Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
diese Sammlung auszudenken. Doch letzten Endes bleibe ich immer wieder bei ›Fälle des Unbekannten‹.« Er näherte sich einem Papierstapel, der vom Boden bis zu seiner Hüfte hinaufreichte. »Oder vielleicht ›Akten des Unerklärten‹.«
»Akten des Unerklärten, vom Ministerium für Eigenartige Vorkommnisse.« Braun schürzte die Lippen und schüttelte dann den Kopf. »Das geht einem nicht gerade leicht von der Zunge, Books.«
»Nein, in der Tat. Vielleicht ja ›aussichtslose Fälle‹, aber das klingt ebenso wenig hoffnungsvoll wie ›vergessene Fälle‹.«
Braun griff in die Kiste vor Wellington, zog eine Akte heraus und fing an, darin herumzublättern. »Also, was genau ist jetzt unsere Aufgabe hier?«
Hastig nahm er ihr die Fallakte aus den unerfahrenen Händen und legte sie in die Kiste zurück. »Zunächst beginnen wir mit dem Jahr.«
Einen Moment lang war Braun wie erstarrt. Dann glättete sich ihre gefurchte Stirn, als es ihr langsam dämmerte. »Oh, Welly, das darf doch nicht wahr sein … «
»Wir sortieren sie. Zuerst nach Jahrzehnten, anschließend nach Jahren, dann nach dem Datum und zu guter Letzt in alphabetischer Reihenfolge des Nachnamens der ermittelnden Beamten.«
»Sie meinen, wir haben hier all diese unabgeschlossenen Fälle«, sagte Braun und zog die Akte, in der sie geblättert hatte, wieder aus der Kiste, »und wir tun damit nichts weiter, als sie zu sortieren?«
»Und diese Sortierung ginge ein wenig schneller voran, wenn Sie es vermeiden könnten, wahllos in den Kisten herumzuwühlen«, witzelte Wellington und nahm Braun die Akte erneut ab.
»Sie wollen mir also erzählen, ein Biblio … « Wellington zog eine Augenbraue hoch. »… ein Archivar sei kein bisschen neugierig, warum diese Fälle hier unten gelandet sind?« Braun sah sich um und schnaubte. »Und überhaupt, warum sind die eigentlich hier unten und nicht oben in der Auftragsabteilung?«
»Weil die Auftragsabteilung für akute Fälle bestimmt ist. Diese Fälle sind in eine Sackgasse geraten. Und da helles Sonnenlicht für Akten nicht gut ist und ich zufällig diesen Nebenraum gefunden hatte, empfahl ich Dr. Sound, ihn aufgrund der Trockenheit und des perfekten Lichtschutzes als Lager für ungelöste Fälle zu nutzen.«
»Also kennt Dr. Sound das Ausmaß der Fälle, die nicht abgeschlossen werden, und er belässt es einfach dabei?«
Wellington schob Braun die Kiste hin und deutete auf das einzige Bücherregal, das fast voll war. »Die kommt auf das Regal, das mit 1891 markiert ist, unter ›T‹, wenn Sie so freundlich sein wollen.«
Sie schnappte sich die Holzkiste und knallte sie auf die angewiesene Stelle. Wellington sprach sich selbst ein stummes Lob aus und hievte die nächste Kiste auf den massiven Tisch.
»So viele Fälle«, murmelte Eliza. »Ich frage mich, ob die Jungs davon wissen … «
»Und wenn sie es wüssten, Miss Braun, inwiefern würde das dem Ministerium nützen?«, erwiderte Wellington scharf – diesmal schlug er bei der ehemaligen Außendienstagentin eine andere Taktik ein. Wie Dr. Sound erklärt hatte, war diese Stellung für Braun auf unbestimmte Zeit festgelegt, also war es vermutlich angebracht, dass sie zu ›den Jungs‹ Distanz einnahm. »Das Ministerium ist eine kleine, geheime Organisation, der auf Abruf nur begrenzte Mittel zur Verfügung stehen. Ungeachtet all der hervorragenden Talente, Fertigkeiten oder Ressourcen, die wir zum Einsatz bringen, werden einige Fälle schlichtweg ungelöst bleiben. Das ist eine Tatsache, und zwar eine Tatsache, mit der wir uns abfinden müssen. Nichtsdestotrotz müssen wir im Archiv dafür sorgen, dass die bereits ermittelten Fakten und Beweise erhalten bleiben, bis zu einer Zeit, da das Ministerium ihnen wieder seine volle Aufmerksamkeit widmen kann.«
Braun öffnete eine der Fallakten aus der neuen Kiste und suchte nach einer Jahreszahl. Unvermittelt schlug sie die Akte wieder zu. »Welly, um hier im Ministerium zu arbeiten, selbst hier unten im Archiv, mussten Sie doch die Ausbildung eines Geheimagenten durchlaufen, oder nicht?«
Das flaue Gefühl, das er im Magen verspürt hatte, als Braun die verbotene Tür am Ende des Ganges musterte, kam zurück. »Ja … wieso?«
»Demnach verfügen Sie also über die nötigen Grundkenntnisse. Und wenn ich mich um die Einzelheiten kümmere, sind wir uneingeschränkt leistungsfähig.«
Das konnte doch unmöglich ihr Ernst sein. »Uneingeschränkt leistungsfähig wozu … ?«
»Oh, ich bitte Sie,
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