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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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durfte Bescheid wissen. Sonst wären wir alle in Gefahr
gewesen.«
    Â»Was hat er denn getrieben?«, fragte Orphan. »Und warum hat er mich
betäubt?«, fügte er verdrossen hinzu.
    Irene lächelte. »Das war nur zu Ihrem Besten. Hier waren Sie wenigstens
sicher, auf den Straßen nicht. Ich bin so schnell wie möglich gekommen.«
    Â»Aber ich wollte zu Tom, der gleich um die Ecke wohnt«, sagte
Orphan.
    Â»Ihr Freund Tom Thumb?«, erwiderte Irene. »Der ist verschwunden.
Hier hat sich viel verändert, Orphan, zu viel. Das Nell Gwynne ist jetzt ein
Treff für Echsenboys. Die hätten Sie sofort umgebracht.«
    Â»Was ist geschehen?«, fragte Orphan, dem äußerst flau zumute war.
»Und wo ist Tom?«
    Irene zuckte die Achseln. »Abgetaucht. Hat sich wahrscheinlich der
Glorreichen Revolution angeschlossen. Vielleicht war er aber auch klug genug,
nach Vespuccia zurückzukehren.« Sie griff in ihre Tasche und holte einen
Schlüsselbund hervor. »Sie müssen von hier weg. Ihr Freund auch. Man hat mir
mitgeteilt, dass er ebenfalls hier ist.«
    Â»Wer hat Ihnen das mitgeteilt?«, fragte er in ungewollt scharfem
Ton. Irene sah ihn kurz an, gab aber keine Antwort. Stattdessen schloss sie
seine Zellentür auf, um sich danach der zweiten Zelle zuzuwenden. Sein
Doppelgänger stand auf und sah sie verschlafen an. Erneut fiel Orphan auf, wie
unwohl er wirkte. In seinen Augen stand ein gehetzter Ausdruck. »Es spricht mit
mir«, sagte er. »Es will, dass ich …« Er verstummte.
    Â»Orphan?«, sagte Irene Adler.
    Â»Ja?«, erwiderten beide im Chor.
    Irene blickte verwirrt drein. »Wer von Ihnen …«, setzte sie an, ließ
den Satz jedoch unvollendet.
    Orphan ergriff als Erster das Wort. Der andere starrte lediglich auf
seine Füße. »Das ist William«, sagte Orphan.
    Â»William.«
    Â»Ja.«
    Der andere hob den Kopf und sah Orphan an. Einen Moment lang schien
es fast, als lächelte er. »William«, sagte er. »Ja …«
    Â»Ich verstehe nicht …«, sagte Irene.
    Orphan zuckte die Achseln. »Ich auch nicht.«
    Nachdem Irene die beiden eine Weile angestarrt hatte, schüttelte sie
den Kopf. »Das hat Zeit«, stellte sie fest. »Wir müssen gehen. Kommt!«
    Sie folgten Irene, die sie, statt die Treppe zu benutzen, zu einer
Tür am Ende des Gangs brachte. Sie schloss auf und führte sie in einen
weiteren, wesentlich schmaleren Gang. »Die meisten Polizisten des Reviers sind
unterwegs«, erklärte sie. »Draußen herrscht nämlich ein gewaltiges Chaos.
Trotzdem wäre es mir unangenehm, hier jemandem in die Arme zu laufen.«
    Was sie in der Tat vermieden. Sie verließen das Polizeirevier über
eine Hintertür und traten in die Agar Street hinaus. »Wo wollen wir hin?«
    Â»Es ist nicht weit.«
    Draußen dunkelte es bereits. Aus der Ferne waren ab und zu Schüsse
zu hören, die die unheimliche Stille zerrissen. »Was ist geschehen?«, fragte
Orphan noch einmal. War das alles seine Schuld?
    Â»Eine Revolution«, gab Irene kurz angebunden zurück.
    Â»Und wer revoltiert?«, fragte Orphan.
    Irene zuckte die Achseln. »Wer weiß! Zurzeit gibt es zahlreiche
Parteien, die sich alle gegenseitig bekämpfen. Zum Beispiel die Partei Ihrer
Freundin Mrs. Beeton. Sherlocks Bruder hat wie immer eine Einmannpartei
gebildet. Dann gibt es noch die Echsenjungs und etliche andere. Und es heißt,
Moriarty sei verwundet. Die Regierung ist schwach …«
    Moriarty war also nicht tot. Darüber war Orphan froh. »Und zu
welcher Partei gehören Sie?«, fragte er.
    Irene schüttelte den Kopf. »Ich stehe auf der Seite von Recht und
Ordnung.«
    Von der Agar Street gelangten sie zum Strand, wo sie auf zahlreiche
Menschen stießen. Orphan geriet kurz in Panik. An solche Massen war er nicht
mehr gewöhnt.
    Offenbar war eine Demonstration im Gange. Orphan sah Fahnen, die
einen gekrönten Menschenkönig ohne Gesicht zeigten. Gleichzeitig fand eine
Gegendemonstration statt, mit Fahnen, die das Wappen der Echsen trugen.
    Â»Schnell!«, sagte Irene. »Wenn wir zwischen die geraten, sitzen wir
in der Tinte.«
    Passanten rannten mit gesenktem Kopf die Straße entlang. Hier und da
waren uniformierte Polizisten zu sehen, desgleichen einige Polizeiroboter, die
aber völlig verloren wirkten – wie Inselchen in einem

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