Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
andererseits gefiel es ihr auch, sich schick anzuziehen – was sie mit dem Archivar offensichtlich gemein hatte. In diesem sehr eleganten Abendanzug machte Wellington Books einen völlig anderen Eindruck auf sie. Genau genommen sah er darin unglaublich schneidig aus. »Das wird wohl genügen«, war ihre abschließende Einschätzung.
»Nun, vielen Dank.« Und diese Worte waren für lange Zeit die letzten, die sie miteinander wechselten. Den Großteil der Fahrt zur Drury Lane verbrachten sie schweigend. Eliza musterte den merkwürdigen Koffer, auf dem Books sachte mit den Fingerspitzen trommelte. Dabei starrte er stur aus dem Fenster und ignorierte geflissentlich ihre Neugier. Je näher sie dem Opernhaus kamen, desto selbstgefälliger wurde das Lächeln auf seinen Lippen.
Es schien, als hätte Verdis Macbeth an diesem Abend nahezu alle Angehörigen der Londoner Oberschicht in die Oper gelockt. Wie es sich gehörte, stieg Wellington zuerst aus der Kutsche und reichte Eliza die Hand – was ihr sehr gelegen kam, denn sie hatte seit einer ganzen Weile nicht mehr so viel Stoff getragen. Sie setzte eine Miene freudiger Erwartung auf, aber innerlich graute ihr vor dem, was der heutige Abend für sie bereithielt. Bei den Göttern, wie sehr sie die Oper doch verabscheute . Aber darauf kam es jetzt nicht an, denn die Kugel rollte bereits, und die Fassade musste gewahrt werden.
Sie lächelte Wellington dankbar an und meinte es ehrlich. Allerdings geriet sie für einen Moment aus der Fassung, als er den Koffer aus der Kutsche zog und sich auf die Schulter stemmte. Falls sie gehofft hatte, der Archivar würde ihn zurücklassen, so wurde sie enttäuscht. Dieses Monstrum würde nur unnötig Aufmerksamkeit erregen. Außerdem war es sichtlich schwer – aber sie würde den Teufel tun, ihn nach den Gründen zu fragen.
Trotz dieser Unannehmlichkeit gelang es Wellington, ihr aufrichtiges Lächeln zurückzugewinnen, indem er ihr den Arm bot. Seine Entschlossenheit, den Schein zu wahren, war von einer charmanten Ritterlichkeit.
Im Strom der adrett gekleideten Besucher stiegen sie die Treppe zum Eingang empor. Zwar rempelte Books den einen oder anderen mit seinem lächerlichen Gepäckstück an, aber er war, wie auch alle anderen, so immens höflich, dass sie, ohne aufgehalten zu werden, hineingelangten.
Sobald sie das warme Foyer erreicht hatten, ließ Eliza ihren Umhang von den Schultern gleiten und legte ihn sich über den Arm. An ihrem anderen baumelten ein lächerlich kleines Handtäschchen und ein eleganter Fächer. Sie hörte, wie Wellington neben ihr nach Luft schnappte – genau die Reaktion, die sie sich erhofft hatte. Zugegeben, sie wäre beinahe der Versuchung erlegen, Rot zu tragen, doch so sehr sie diese Farbe liebte, sie hätte damit nur die falsche Art Aufmerksamkeit erregt. Ihr dunkelgrünes Kleid fiel zwar auch auf, aber eben auf die Art, die sie für den Abend bevorzugte. Die modischen Puffärmel waren tief angesetzt, sodass ihre Schultern äußerst stilvoll zur Geltung kamen, und während das Kleid ihre weiblichen Rundungen sehr anmutig hervorhob, entblößte es gerade genug Dekolleté, um ihre Juwelen gebührend zur Schau zu stellen. Wellington war nicht der Einzige, der sein Augenmerk auf sie richtete – sie konnte viele bewundernde Blicke spüren. Eliza mochte in ihren Kompetenzen innerhalb des Ministeriums beschnitten sein, aber diese Form von Macht war ihr zumindest geblieben.
Sie drehte sich zu dem Archivar um und sah ihn unschuldig an. »Stimmt etwas nicht, liebster Wellington?«
»Es ist …« Er räusperte sich. »Es ist alles in bester Ordnung, Miss Braun.«
Sie hob ihren Fächer und deutete damit auf ihn, während sie flüsterte: »Ich denke, angesichts unserer geheimen Ermittlung sollten Sie mich in dieser speziellen Situation ›Liebling‹, ›Schatz‹ oder wenigstens ›Eliza‹ nennen.«
»Und ich denke, Letzteres kann ich bewerkstelligen.« Seine Züge verhärteten sich, doch auf seinen Wangen blieb ein rötlicher Schimmer. Dann gelang ihm tatsächlich der Zusatz: »Liebste Eliza.«
»Sehr schön.« Sie schmiegte sich an seine Seite und dirigierte ihn zur Garderobe.
Nachdem der junge Mann Elizas Umhang entgegengenommen hatte, betrachtete er mit einiger Verwirrung Wellingtons Koffer. Er bemühte sich, überaus höflich zu sein und nicht direkt danach zu fragen. Doch letztendlich blieb ihm nichts anderes übrig. »Sir, beabsichtigen Sie, Ihr Gepäckstück mit ins Theater zu nehmen?«
Der
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