Stadt nieman den außer Rudy, war hier überhaupt nur zwei weiteren Menschen begegnet – einem Mann, den Rudy sofort umgebracht hatte, und einer Frau, die wiederum versucht hatte, Rudy umzubringen.
Wenn er es recht bedachte, dann war eine fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit, ermordet zu werden, wohl Grund genug, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Aber besser ging es ihm bei diesem Gedanken auch nicht.
Während er in Rudys Schlepptau dahinwackelte, musste er wieder an den Chinesen denken und spürte, wie sein Mageninhalt drohte, einen Fluchtversuch zu unternehmen.
Nein. Das kam gar nicht infrage. Nicht mit Maske auf. Nicht, solange er sie nicht abnehmen konnte, ohne zu sterben. Auf gar keinen Fall.
Zeke redete seinem Magen so lange gut zu, bis er Ruhe gab.
Mit krummem Rücken und hochgezogenen Schultern, den Stock waagrecht nach vorne gerichtet, hinkte Rudy voran. Aber der Stock enthielt, wie Zeke nun wusste, nur zwei Schuss. Und was waren zwei Schuss gegen ein geiferndes Rudel Fresser?
Er hatte kaum an sie gedacht, da hörte er irgendwo in der Nähe ein leises Ächzen.
Rudy erstarrte und Zeke mit ihm.
Rudy sah sich um – offenbar suchte er nach einer Fluchtmöglichkeit.
Fresser? Zeke formte das Wort mit den Lippen, aber das konnte Rudy durch die Maske natürlich nicht sehen und antwortete darum auch nicht.
Ein zweites Ächzen; es klang wie eine Frage und schien aus einem Mund zu kommen, der nicht mehr ganz vollständig war. Dann kamen Schritte, langsam und zögernd und so bedrohlich nahe, dass Zekes Furcht sich anfühlte wie ein auf seine Brust gesetzter Stiefel.
Rudy fuhr herum und packte ihn bei der Maske, zog sie dicht an die seine heran und flüsterte, so leise er konnte: »Diese Straße.« Er zeigte mit der Hand zur nächsten Kreuzung und dann nach rechts. »Ein paar Blocks weiter. Ein großer Turm – weißes Gebäude. Kletter in den ersten Stock rauf. Brich ein, wenn’s nicht anders geht.«
Rudy machte für eine volle Sekunde die Augen zu, dann öffnete er sie wieder. »Und nun lauf. Renn!«
Zeke hatte keine Ahnung, ob er überhaupt rennen konnte. Seine Brust war so eng, als hätte jemand Schiffstaue darum gewickelt, und seine Kehle fühlte sich an, als trage er einen zu eng geknoteten Schal. Er schaute in die Richtung, die Rudy ihm gezeigt hatte, und konnte kaum mehr erkennen, als dass die Straße bergab führte und ihn vermutlich noch weiter weg von dem Hügel führte, auf den er eigentlich wollte.
Eilig blätterte er in Gedanken die Karten durch, die er auswendig gelernt hatte, und sie bestätigten, dass es die falsche Richtung war – aber würde er es überhaupt schaffen, bergauf zu rennen? Wohin sollte er überhaupt fliehen, wenn nicht auf diesen Turm, den Rudy meinte?
Panik ließ seine Maske beschlagen, machte ihn blind, aber das war jetzt auch egal. Die Ächzer, Klagelaute und schlurfenden Schritte kamen näher, und es stand so gut wie fest, dass die Fresser ihn gleich hatten.
Rudy setzte sich als Erster ab. Kaputte Hüfte hin oder her, er konnte rennen – nur konnte er nicht leise rennen.
Auf seine hämmernden Schritte hin nahmen die Laute einen höheren, schärferen Ton an, und irgendwo in den Tiefen des Nebels begann sich eine Horde Untoter zusammenzurotten. Sie sammelten sich. Zur Jagd.
Mit einem lauten Keuchen wandte er sich hügelabwärts und warf einen letzten Blick über die Schulter, konnte aber nichts als die wirbelnden, ausgreifenden Nebelschwaden erkennen. Er fasste sich ein Herz und rannte los.
Die Straße unter seinen Füßen war uneben und rissig – vom Erdbeben oder einfach nur von Wind und Wetter und Fraß. Zeke stolperte, fing sich aber wieder, blieb irgendwo hängen und konnte den Sturz gerade noch mit den Händen abfangen, was ihm selbst unter den Handschuhen ein paar Schürfungen und blaue Flecken eintrug, aber er kam wieder auf die Beine und konnte weiterrennen.
Hinter sich im Nebel hörte Zeke sie kommen wie eine Flutwelle.
Er schaute nicht hin. Er konzentrierte sich voll und ganz auf die humpelnde Gestalt vor ihm, die immer noch schneller wurde, was Zeke unbegreiflich war. Vielleicht war der Alte besser an die stickigen Masken gewöhnt, oder sein Gebrechen war weit weniger schlimm, als es auf den ersten Blick aussah. Jedenfalls war er schon
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