Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
flüsterte.
»Der ermittelnde Agent in diesem Fall war Harrison Thorne, mein ehemaliger Partner.«
Wellington legte den Kopf schief. » Ehemaliger Partner?« Er dachte einen Moment lang darüber nach, bevor er fragte: »Sie meinen, Sie haben ihn in die Luft gesprengt?«
»Eigentlich nicht, nein«, antwortete sie und ließ die Stichelei an sich abprallen. »Harry ist einstweilen in einer Klinik untergebracht – im Bedlam.«
»Sie haben ihn in den Wahnsinn getrieben?«, fragte Wellington. »Warum überrascht mich das nicht, Miss Braun?«
Wieder fixierte sie ihn mit diesem bedrohlichen Blick. »Sie gehen auf sehr dünnem Eis, Books.«
Er trat einen Schritt zurück und legte seine Akten auf den Tisch.
»Er hat in diesem Fall auf eigene Faust ermittelt. Dr. Sound hatte uns im März davon abgezogen. Also, im März 1893.« Sie schloss die Berichtsmappe und deutete auf die Ecke hinter Wellington. »Seien Sie ein braver Kerl, und holen Sie uns eine leere Kiste von dahinten.«
Wellington zog eine Augenbraue hoch, durchquerte jedoch den Raum, um den Ersatz zu beschaffen. Als er an den Tisch zurückkehrte, fuhr Braun fort. »Wir hatten die Spur einfach verloren. Na ja, er. Ich war ganz neu im Ministerium, und er beschäftigte sich mit diesem Fall schon eine ganze Weile. Anfangs noch mit seinem vorigen Partner – Arlington hieß er, glaube ich. Immer wieder verschwanden irgendwelche Fabrikarbeiter, allerdings nur für eine gewisse Zeit, um schließlich … auf die abscheulichste Art und Weise wieder aufzutauchen.«
»Wie kommt es, dass ich nichts von diesem Fall gehört habe?«
»Weil der Fall von drei Teams gleichzeitig untersucht wurde. Drei verschiedene Fabriken. Drei grässliche Vorgehensweisen. Agent Thorne war überzeugt, dass zwischen den Mordfällen eine Verbindung bestand, also fügte er die Fallnotizen zusammen. Und dann wurde ich als Ersatz für Arlington eingeteilt – nach dem, was Thorne mir erzählt hat, hatte Arlington es einfach nicht länger ertragen können.
In einer der drei Fabriken verschwanden nach und nach Arbeiter, und Wochen später wurden sie tot aufgefunden, gänzlich ausgeblutet. Aus einer anderen verschwanden ebenfalls Leute, und als man ihre Leichen entdeckte, fehlten die Knochen. Und die Vermissten aus der dritten Fabrik waren gehäutet worden. Wie erlegtes Wild.«
»Oh.« Wellington schluckte ob dieser grauenvollen Geschichte und konzentrierte sich darauf, seine blühende Fantasie in Schach zu halten und nicht an sein morgendliches Frühstück zu denken.
»Einige Wochen nach meinem Arbeitsbeginn bestand Dr. Sound darauf, dass wir den Fall aufgeben. Offiziell hat Thorne zugestimmt. Inoffiziell blieb er am Ball.«
»Ich verstehe«, erwiderte Wellington leise. »Er hat jedoch keine weiteren Fortschritte erzielt, nicht wahr?«
»Er fand nur wenige Spuren«, antwortete Braun und betrachtete den Anhänger in ihrer Hand, »die sich aber allesamt einfach … im Nirgendwo verloren. Als habe die Person, die er verfolgte, nie existiert.«
Stirnrunzelnd versuchte Wellington, den Anhänger möglichst unauffällig in Augenschein zu nehmen. Auf der einen Seite erkannte er eine Sichelform, vielleicht einen Halbmond. Und da Braun den Erinnerungen an Agent Thorne nachzuhängen schien, achtete sie nicht auf Wellington und drehte das Schmuckstück spielerisch in der geöffneten Hand, sodass er auf der Kehrseite einen Katzenkopf ausmachen konnte.
Schließlich durchbrach Braun die drückende Stille und fuhr leise fort. »Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass sein Verhalten an Besessenheit grenzte, aber Harry hatte nichts anderes mehr im Kopf als diesen Fall. Es war sein persönlicher Moby Dick, davon wollte er auf keinen Fall ablassen. Nachdem er sich vierundzwanzig Stunden nicht gemeldet hatte, wollten wir ihn mithilfe seines Ringes aufspüren, aber den hatte er in seiner Wohnung liegen lassen. Das deutete darauf hin, dass er unbedingt im Verborgenen agieren wollte, denn immerhin hatte er damit auf den Schutz des Ministeriums verzichtet. Ich habe Dr. Sound überzeugen können, dass Harry … also, Agent Thorne, seine Momente des Alleinseins genoss und es vielleicht genau das war, was er zu der Zeit brauchte. Heute wünschte ich, ich wäre nicht so überzeugend gewesen.
Nach einer Woche begannen alle in der Stadt verfügbaren Agenten nach ihm zu fahnden.« Angewidert verzog sie das Gesicht. »Campbell hat ihn schließlich in einer Seitengasse im West End gefunden – komplett verrückt geworden.
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