Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
Vom Netzwerk:
anderthalb Jahre später, zuckt er bei dem Gedanken, dass Marij Star Busman über seine Eskapaden mit ihrer Adoptivtochter Bescheid weiß, weiterhin zusammen. Als er ihr ein paar Wochen nach Isabelles Mitteilung eine vorsichtig auslotende E-Mail schickte – «Mensch, Marij, du hast aber eine nette, spontane Tochter» –, da klang ihre Antwort nicht etwa moralistisch, sondern todernst: «Ich habe vollstes Vertrauen in deine Absichten, Siem, aber es gefällt mir ganz und gar nicht, dass du meiner Tochter Kummer bereitest.»
    Kummer ? Er hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Ihre Tochter machte keinen bekümmerten Eindruck, höchstens einen leicht gereizten. Seit dem, was Isabelle und er als Turkey bezeichnet hatten, ging es in ihren Telefongesprächen und E-Mails immer öfter um seine, in ihren Augen, verächtliche Fähigkeit, Ehebruch zu begehen. Vorzugsweise dann, wenn sie sich – seit Almelo spielte sich alles via Handy und E-Mails ab – auch nur im Entferntesten über Sex austauschten, simste sie ihm: Fällt dir das denn nicht schwer? Oder: Was würden deine Töchter dazu sagen? Oder: Findest du nicht auch, dass du ein schlechter Mensch bist? Obwohl es besser gewesen wäre, ihr zu erklären, dass es nicht so recht zu ihrer Rolle als Geliebter passte, ihn zu verurteilen, erging er sich in Rechtfertigungen, was wiederum sie, in seinen Augen, ins Unrecht setzte. Wenn er sie fragte, ob sie Clinton für einen schlechten Menschen halte, antwortete sie, er solle sich nicht hinter anderen verstecken. Wenn er versuchte, ihr vor Augen zu führen, was es bedeutet, zwanzig Jahre lang neben derselben Frau aufzuwachen («das ist genau so lange, wie du auf der Welt bist, Isabelle»), sagte sie: «Du hast noch nicht mal die Hälfte geschafft, Mann, was willst du also?» Sie war seine Monica Lewinsky, zu der auch noch ein kostenloser Kenneth Starr dazugepackt war.
    Und jetzt waren Monica und Kenneth also bekümmert. Anstatt sich zu fragen, was ihm selbst fehlte, verließ er mitten am arbeitstag mit vor lauter Sorge feucht gewordenen Augen den Verwaltungstrakt und rief sie an. Warum habe sie ihm nicht gesagt, dass sie Kummer habe? Und warum Kummer, mein Herz? Sie erwiderte, dass sie nicht sein Herz sei und dass er offenbar nicht begreife, was sie durchmache. Sie sei immer allein, sie schlafe allein, sie fahre allein zu ihren Eltern, gehe allein auf Partys – und währenddessen denke sie den lieben langen Tag an Siem Sigerius.
    «Und was ist mit mir?», sagte er. «Ich denke auch die ganze Zeit an dich, Isa. Und zwar was? Dass du frei bist und dass ich nicht weglaufe. Du gehst in diesen Frisörsalon, du hängst dreimal die Woche bis vier Uhr morgens in irgendwelchen Kneipen rum und hast ein blind date nach dem anderen.» Das stimmte, sie berichtete ihm detailliert von den Verbindungsstudenten, die sie alle naslang zu Galas und Partys überall in den Niederlanden begleiteten.
    «Siem», seufzte sie, «das sind picklige Idioten.»
    «Aber du schläfst mit ihnen. Diese Idioten haben Sex mit dir. Sie schon.»
    Tuuuuut .
    Er seufzte tief, überquerte den nassen Asphalt des Hauptwegs und rief sie zurück. «Aber das stimmt doch?»
    «Ja, was dagegen? Du schläfst jede Nacht mit deiner Frau.»
    «Und doch bin ich sehr froh. Über uns! Komm, Isa, benimm dich doch mal wie eine Erwachsene. Wann sehen wir uns? Das Appel wartet.»
    «Du bist so was von feige.»
    «Feige? Ich sehne mich nach dir. Wir können tun und lassen, was wir wollen!» Einen Arm weit ausgestreckt, stand er wie ein telefonierender Shakespeare-Darsteller auf dem Hauptweg zum Vrijhof, dem Kulturzentrum. Es war kalt, er presste die halbherzigen Tränen aus seinen Augen und versuchte, seinen Blick auf die kahlen Äste der Eichen und Ulmen zu fokussieren. «Wenn du es nur für dich behältst.»
    Sie taute nicht auf, sie explodierte. Sie explodierte, wie die Feuerwerksfabrik S. E. Fireworks ein Jahr später explodieren sollte. Genau das mache sie immer so wütend, schrie sie. Ob er es denn wirklich nicht begreife? Sie sei keine für nebenbei . Diese Heimlichtuerei widere sie an, es widere sie an, dass er sie gebeten habe, ihren Eltern nichts zu sagen. «Feigling», empörte sie sich, «verbiete mir niemals wieder, ehrlich zu den Menschen zu sein, die mir das Leben gerettet haben.»
    «Liebe Isa, hör mir mal zu …»
    «Ich hör dir überhaupt nicht zu, ich blättere in unserer Hausbibel, ich weiß genau, was für ein manipulativer Kerl du bist, dieses Buch lügt nie.

Weitere Kostenlose Bücher