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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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eine große «Leidenschaft» hatte, und das war Zaubern, magic auf Englisch, und das klingt auch viel besser. Rustys halbe Kindheit hockt der Mann zwischen weißen Kaninchen und markierten Spielkarten auf dem Dachboden, kauft sich in Stunden des Müßiggangs, die er während seiner Geschäftsreisen hat, in versteckt gelegenen Läden weit außerhalb der Innenstädte Tricks zusammen. Mit zweiundfünfzig, nach einer Ballondilatation, aber ansonsten noch gut beieinander, fasst er einen Entschluss. Der Mann, der laut Rusty sein ganzes Leben lang fassungslos, nein, wutentbrannt darüber war, dass er einen Chef hatte, steigt aus dem Linoleum aus. Er leiht sich vierhunderttausend Pfund von der Bank of Ireland und wirft ein Auge auf ein kleines Theater etwas außerhalb des Zentrums von Belfast. Ein kleines, aber hochpreisiges Theater.
    «Das Showbiz steckt also in deinen Genen», sagte ich. «Wie hieß es?»
    «Wellingtons Magic Venue.»
    Ich versuchte zu lächeln, berührte mit dem Schläger sein spitzes Knie, aber er reagierte nicht.
    «Es war eine heruntergekommene Bude. Und teuer. Ich arbeitete damals gerade in der City, meine Aufgabe bestand darin, Investitionspläne zu prüfen, also setzte mein Vater sich ins Flugzeug nach London, um die ganze Sache mit mir zu besprechen. Kaufen oder mieten, fragte er – kaufen, riet ich ihm. Was konnte schon schiefgehen?»
    «Ich hab schon verstanden», sagte ich. Die vom Fußboden ausgehende Kälte kroch in mir hoch. Doch Rusty, dem es nicht schwerfiel, ausführlich zu sein, erst recht nicht bei Besprechungen, fuhr fort. Er berichtete, dass sein Vater zwei Monate lang ununterbrochen an seiner Vorstellung feilte und farbige, beidseitig bedruckte Faltblätter herstellen ließ, die er mit seiner Frau in ganz Belfast verteilte. Vier Monate nach seiner Kündigung öffnete das Theater seine Pforten. Ich wagte nicht zu fragen, wie das Ganze ausgegangen war. «Drei Jahre später saß meine Mutter auf einem Plastikgartenstuhl im leergeräumten Parkett und zitterte immer noch, obwohl die öffentliche Versteigerung längst vorbei war. Sogar die mit Samt bezogenen Klappstühle hatte man rausgerissen. Meine Eltern hatten alles versucht, aber es war kein Schwung in den Laden gekommen, jedenfalls nicht genug. Die Zauberei ist ein tricky business .»
    «Tja», sagte ich. «Und dein Vater?»
    «Tot. Herzinfarkt. Hypothekenstress. Mühlstein auf der Brust. Daher. Du verstehst?»
    Ich verstand überhaupt nichts. Selten hatte ich so ein Nonsensargument gehört, die Barracks hatten wenig mit dem Magic Venue von Rustys verstorbenem Vater zu tun, genau genommen gar nichts . Mir dämmerte allmählich, dass mein Kompagnon ein empfindsameres Naturell hatte, als von mir bisher gedacht. Unter Rustys selbstsicherer, jovialer, rebellischer Schale steckte ein weicher, sanfter und irrationaler Kern. Was er nicht wusste, nicht genau jedenfalls, war die Tatsache, dass ich schon seit Wochen dabei war, Sotomayor zu bearbeiten, dem Los Angeles Business Journal zufolge der mächtigste Immobilienbaron der Südstaaten. Ihm gehörten die L. A. Barracks, und er wollte sie liebend gern loswerden, das war allgemein bekannt. Alle wussten, dass Sotomayor die ehemalige Kaserne der Nationalgarde schon seit vier Jahren an diverse Projektentwickler zu verscherbeln versuchte, darunter sogar ein paar Ungarn. Außerdem wussten alle, dass die Barracks anfänglich zu Luxusapartments umgebaut werden sollten, später wurde daraus sozialer Wohnungsbau, anschließend eine Rehabilitationsklinik und dann ein Parkhaus – doch jedes Mal legten sich bei den öffentlichen Anhörungen Nachbarschaftskomitees quer. Das höchste Angebot, das Sotomayor je bekommen hatte, lag bei vierzehn – auch das wussten alle. Das überbieten wir, versprach ich ihm und vereinbarte mit einer seiner Mitarbeiterinnen in aller Ruhe eine erste unverbindliche Besichtigung des Backsteinmonstrums; es war phantastisch.
    «Ich verstehe dich, Rusty», sagte ich. «Aber du musst dir das Gebäude zumindest mal ansehen.»
    In der Woche nach der Squashpartie nahm ich ihn mit zu den Barracks, ein simpler Schachzug, für den wir bis jetzt keine Zeit gehabt hatten, mehr als Bauzeichnungen und Fotos hatte er nicht gesehen. In Begleitung einer anderen Assistentin Sotomayors näherten wir uns nach fast einer Stunde Fahrt quer durch Los Angeles einem Massiv, das nicht nur aussah wie eine mittelalterliche Burg, es war eine. Die 1916 erbauten Barracks ähnelten auf grimmige, wütende

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