Bony und der Bumerang
vor Festnahme des Täters mit Sergeant Knowles in Verbindung zu setzen. Er hat Anweisung, Ihre Instruktionen auszuführen ...‹
Der Brief war vom Polizeipräsidenten von Sydney unterzeichnet, und über Bonys Gesicht huschte ein zufriedenes Lächeln. Der dritte Brief kam aus Altunga Creek in Queensland.
›Lieber alter Bony,
ich glaubte schon, Sie seien längst gestorben. Erst kürzlich sprach ich mit Tommy Ching-Lung über Sie. Nun treffen plötzlich Ihre Zeilen ein.
Lieber Bony, wann kommen Sie wieder in unsere Gegend? Die Kinder, denen Sie damals Märchen erzählt haben, sind inzwischen groß geworden und interessieren sich nur noch für Rinderzucht, Alligatorenjagd und die leichteste Art, viel Geld zu verdienen.
Doch nun zu Ihrer Anfrage. Sie wollen wissen, ob ich jemals einem finsteren, dürren Gentleman begegnet bin, der einen Walroßbart hat und auf den Namen William Clair hört. Zunächst konnte ich mir unter ›Walroßbart‹ nichts vorstellen, und ein Lexikon war in der ganzen Gegend nicht aufzutreiben. Doch dann kam mir der Zufall zu Hilfe. Zwei Zoologen baten mich um Nachtquartier, weil sie wegen der Alligatoren nicht im Freien zelten wollten. Diese Männer erklärten mir, wie ein Walroßbart aussieht. Jetzt konnte ich mich sofort an Ihren William Clair erinnern. Bei dem Namen scheinen Sie sich allerdings geirrt zu haben. Ich erinnere mich deshalb so gut an den Mann, weil bei uns nur selten ein Tramp auftaucht. Kurz: Der Mann hieß William Sinclair und lebte neun Monate bei den Schwarzen draußen am Smokey Lagoon.
Ich komme gerade von Häuptling Wombra zurück. Er sieht jünger aus als je, wirkte aber etwas bedrückt, weil die Polizei nicht damit einverstanden ist, daß er seine zweitbeste Gin verprügelt. Wombra erinnert sich gut an Sinclair. Er sagte mir, Sinclair sei zum Ehrenhäuptling des Stammes ernannt worden, weil er Wombra einmal auf einem Baum entdeckt hat, wo der Häuptling von einem wilden Büffel belagert wurde. Es heißt, daß Sinclair hinter einem gewissen König Henry her war – einem Eingeborenen aus New South Wales, der Großmeister eines Geheimbundes der Schwarzen war. Wombra wollte mir nichts weiter über diesen Geheimbund sagen, aber damit dürfte erklärt sein, weshalb sich König Henry auch unter den hiesigen Eingeborenen ungehindert bewegen konnte. Normalerweise würde ja ein Eingeborener eines fremden Stammes bald einen Speer im Rükken haben.
Doch ich schweife ab. Dieser Sinclair wurde also ein enger Freund von Wombra und lernte eine Menge Eingeborenentricks. Ich fragte Wombra speziell nach dem Bumerang, und er erzählte mir, daß Sinclair mit dem Kirras genausogut umgehen könne wie einer aus ihrem Stamm. Am Tag, bevor Sinclair weiterzog, gewann er sogar einen Wettkampf, und Wombra überreichte ihm als Andenken seinen besten Bumerang. Das war's dann wohl. Soviel ich in Erfahrung bringen konnte, war Sinclair seitdem nicht mehr hier. Was hat er eigentlich ausgefressen? Hat er etwa das Finanzamt angezündet? Dann sollten Sie ihn laufenlassen, Bony. Der Mann hätte einen Orden verdient! Leben Sie wohl. Meine Frau und die Kinder würden sich freuen, wenn Sie uns wieder einmal besuchen würden. In alter Freundschaft
Edward Sawer‹
Bony las den Brief noch einmal sorgfältig durch, und als er ihn schließlich in den Umschlag zurückschob, strahlte er über das ganze Gesicht.
William Clair alias Sinclair hatte also neun Monate unter Eingeborenen gelebt, und der Gipsabguß Nummer 3 war von seinen Stiefeln gemacht worden – genügend Beweise, um die Verhaftung des Mannes zu veranlassen.
Allerdings hatte Bony damit noch nicht den Beweis erbracht, daß Clair auch tatsächlich König Henry getötet hatte. Der Inspektor zweifelte zwar nicht daran, doch zunächst mußte er das Motiv herausfinden. Und solange Bony nicht wußte, weshalb Clair fast zwanzig Jahre lang König Henry verfolgt hatte, waren seine Ermittlungen auf Barrakee auch noch nicht abgeschlossen.
An diesem Abend schrieb der Inspektor einen Brief, den Frank Dugdale am nächsten Tag aufgeben sollte. Dieser Brief setzte den Polizeiapparat in Bewegung. Clair aber lebte einsam am Staubecken und hatte keine Ahnung, was sich hinter seinem Rücken zusammenbraute.
Am nächsten Morgen wurde auf Barrakee sehr zeitig gefrühstückt, denn die Landverteilungskommission trat pünktlich um halb elf in Wilcannia zusammen, und das Buschstädtchen lag fünfundsiebzig Meilen flußaufwärts. Drei Autos standen vor dem Gartentor, und es
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