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Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Titel: Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tee Morris , Pip Ballantine
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sollen.
    Sachte zog er an den Spitzen seines Kragens. Er hatte es fast geschafft. Seine Nerven lagen ohnehin schon blank. Die in ihm aufsteigenden Erinnerungen an seinen Vater konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen. Schließlich waren sie nichts weiter als Erinnerungen. Schlechte Erinnerungen. Mehr nicht.
    »Das liegt alles an dieser Kolonistin. Du hast dich von ihr um den Finger wickeln lassen.« Die Stimme seines Vaters war so klar und deutlich, dass es der Archivar einen Moment lang nicht wagte, sich umzudrehen – nur für den Fall, dass er womöglich direkt hinter ihm stand, so absurd diese Vorstellung auch war. Wellington schluckte, als er den Knoten in der Mitte stramm zog. »Sie wird dich mit in den Schmutz ziehen.«
    Als er die Hände sinken ließ, stieß Wellington endlich den Atem aus, den er unbewusst angehalten hatte. Die Krawatte saß perfekt. Makellos. Er lupfte sanft das Revers seines schwarzen Jacketts und warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Wellington lächelte zufrieden, griff aber dennoch zur Kleiderbürste und strich sich vorsichtshalber noch einige Male über die Arme. Es war einfach viel zu lange her, dass er sich eine Opernaufführung gegönnt hatte.
    Er betastete den Finger, an dem normalerweise sein Ministeriumsring steckte, den er auf Anraten von Agentin Braun jedoch abgenommen hatte. Wenngleich das Ortungssystem grundsätzlich Notfällen vorbehalten war, mochte Dr. Sound sie beide durchaus als Bedrohung für die allgemeine Sicherheit des Ministeriums erachten und sie darum überwachen wollen.
    Das hat sich Thorne bestimmt auch gedacht, überlegte er, und ein leichtes Zittern befiel seine Hände.
    Er belohnte sich mit einem Kompliment: Wellington, alter Knabe, du siehst heute ausgesprochen schneidig aus. Nun gut, bei diesem Ereignis ging es nicht um einen feinen Abend voller Eleganz und Kultur. Im Gegenteil, er durfte sich keinesfalls dem Genuss von Musik, Gesang und Tragödie überlassen.
    Doch vielleicht lag die eigentliche Tragödie darin, dass Wellington endlich eine Verabredung mit einer schönen Frau hatte, es dabei aber lediglich um Angelegenheiten des Ministeriums ging. Noch dazu um Angelegenheiten, die er vor dem Ministerium geheim halten musste.
    Wellington war davon überzeugt, dass William Shakespeare jetzt irgendwo im Himmel lächelte.
    »Also schön«, sagte er und setzte sich den Zylinder auf. Im Grunde schätzte er dieses Accessoire nicht sonderlich, aber es musste sein: Der Hut gab seiner Tarnung den letzten Schliff. »Wer A sagt …«
    Von draußen drang leises Klappern an sein Ohr. Die Bewohner dieses geräumigen Hauses kehrten anscheinend heim.
    Er schlüpfte in seinen langen Mantel, griff nach dem Gehstock und hievte schließlich den sperrigen Koffer hoch. Noch kam er ihm nicht allzu schwer vor, doch das würde sich schon bald ändern. Vermutlich während des Fußmarsches zum verabredeten Treffpunkt, an dem die bestellte Kutsche auf ihn warten sollte.
    Eliza hatte vorgeschlagen, sich nicht bei Wellington zu treffen. »Reine Vorsichtsmaßnahme«, hatte sie ihm versichert, »nur falls uns Dr. Sound tatsächlich im Auge behält.« Außerdem hatte sie ihm empfohlen, sich ein fremdes Wohnhaus zu suchen, in dessen Treppenhaus er seine Abendgarderobe anlegen konnte, vorzugsweise mit einem Hinterausgang – wiederum für den Fall, dass er vom Ministerium beschattet wurde.
    Die Mieter hielten sich eine Weile im Foyer auf und gingen dann weiter in den Salon. Er lächelte, während er sich still und leise auf die Hintertür der Wohnung zubewegte. Nachdem er hinausgeschlüpft war, durchquerte er den von Mauern umgebenen Garten, öffnete das Tor und trat in die Nacht hinaus. Das Glück war – zumindest in dieser Nacht – mit dem Tapferen.
    »Hätten Sie wohl eine Münze übrig, Sir?«, kam eine Stimme aus einer dunklen Nische.
    Wellington schulterte seinen Koffer und marschierte schnurstracks an der Stimme vorbei.
    »Warum so unerbittlich, Mr. Books?«, fragte der Bettler.
    Der Archivar blieb erschrocken stehen und drehte sich um.
    Zwei Schatten waren zum Leben erwacht und versperrten ihm den Rückweg. Er blickte noch einmal in die Richtung, die er ursprünglich eingeschlagen hatte, und dort erschien nun ein dritter Mann, der ihn ebenfalls nicht vorbeilassen würde.
    »Meine Herren«, sagte Wellington, dann stellte er langsam den Koffer ab und legte seinen Hut darauf, »ich habe heute Abend eine Verabredung, und die Dame, mit der ich mich treffe, wird nicht

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