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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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nicht?«
    Der Kapitän gab keine Antwort. Dann sagte er in sanfterem Ton, als
dächte er laut vor sich hin: »Aber was, wenn sich die Maschinen feindlich
gegenüberstehen?« Dabei musterte er Orphan durchdringend, um schließlich den
Blick auf seinen Daumen zu richten – den Daumen, den der Binder ihm …
abgeschnitten hatte.
    Â»Das ist doch unwichtig«, meinte Verne. »Natürlich bestand immer die
Möglichkeit, dass Sie scheitern«, fuhr er, an Orphan gewandt, fort. »Aber Sie
sind ja nicht gescheitert. Alles ist gut verlaufen, und wir sind wieder
beisammen.«
    Â»Stimmt«, sagte Orphan, »das sind wir.«
    Es war Dakkar selbst, der den Piraten das Funksignal geschickt
hatte. Der Überfall war arrangiert worden. Orphan hatte Aramis zu Unrecht
verdächtigt. Er dachte an all die Menschen, die umgebracht worden waren, nur
damit er zum Schluss … versagte. Das machte ihn wütend – zugleich war er jedoch
froh, noch am Leben zu sein. Und Verne hatte ihn letztlich gerettet.
    Auf der Rückreise waren sie alle angespannt gewesen und hatten nicht
viel miteinander geredet. Orphan überlegte, was er tun sollte. Den Bookman zur
Strecke bringen, dachte er. Und Lucy? Würde sie sein Verhalten verstehen?
Sicher wusste der Bookman bereits, dass Orphan versagt hatte. Was würde er
jetzt unternehmen?
    Verne wollte alles über die Insel wissen. Orphans Floß faszinierte
ihn. Er arbeite bereits an einem neuen Roman, sagte er, ohne sich näher darüber
auszulassen. Etwas mit einem Riesentintenfisch, wie Orphan seinen Andeutungen
entnahm.
    Verne und Dakkar hatten keine weiteren Instruktionen vom Bookman
bekommen. Verne zufolge hatte die letzte Anweisung gelautet, Orphan zu finden
und nach Hause zurückzukehren. Verne wirkte müde, Dakkar verärgert. Offenbar
hatte er, sobald er seine Passagiere losgeworden war, die Absicht, nach Indien
zurückzukehren. Wo sich eine Revolution anbahne, behauptete der Kapitän.
    Ãœberall lagen Veränderungen in der Luft.
    Das zeigte sich auch in der Nacht, in der Orphan in die Stadt
zurückkam. Dicker, stickiger Nebel waberte über dem verlassenen Kai von
Limehouse. Trotzdem sog Orphan, als er zum ersten Mal seit Langem wieder festen
Boden unter den Füßen spürte, die Luft ein, als verkostete er einen guten,
teuren Wein.
    Die Stadt roch nach tausend unterschiedlichen Dingen – nach Unrat
und Rauch, Teer und Öl, Pfeifentabak und blumigem Parfüm. Und ganz schwach nahm
er auch den unverkennbaren muffigen Geruch alter Bücher wahr. Überdies hallte
die Stadt von tausend unterschiedlichen Geräuschen wider, die vom traurigen
Gesang der Wale, die sich an der Waterloo Bridge versammelt hatten, bis zu den
kratzigen Tönen einer Edison-Platte reichten, die ein Lied abspielte, ein Lied
mit einer zündenden Melodie. Und der Text … Überrascht erkannte Orphan die
Worte eines Gedichts von Shelley wieder, die da an sein Ohr drangen:
    Â»Wie Sturm und Feuer, so braust er herauf, die Erde bebt, der Berg
tut sich auf; eine dunkle Gestalt, die Schrecken bringt, gewandet in Purpur,
von Sternen umringt.«
    Â»Wie Sturm und Feuer, so braust er herauf!«, wiederholte der Sänger.
Das Lied erschallte über die Werft und wühlte Orphan derart auf, dass sich sein
Herzschlag beschleunigte. Es war, als riefe man ihn zu den Waffen. »Des Stolzen
Schritt zu hemmen, ein Zepter, fahl gülden, hält mit nerviger Hand er über
Wolkengebilden«, sang der unbekannte Sänger weiter, indem er Pantheas Worte im
Gespräch mit Prometheus wiedergab, der gegen die Götter rebelliert hatte.
»Grausam von Antlitz, doch stark und gelassen, wie einer, der Unrecht tut, ohne
sich’s gefallen zu lassen!«
    Â»Ohne sich’s gefallen zu lassen!«
    Fast hörte sich die Stimme wie die von Jack an – Jack, der seine
revolutionäre Leidenschaft hinausschrie. Dann verklang das Lied, ohne dass er
wusste, woher es gekommen war. Doch er sollte es noch anderswo hören, sollte es
überall in der Stadt vernehmen, als wäre es ein musikalisches Band zwischen den
Einwohnern, den Untertanen der Echsenkönigin Viktoria, in deren Reich die Sonne
nie unterging, und feuerte sie zu rebellischen Taten an.
    Â»Seien Sie vorsichtig, mein Freund«, riet ihm Verne, als sie sich
voneinander verabschiedeten.
    Orphan schüttelte dem fetten Schriftsteller die Hand und erwiderte
Dakkars Gruß, der

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