aber, weil mir plötzlich etwas schwer auf dem Magen lag. Die E-Mail. Mit jeder Stufe, die ich hinaufstieg, klang das Gemurmel unter mir leiser und schwoll die Hysterie in mir an. War es überhaupt klug, sie nicht zu lesen? Worauf wollte Aaron hinaus? Als ich die Tür meines Büros, früher einmal die Hochzeitssuite, hinter mir zuzog, war nur das leise Summen des PCs auf meinem Schreibtisch zu hören. Was wollte er? Information konnte nicht schaden, überlegte ich, antworten oder nicht antworten war dann die nächste Frage, und die schien mir entscheidender. Ich holte die E-Mail wieder aus dem Papierkorb. Der Siegesrausch, in dem ich mich befand, die ungebremste Wirkung von drei Gläsern Armand de Brignac «Ace of Spades» – offenbar neutralisierten sie meinen Widerwillen. Ohne lange nachzudenken, öffnete ich die E-Mail.
Von: Aaron Bever (
[email protected])
Datum: Donnerstag, 17. April 2008 04 : 49
An: Joni Sigerius (
[email protected])
Betreff:
du hast dich bestimmt gewundert, als deine mutter dir erzählt hat, dass sie mich am brüsseler hauptbahnhof getroffen hat, was ein dummer zufall war, ohne es zu wissen, haben wir ab maastricht einander gegenübergesessen, erst im letzten moment haben wir uns erkannt, ich hatte sie ja so lange nicht gesehen. es geht mir gut, ich hoffe, dass sie dir auch das erzählt hat, sie selbst sah auch gut aus, mensch, so schlank, so fröhlich, so fraulich, es wunderte mich, dass sie nach brüssel fuhr, doch das war wechselseitig, denn woher sollte sie wissen, dass ich inzwischen in linkebeek wohne, wo genau, sage ich dir nicht, denn meine ruhe ist mir sehr wichtig. eigentlich ist das auch der grund, weshalb ich dir schreibe, denn wie kein zweiter weißt du, welchen knacks ich von den ereignissen im jahr 2000 davongetragen habe, du hast mir damals ganz schön geholfen, hörte ich von frau haitink, bin ich ein bisschen nett zu dir gewesen? als ich deine mutter mit deinem mann sah, konnte ich kaum glauben, dass auch du dich in brüssel niedergelassen hast, auch wieder so ein zufall, und wie das so ist, habe ich dich ein paar tage später prompt über den schulhof der efeuscHULE GEHEN SEHEN, ICH MACHTE AN DIESEM TAg ZUFÄLLIG KLASSENFOTOS, OBWOHL, WAS IST SCHON ZUFALL, WAS IST ZUFALL, JONI? UND ICH SAH DICH ÜBER DEN SCHULHOF GEHEN, HINTER EINEM KINDERWAGEN, DU WARST DORT MIT DEINEM MANN, DEmSELBEN KERL, DER DEINE MUTTER AM BAHNHOF ABGEHOlt hat mit seinem bmw, es war sehr komisch, wir sahen uns an und wussten sofort, dass wir rivalen sind, ich wünsche euch alles glück der welt. es war nicht schwer, auf den fotos deine tochter zu finden, ich entdeckte die kleine juliette sofort, 3. klasse bei frau jeanne, zweites mädchen in der ersten reihe, genau dein eigensinniger kopf, zwei blonde zöpfe und was für ein neidisch machender nachname, jalabert, juliette jalabert, das klingt tatsächlich um einiges besser als bever, vielleicht sogar besser als sigerius, doch: what’s in a name . dein reicher macker ist bestimmt lieb zu juliette. aber darum schreibe ich dir nicht, vielmehr schreibe ich dir, weil ich in den letzten tagen wieder einen rückfall hatte, ich warne dich nur, eigentlich geht es mir schlecht wie immer, ich schlafe wieder so schlecht, schatz. tineke teilte mir die schreckliche nachricht von deinem vater mit, siem sei schon seit jahren tot, behauptete sie, ich konnte es nicht wirklich glauben, ich glaube es, ich muss es glauben. ich wusste von nichts, ich wusste es nicht, wirklich nicht, ehrlich nicht, es tut mir so leid, ich könnte auf der stelle wieder in tränen ausbrechen. alles kommt wieder hoch, von allen seiten stürmt es auf mich ein, während der letzten nächte hat mich das ganze ununterbrochen heimgesucht, ich musste wieder darüber nachdenken, wie alles gekommen ist, wessen schuld es ist, die streitereien, die wir hatten, und so weiter und so weiter, und eS IST LOGISCH. MEINST DU NICHT AUCH, Dass alles mit der Feuerwerkskatastrophe angefangen hat? Die hat alles kaputtgemacht. Danach ist es verdammt schnELL GEGangen, alles zum Teufel, verdammt, verdammt, verdammt. ich wollte dich fragen, ob du mir in etwa sagen kannst, wo du wohnst und arbeitest, dann weiß ich, wo ich dir begegnen könnte und wo nicht, denn neulich bei der efeu-schule war ich komplett von der rolle, ich bin euch durch sint-jansmolenbeek gefolgt, quer durch den scheutbospark bis nach anderlecht, und da habe ich dich aus den augen verloren, bis ich dich dann in einem grünen