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BookLess.Wörter durchfluten die Zeit (BookLessSaga Teil 1)

BookLess.Wörter durchfluten die Zeit (BookLessSaga Teil 1)

Titel: BookLess.Wörter durchfluten die Zeit (BookLessSaga Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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fiele.
    Seite um Seiten blätterte sie um, eine nach der anderen – immer schneller. Was sie sah, musste ein Irrtum sein, sicherlich war jemandem ein Fehler unterlaufen. Das Buch, das sie in den Händen hielt, war vollkommen leer. Keine der Seiten enthielt auch nur einen Buchstaben. Vergilbt und von hellbraunen Schlieren durchzogen lagen sie zwischen den Deckeln. Hier fehlten die wundervollen Worte, die Tennyson einst geschrieben und mit denen er sich unsterblich gemacht hatte. Viele der Seiten wirkten zerfressen. Erst bei näherer Betrachtung erkannte Lucy, dass auch der Einband unter ihren Fingern zu zerbröseln schien.
    Der Schmerz kam so plötzlich, dass Lucy zusammensackte. In heißen Wellen flutete er über sie hinweg. Sie schnappte verzweifelt nach Luft, kauerte zusammengekrümmt auf dem Boden und versuchte zu lokalisieren, woher der Schmerz kam. Nur langsam begriff sie: Der Schmerz kam aus dem Buch, das sie in den Händen hielt. Es sehnte sich nach den verlorenen Wörtern, die es nicht zu schützen vermocht hatte. Es fühlte sich an, als kämpfte es um sein Leben. Es hatte seinen Inhalt und seinen Sinn verloren und schrie seine Trauer nun hinaus. Lucy spürte die Tränen, die in ihre Augen stiegen. Der Schmerz verebbte nur langsam. Es schien ein letztes Aufbäumen gegen eine unvermeidliche Tatsache zu sein. Mechanisch schlug sie das Buch zu und legte es zurück in den Karton. Ein letztes Mal strich sie zärtlich über den Einband. Sie legte den Deckel auf und schob den Karton an die richtige Stelle zurück. Benommen machte sie sich auf den Rückweg.
    Lucy hoffte, dass Miss Olive mittlerweile zurückgekommen war, wo immer sie auch gewesen sein mochte. Sie musste sie fragen, was es mit dem Buch auf sich hatte. Weshalb ein leeres Buch in dem Karton aufbewahrt wurde. Gedankenverloren zog sie ihren Pullover über das Mal. Es hatte wieder seine gewohnte Farbe angenommen und verhielt sich still.
    Es dauerte eine Weile, bis Lucy zurückfand. In dem Büro saß nun eine ältere Dame am Schreibtisch – Miss Olive.
    Sie war sehr klein und zart. Es war schwer vorstellbar, dass diese schmächtige Frau täglich mit Bücherstapeln hantierte. Sie sah nicht auf, als Lucy sich dem kleinen Büro näherte. Dabei hätte sie ihre Schritte hören müssen.
    Zaghaft klopfte Lucy an den Rahmen der offenen Tür.
    »Da bist du ja. Mr. Barnes hat mir schon heute Morgen angekündigt, dass er dich zu mir schicken würde«, sagte Miss Olive mit klarer Stimme, aber ohne den Kopf zu heben. »Hast du etwas Interessantes entdeckt?«
    Lucy nickte, bevor ihr bewusst wurde, dass Miss Olive das nicht sehen konnte. Sie räusperte sich und sagte dann leise: »Ich habe etwas sehr Merkwürdiges entdeckt.«
    »Nicht viele Studenten trauen es sich, hier allein herumzustreifen, und schon gar nicht, in die Regionen vorzudringen, in denen du offenbar unterwegs warst.« Endlich hob sie den Kopf und musterte Lucy. Dabei entgingen ihr ganz offensichtlich die vielen Staubflecken auf ihrer Kleidung nicht. Lucy folgte ihrem Blick und begann sich verlegen, die Hose abzuklopfen. Viel brachte es nicht.
    »Sie gruseln sich, weißt du.« Dabei lachte Miss Olive und schüttelte ihren Kopf. »Du bist mutiger. Das dachte ich mir. Ich habe Mr. Barnes vorgeschlagen, dass er dich zu mir schickt.«
    Lucy sah sie verwundert an. »Aber wieso?«, stammelte sie.
    Miss Olive stand auf und schlängelte sich zwischen den Bücherstapeln hindurch. Selbst wenn man den altmodischen Dutt, zu dem sie ihre grauen Haare hochgesteckt hatte, dazurechnete, reichte sie Lucy gerade einmal bis zu den Schultern und Lucy war selbst nicht sonderlich groß. Aber ein Blick in ihre klaren, blauen Augen genügte, um zu wissen, dass ihre Stärke in ihrem Wesen und nicht in ihrer Körperkraft lag.
    »Du hast etwas an dir, das die Bücher mögen. Ich habe es gleich gewusst, als du oben angefangen hast«, antwortete sie rätselhaft. »Also, was genau hast du entdeckt?«, fragte sie und rieb sich die kleinen, faltigen Hände.
    Lucy wollte ihr von dem leeren Buch erzählen. Doch in dem Moment, in dem sie ansetzte, wusste sie nicht mehr, ob ihr ihre Fantasie nicht einen Streich gespielt hatte. Die Bücher hatten sie nicht wirklich mit ihrem Wispern zu dem Karton locken können und ihr Mal konnte sich nicht tatsächlich verfärben. Sie musste sich das eingebildet haben, eine andere Erklärung gab es nicht.
    »Nun, was ist?«, forderte Miss Olive sie auf. »Sag schon.«
    »Es ist Tennyson«, stotterte Lucy,

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